Seit Mai 2018 wird das Restaurant in der Wilhelma von Marché betrieben. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Ein Familienvater bemerkt Rotwein im Kids-Menü und beschwert sich. Ab sofort wird die Soße zu den Spätzle im Restaurant der Wilhelma selbst gemacht. Doch wie viel Restalkohol verbleibt nach dem Kochen im Essen?

Stuttgart - Eine gute Soße kann mit Wein noch besser werden. Aber ist der nach dem Kochen übrig gebliebene Alkoholanteil gesundheitlich bedenklich? Zumindest sollte klar kommuniziert werden, wie gearbeitet wurde, besonders wenn es sich um ein Kindergericht handelt. Dieser Auffassung ist auch ein Leser unserer Zeitung, der am Sonntag mit seiner Familie das Restaurant in der Wilhelma besucht und für seine Kinder im Alter von anderthalb und drei Jahren das „Kids-Menü“ bestellt hat. Sowohl am Geruch als auch beim Probieren will er Alkohol in der Soße bemerkt haben. Bei seiner Beschwerde sei ihm bestätigt worden, dass mit Rotwein gekocht wurde, der aber verdampft sei.

Die Bratensoße kam von einer Metzgerei

Auf Nachfrage unserer Zeitung verweist die Restaurantleiterin Sabrina Hubert gleich an die Pressestelle von Marché International in der Schweiz. Die Mövenpick-Tochter betreibt das Restaurant seit Mai dieses Jahres. Die Unternehmenssprecherin Nicole Maissen sagt, dass in der von einer Metzgerei gelieferten Soße kein Alkohol mehr enthalten sei. Dies könne durch Laboruntersuchungen eines Instituts belegt werden. Dennoch habe man gleich reagiert, wie die Leiterin des Wilhelma-Restaurants bestätigt: Ab sofort mache man die Soße selbst, ganz klassisch mit angerösteten Knochen, Zwiebeln, Tomatenmark und Suppengemüse – nur eben ohne Rotwein. „Das Wohl der Kinder liegt uns sehr am Herzen“, so Hubert.

Unser Leser ist zufrieden, dass seiner Beschwerde schnell nachgekommen wurde. „Ich finde schon, dass die Kunden selbst entscheiden sollen, was für sie in Ordnung ist.“ Als er im Kaufhof ebenfalls Spätzle mit Soß für seine Kinder bestellte, habe er gefragt, ob Wein drin sei. „Das dürfen wir gar nicht“, sei die Antwort gewesen.

Ein Viertel des Volumens muss verdampfen

Aber wie verhält sich das generell mit dem Restalkohol in Soßen? Ralf Kölling-Paternoga, Leiter des Instituts für Hefegenetik und Gärungstechnologie an der Uni Hohenheim, sagt, wie viel Alkohol am Ende übrig bleibt, hänge von verschiedenen Faktoren ab: von der Hitze, der Zusammensetzung der Flüssigkeit und dem Gesamtvolumen.

Der Professor sagt: „Wenn ein gutes Viertel des Volumens verdampft ist, sollte sich der Alkohol verflüchtigt haben.“ Wichtig dafür sei das Köcheln ohne Deckel, damit der Dampf entweichen kann. Kölling-Paternoga verweist auf eine Versuchsreihe von Kollegen in Idaho. Demnach bleiben bei einem zweieinhalbstündigen Schmorgericht nur noch vier Prozent des ursprünglichen Alkohols übrig, dessen Siedepunkt bei etwa 80 Grad deutlich unterhalb dem von Wasser liegt. Und weil eine Soße umso besser wird, je länger sie kocht – in Spitzenrestaurants kann eine Essenz auch mal zwei, drei Tage reduziert werden –, ist davon auszugehen, dass häufig kein Alkohol mehr enthalten ist.

Dennoch: Wer ganz sicher gehen will, sollte sich erkundigen. Sebastian Werning, Inhaber des Restaurants Boteca di Vino in Botnang und Vater von drei Kindern im Alter von neun, elf und dreizehn Jahren, sieht „bei einem marginalen Alkoholrest keine Gefahr für Leib und Seele“. Der Spitzenkoch plädiert für einen entspannten Umgang. „Ich würde jetzt nicht ein Champagnersorbet anbieten, aber eine Weißweinschaumsoße zum Fisch wird bei uns auch gern von Kindern gegessen.“ Natürlich kommuniziere er dies und berücksichtige die Problematik – erst recht bei ehemals Alkoholabhängigen.