Alois Bogenschütz hat unter anderem als ältester Deutscher 2009 den Mount Everest erklommen. Foto: Peter Petsch

Ein Mann, drei höchst imposante Fähigkeiten. Als Ingenieur war er verantwortlich etwa für die Statik der Mercedes-Welt in Berlin. Als ältester Deutscher hat er 2009 den Mount Everest erklommen. Und mittlerweile ist Alois Bogenschütz (69) aus Weilimdorf auch noch Hobby-Wengerter.

Ein Mann, drei höchst imposante Fähigkeiten. Als Ingenieur war er verantwortlich etwa für die Statik der Mercedes-Welt in Berlin. Als ältester Deutscher hat er 2009 den Mount Everest erklommen. Und mittlerweile ist Alois Bogenschütz (69) aus Weilimdorf auch noch Hobby-Wengerter.
 
Stuttgart - Herr Bogenschütz - mit 69 kann man schon mal in Ruhestand gehen. Der Begriff rüstiger Rentner hat bei Ihnen allerdings eine gänzlich andere Bedeutung - Sie wirken topfit.
Vielen Dank fürs Kompliment, aber das muss man aber auch sein, wenn man im Hochgebirge unterwegs ist. Allein das Training für eine Expedition ist unheimlich zeitaufwendig. Natürlich benötigt man eine Grundfitness. Ich habe immer schon Sport getrieben, normalerweise drei- bis viermal pro Woche. Ist jedoch eine Expedition geplant, wird das Training auf fünf- bis sechsmal gesteigert – Joggen, Rennrad fahren und zusätzlich etwas Krafttraining.
In der Muckibude?
Aber nein, ich habe auch keine Geräte daheim. Das mache ich ganz altmodisch wie früher, ohne Geräte; Klimmzüge oder Liegestütze sind doch genauso effektiv. Aber es ist insgesamt schon eine enorme Anstrengung, wenn man bis abends m Büro sitzen und anschließend noch trainieren muss. Im Gegensatz zu den Profis, die ja tagsüber trainieren können, jogge ich im Winter bei Dunkelheit durch den Wald.
Eigentlich haben Sie mit den extremen Bergen ja recht spät angefangen.
Ja, das stimmt. Erst in späteren Jahren war es mir möglich, für längere Zeit vom Büro abwesen zu sein. Davor habe ich aber schon tageweise viele Touren mit einem befreundeten Bergführer in den Alpen und größere Skitouren in den Westalpen gemacht. So entstand die Idee, zusammen mit ihm auf Skiern die Besteigung des Mount McKinley in Alaska zu versuchen. Los ging’s 1996, da war ich bereits 51 Jahre alt.
Seit 1996 folgte also ein Gipfel dem nächsten?
Es gibt natürlich Pausen, so alle zwei Jahre mache ich mich wieder auf. Sie müssen bedenken, dass eine Expedition sechs Wochen dauert, zum Everest sogar noch länger. Trotz dieses hohen zeitlichen Aufwands kamen bis jetzt circa ein Dutzend Expeditionen zusammen, davon sechs im Himalaya mit vier 8000er Gipfelerfolgen.
2009 gab’s die Expedition auf den Mount Everest. Als ältester Deutscher bisher waren Sie am Gipfel auf 8848 Meter Höhe. 30 Minuten auf dem höchsten Punkt der Welt – mit unfassbaren Glücksgefühlen?
Ehrlich gesagt – überhaupt nicht. Sicher, man lässt den Blick über die Berge schweifen. Aber sofort muss man an die Konzentration für den Abstieg denken, dass man möglichst schnell aus der sogenannten Todeszone, die so bei 7500 Metern liegt, wieder rauskommt. Die Glücksgefühle kommen erst später, wenn man wieder unten ist, und natürlich in der Erinnerung. Wenn ich oben bin, denke ich immer: Bisch du verrückt, des machsch nie wieder. Aber nach zwei Monaten bitzelt es wieder, und die nächste Aufgabe lockt, das ist wie eine Sucht.
Vom Mount Everest zum Lemberg: Hoch hinaus geht es auch direkt vor ihrer Haustür. Aber natürlich nicht auf 8000 Meter.
Richtig, das sind nur 384 über dem Meeresspiegel. Das gehört zur Lage Feuerbacher Berg, dort habe ich mittlerweile vier Weinberge mit 27 Ar Fläche, denn seit 2006 bin ich Hobby-Wengerter.
Also noch so eine späte Leidenschaft. Und wieder geht’s steil bergauf.
Tatsächlich, es handelt sich um Steillagen. Das ist sicher richtig Knochenarbeit. Aber ich bin die Höhenluft ja gewohnt und dafür bestens trainiert, es macht mir unheimlich Spaß. Es sind aber auch nur in einem Weinberg Trockenmauern, den Rest kann ich mit einem kleineren Schlepper bearbeiten. Das ist nahe bei mir zu Hause, da kann ich hinlaufen. Irgendwie ist es auch zurück zu meinen Wurzeln, denn ich bin eigentlich ein Bauernbub, meine Eltern hatten eine Landwirtschaft unterhalb der Hohenzollernburg, mit Kühen und Pferden.
Und nun sind Sie Wengerter – wie kommt’s?
Mich haben die Weinberge schon immer begeistert, wenn ich beim Joggen durchgelaufen bin. Irgendwann konnte ich den ersten erwerben, und ich hatte keine Ahnung, was da eigentlich auf mich zukommt. Natürlich habe ich mir Bücher angeschafft, aber das Praktische fehlte. So habe ich eines Tages den damaligen Sommelier der Wielandshöhe, Bernd Kreis, gefragt, ob er jemanden kennt, der mich in die Geheimnisse des Weinbaus einweihen könnte. So bin ich mit dem renommierten Weinbauern Sven Ellwanger aus dem Remstal zusammengekommen. Er hat mich im ersten Jahr komplett begleitet und beraten, und er baut auch meinen Wein aus. Er hat mir geraten, den Ertrag zu reduzieren. Ich schneide die Trauben also runter, so dass es maximal 50 bis 60 Kilogramm pro Ar gibt, mehr möchte ich gar nicht haben. Im zweiten Jahr 2007 hat eine Frau vom Weinberg nebenan gesehen, dass ich die Trauben runterschneide. Die war entsetzt: Des isch ja a Sünd – sie als Kinder hätten damals sogar noch die Trauben vom Boden aufgelesen, damit nichts verkommt.
Sie lieben die Natur?
Ja, sehr, aber nicht unbedingt direkt im Garten um unser Haus, sondern eher in den Bergen und im Weinberg. Da weiß ich, ich habe ein Ergebnis im Herbst, mit guter Qualität, das macht mir Freude. Ich gehe meist abends alleine raus und schaff, bis es dunkel wird. Das ist wie Meditieren. Und dort habe ich eine bestechende Aussicht, gucke zum Fernsehturm oder ins Remstal.
Die Nachfrage nach Bogenschütz-Weinen dürfte künftig noch steigen. . .
Wir sind jetzt allerdings an der Grenze angelangt, deshalb soll es auch nicht größer werden. Klar, auf Qualität lege ich großen Wert: Reiner Südhang, gute Lage, ich glaube, die Weine können sich sehen lassen. Ich bevorzuge die ökologische Wirtschaftsweise, das ist meine Grundphilosophie, ich bin auch Mitglied im Beratungsdienst ökologischer Weinbau in Freiburg. Das meiste wird von uns selbst verkostet und an Freunde und Geschäftspartner verschenkt. Ein bisschen muss natürlich auch verkauft werden, das macht die Weinhandlung Korkenzieher in Weilimdorf für uns.
Von welchen Weinen?
Ich habe einen Riesling, Trollinger rosé, Cabernet franc. Neu angelegt ist ein Spätburgunder, aber der ist noch nicht zu ernten. Derzeit hab ich überhaupt lediglich noch ein paar Kisten, wovon ich nur noch wenige abgebe. Wer also einen echten Alois Bogenschütz haben möchte, sollte sich sputen.