Am Ende wird es richtig teuer, das große Rentenpaket der schwarz-roten Koalition. Einige werden profitieren, viele gehen leer aus. Sie müssen mit bezahlen - über Beiträge oder über Steuern.

Am Ende wird es richtig teuer, das große Rentenpaket der schwarz-roten Koalition. Einige werden profitieren, viele gehen leer aus. Sie müssen mit bezahlen - über Beiträge oder über Steuern.

 

Berlin - Die Bundesregierung hat die massive Kritik an den Milliardenkosten ihres geplanten Rentenpakets zurückgewiesen. Betrachte man die Gesamtausgaben der Rentenversicherung von 253 Milliarden Euro im vergangenen Jahr, „dann ist der Anteil der Maßnahmen, über die wir in dieser Legislatur sprechen, gerade mal dreieinhalb Prozent“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Eine neue Studie sieht im Rentensystem Familien massiv benachteiligt und mahnt eine Reform an.

Nach dem Entwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) schlagen die Verbesserungen im Rentensystem bis 2030 jährlich mit neun bis elf Milliarden Euro zu Buche. Zuletzt flossen jedes Jahr über 80 Milliarden Euro aus dem Steuersäckel in die Rentenkasse. Zwischen 2019 und 2022 erhöhe sich dieser Zuschuss pro Jahr um 400 Millionen Euro, sagte eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums.

Die schwarz-roten Reformpläne, darunter eine verbesserte Mütterrente und eine abschlagfreie Rente für langjährig Versicherte, sind nach Seiberts Worten kein Geschenk, sondern für Menschen wie ältere Mütter gedacht, „die diese Verbesserungen verdient haben“. Für die Rentenfinanzen sei der Regierung wichtig, die gute Entwicklung der Erwerbstätigkeit zu sichern. Seibert: „Das ist der Schatz, den wir hüten müssen.“

Kritik kommt aus der Wirtschaft

Vor allem Vertreter der Wirtschaft kritisierten das Rentenpaket. Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer, nannte die Pläne in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ nicht nachhaltig und eine „Rolle rückwärts“. Der DGB beharrt auf einer Steuerfinanzierung der gut sechs Milliarden Euro teuren Mütterrente.

Nach einer neuen Studie der Bertelsmann-Stiftung wird ein heute 13-Jähriger im Laufe seines Lebens rund 77.000 Euro mehr in die Rentenversicherung einzahlen als später herausbekommen. Das Rentensystem müsse daher für Familien gerechter gestaltet werden, verlangen die Autoren.

Die Studie stellt fest, dass junge Leute von heute zwei Generationen zugleich bedienen müssen: Kinder und Eltern. Bei stark steigenden Beiträgen - für 2060 geht die Studie von 27,2 Prozent aus, derzeit sind es 18,9 Prozent - erwarte die Betroffenen im Ruhestand eine Rente auf „einem relativ niedrigen Niveau“.

Als Reformmodell schlägt die Stiftung eine Mischung aus gesetzlicher Basisrente und verpflichtender Privatvorsorge vor. Dabei sollen Familien besonders entlastet werden, etwa durch Freibeträge bei den Rentenbeiträgen.

Die Deutsche Rentenversicherung Bund kritisierte die Studie. Sie enthalte „unrealistische Gedankenspiele“ und sei kein Beitrag zur realen Weiterentwicklung der Rentenversicherung. „Die Vorschläge basieren auf theoretischen Modellsimulationen, die bis zum Jahr 2100 reichen. Sie berücksichtigen die heutigen realen Gegebenheiten nicht oder nur unzureichend und sind zudem weitgehend spekulativ.“

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums sagte, das Rentensystem habe zum Ziel, eine „angemessene Altersversorgung“ entsprechend der eingezahlten Beiträge zu sichern. Es sei nicht dazu da, die Geburtenrate zu stärken. Erziehungsleistungen würden mit den aktuellen Rentenplänen verbessert.

Die Vorsitzende des Bundestags-Sozialausschusses, Kerstin Griese (SPD), sagte: „Unser Rentensystem ist kein Sparvertrag, in den man einzahlt und später das Entsprechende wieder herausbekommt.“ Das deutsche Rentenmodell habe „im Gegensatz zu den Pensionsfonds anderer Länder bislang jede Finanzkrise unbeschadet überstanden.“

Der Deutsche Familienverband (DFV) sieht sich dagegen von der Studie bestätigt. Während jedes Kind der Rentenkasse 77.000 Euro an Überschuss bringe, würden die Eltern mit 8300 Euro Mütterrente „abgespeist“, kritisierte Bundesgeschäftsführer Siegfried Stresing. Der DFV sei sich mit der Stiftung einig, dass Familien in der Erziehungsphase finanziell entlastet werden müssen.