Parteiübergreifender Schulterschluss in der Rentenpolitik: Finanzminister Christian Lindner (links) und Arbeitsminister Hubertus Heil Foto: dpa/Michael Kappeler

Arbeitsminister Heil und Finanzminister Lindner stellen Maßnahmen zur dauerhaften Absicherung der Rente vor. Die Beiträge sollen von 2028 an steigen. Mit dem Generationenkapital wird die teilweise Kapitaldeckung der gesetzlichen Rente eingeführt. Ein Überblick über die Details.

Zur Stabilisierung der Renten in einer alternden Gesellschaft haben Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) das Rentenpaket II vorgestellt. „Damit stellen wir klar: Es wird keine Rentenkürzung und keine weitere Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters geben“, sagte Heil. „Damit das Rentensystem Zukunft hat“, so Lindner, „schaffen wir das Generationenkapital als dritte Säule der gesetzlichen Rentenversicherung neben den Beiträgen und dem Zuschuss aus dem Bundeshaushalt“. Dazu ein Überblick.

 

Wie wird das Rentenniveau stabilisiert? Das Rentenniveau drückt aus, wie sich die Renten im Verhältnis zu den Löhnen entwickeln. Sinkt es, werden die Rentner von der Lohnentwicklung entkoppelt. Dieser Wert soll dauerhaft bei 48 Prozent gehalten werden. Mit der geltenden Rentenanpassungsformel würde das Sicherungsniveau demografiebedingt nach 2025 sukzessive unter 45 Prozent sinken und ein niedrigeres Alterseinkommen bewirken. Eine Rente im Jahr 2040 von beispielsweise 1500 Euro fällt fast um 100 Euro, also gut sechs Prozent, höher aus, als wenn nichts getan würde. Mit einer „Niveauschutzklausel“ in der Rentenanpassungsformel soll die bestehende Haltelinie dauerhaft verlängert werden – sie wird bis einschließlich der Rentenanpassung zum 1. Juli 2039 gesetzlich verankert und wirkt damit bis Ende Juni 2040. In den Jahren, in denen diese Klausel greift, wird der aktuelle Rentenwert jeweils so festgelegt, dass das Rentenniveau 48 Prozent erreicht. Zudem soll die Bundesregierung im Jahr 2035 einen Bericht darüber vorlegen, was erforderlich ist, um das Rentenniveau von 48 Prozent für die Phase ab 2040 beizubehalten.

Was folgt daraus für den Beitragssatz? Seit dem Jahr 2018 liegen die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung stabil bei 18,6 Prozent – was mit dem robusten Arbeitsmarkt und einer wachsenden Zahl von Beitragszahlern zu tun hat. Nach den aktuellen Vorausberechnungen wird der Rentenbeitrag bis 2027 unverändert bleiben. Für die Zeit danach geht die Bundesregierung von einem Anstieg auf 20 Prozent und von 2035 an von 22,3 Prozent aus – dieser Satz solle dann bis 2045 stabil bleiben.

Wie wirkt das Generationenkapital? Beim Generationenkapital handelt es sich um einen schuldenfinanzierten Staatsfonds. Vor allem mit Darlehen aus dem Bundeshaushalt wird ein dauerhafter Kapitalstock aufgebaut. Es sollen aber keine Sozialbeiträge der Versicherten fließen, betont Heil mit Blick auf die Warnungen vor einer „Zockerei mit Beitragsgeldern“.

Errichtet wird eine unabhängige, öffentlich-rechtliche Stiftung, die von 2036 an durch Ausschüttungen von durchschnittlich zehn Milliarden Euro jährlich den Beitragssatz entlasten soll. Die Stiftung soll vorerst die Strukturen des Fonds zur Finanzierung der kerntechnischen Entsorgung (Kenfo) als etabliertem öffentlichen Vermögensverwalter voraussichtlich bis Ende 2026 nutzen. Der Kenfo verwaltet schon heute ein Stiftungsvermögen von rund 24 Milliarden Euro im Auftrag des Bundes. Die Stiftung soll das Geld langfristig und global gestreut am Kapitalmarkt anlegen. Ihr Vorstand entscheidet darüber im Rahmen einer Anlagerichtlinie des Bundes.

Woher kommt das Geld für den Fonds? Von 2024 an fließen zwölf Milliarden Euro in Form von Darlehen an das Generationenkapital; dieser Betrag wird in den Folgejahren jährlich um drei Prozent – also der prognostizierten Lohnentwicklung – erhöht. Zudem soll der Bund bis 2028 Eigenmittel im Umfang von 15 Milliarden Euro in das Stiftungsvermögen geben. „Wir planen Bundesbeteiligungen, die nicht im öffentlichen Interesse stehen, an das Generationenkapital zu übertragen“, sagt Lindner – es gebe da einen Fahrplan. Details nennt er nicht. Bis zum Jahr 2036 soll das Generationenkapital ein Gesamtvolumen von 200 Milliarden Euro erreicht haben, dann können erste Ausschüttungen erfolgen. Die Mittel aus dem Generationenkapital sind strikt an den Zweck gebunden, als Ausschüttung an die gesetzliche Rentenversicherung verwendet zu werden, und können nicht – von einer anderen Bundesregierung etwa – für allgemeine Haushaltsnöte zweckentfremdet werden.

Gegenrechnen muss man die Ausgaben des Bundes für Schuldzinsen. Nach Einschätzung von Lindner liegen die Renditen an den internationalen Kapitalmärkten aber „deutlich oberhalb dessen, was wir an Zins für unsere Staatsanleihen zahlen müssen“. Deutschland habe eine „Topbonität“ – „das machen wir uns zunutze“. Der Kenfo habe im Vorjahr eine Rendite von 11,1 Prozent erzielt. So werde das Generationenkapital 1.0 zu einer Senkung des Rentenversicherungsbeitrags von 0,3 Prozent führen. Mit einer Revisionsklausel wird 2029 überprüft, ob die Ziele des Fonds in den 30er Jahren erreicht werden können.

Wie läuft das Gesetzgebungsverfahren? Der Gesetzentwurf soll vor der Sommerpause in der Regierung abgestimmt und im Parlament beschlossen werden – um die Voraussetzungen für das Generationenkapital zu schaffen. Die Grünen haben jüngst ihre Bedenken aufgegeben, so dass Heil und Lindner nun mit einjähriger Verspätung das Rentenpaket präsentieren konnten. Zur gleichen Zeit wird mit Wirtschaft und Gewerkschaften darüber geredet, „welche weiteren Maßnahmen getroffen werden können, damit Menschen, die es wollen und können, länger im Erwerbsleben bleiben“. Statt starrer Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters werde es um flexible Übergänge gehen.