Wenn die Rente nicht reicht: Altersarmut könnte künftig zum Problem werden. Foto: dpa

Sozialverbände, Gewerkschaften sowie kirchliche und zivilgesellschaftliche Organisationen im Land machen sich für eine höheres Rentenniveau von 50 Prozent stark.

Stuttgart - Zum einem breiten gesellschaftlichen Bündnis gegen Altersarmut haben sich 31 Organisationen, Verbände und Gewerkschaften aus Baden-Württemberg zusammengefunden. Bei der Konstituierung am Montag im Haus der Katholischen Kirche in Stuttgart unterzeichneten die Teilnehmer ein Papier mit umfangreichen rentenpolitischen Forderungen. Ab dem Jahr 2030 drohe jedem dritten Bürger die Grundsicherung im Alter und damit der Gang zum Sozialamt, trotz eines ganzen Arbeitslebens in Vollzeitbeschäftigung, warnte Martin Gross, Landeschef der Gewerkschaft Verdi. Das gelte es durch einen Politikwechsel „noch vor der Bundestagswahl“ zu verhindern. „Wir kämpfen dafür, dass die Rente zu einem Leben in Würde reicht“, sagte Gross.

Die gesetzliche Altersversorgung müsse „wieder die Wahrung des Lebensstandards ermöglichen“, heißt es im Bündnispapier. Dafür sei „ein Rentenniveau von wenigstens 50 Prozent erforderlich“. Derzeit liegt das Rentenniveau bei rund 48 Prozent, laut Prognose der Rentenversicherung soll es bis 2021 stabil bleiben. Die zuständige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) will gesetzlich festschreiben, dass das Rentenniveau bis 2045 nicht unter 46 Prozent fällt. Bisher beträgt die untere gesetzliche Haltelinie 43 Prozent. In der schwarz-roten Regierungskoalition sind die Haltelinien höchst strittig. CDU und CSU sehen derzeit keinen Handlungsbedarf für Korrekturen, die nach 2030 wirksam werden. Das wird die SPD zum Thema im kommenden Bundestagswahlkampf machen.

Das baden-württembergische Bündnis gegen Altersarmut will das höhere Rentenniveau durch zusätzliche Steuermittel sowie durch steigende Rentenbeiträge finanzieren. Das erklärten Verdi-Chef Gross und DGB-Landeschef Martin Kunzmann. Letzteres ginge zu Lasten vor allem der jüngeren Beitragszahler. Gross und Kunzmann sagten, ein Beitragssatz von 25 Prozent sei durchaus vertretbar. Diesen Wert nennt auch Nahles in ihrer langfristigen Prognose als maximalen Beitragssatz. Aktuell liegt der Rentenbeitragssatz bei 18,7 Prozent.

Mehr als 50 Veranstaltungen geplant

Roland Sing, Chef des Sozialverbands VDK, trat am Montag dem Eindruck entgegen, das Bündnis gegen Altersarmut richte sich gegen die jüngeren Generationen. Rentner und rentennahe Jahrgänge könnten von einem künftig wieder höheren Rentenniveau nicht mehr profitieren. Es gehe vielmehr darum, die Altersversorgung für die Kinder und Enkel der heutigen Rentnergeneration wieder armutsfest zu machen, sagte Sing.

Oberkirchenrat Dieter Kaufmann, Chef des Diakonischen Werks Württemberg, sprach die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich an. Altersarmut zeige sich oft als Teilhabearmut, wenn die Rente nicht dafür reiche, soziale Kontakte pflegen zu können. Mit Blick auf die Beitragsentwicklung mahnte er zudem eine Debatte darüber an, wer wieviel zur Stabilisierung des Rentensystems beitrage. Indirekt sprach er damit eine Staffelung der Rentenbeiträge etwa nach Kinderzahl an.

Die 31 Bündnispartner wollen ab sofort öffentlichkeitswirksame Aktionen starten. Bis zu den Sommerferien sind mehr als 50 Veranstaltungen geplant.