Dachdecker gelten als Totschlag-Argument gegen ein höheres Renteneintrittsalter. Foto: IMAGO/Jochen Tack/IMAGO/Jochen Tack

Die Rente mit 63 gehört abgeschafft, sagt CDU-Politiker Jens Spahn. Angesichts von Fachkräftemangel und einem überforderten Rentensystem ein richtiger Vorschlag, kommentiert Tobias Heimbach.

Wer sich in Deutschland zum Thema Rente äußert, macht sich selten Freunde. Diese Erfahrung macht dieser Tage Unionsfraktionsvize Jens Spahn (CDU). Er schlug in der „BamS“ vor, die Rente mit 63 Jahren sofort abzuschaffen. Von ihr profitiert, wer 45 Beitragsjahre vorzuweisen hat. Diese Regelung befeuere den Fachkräftemangel, sagt Spahn, denn so verlassen Menschen früher den Arbeitsmarkt als vorgesehen.

Seine Idee provoziert altbekannte Reflexe: „Eine Respektlosigkeit gegenüber Lebensleistungen hart arbeitender Menschen“, twittert Linken-Chefin Janine Wissler. Und auch die Figur, ohne die keine Rentendebatte auskommt, hat ihren unvermeidlichen Auftritt: der Dachdecker, für den sich diesmal die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) in die Bresche wirft.

Dabei liefert Jens Spahn eine nüchterne Beschreibung der Lage. Ja, es gibt einen Fachkräftemangel, auch weil die Rente mit 63 viel beliebter war als prognostiziert. Außerdem ist längst bekannt, dass das deutsche Rentensystem auf eine finanzielle Katastrophe zusteuert. Hauptgrund dafür ist die demografische Entwicklung, aber auch teure Geschenke wie die Rente mit 63 sind schuld daran.

Sicher eignen sich Bürojobs eher dafür, länger zu arbeiten. Doch so wie die schwangere Dachdeckerin mit 25 Jahren nicht über Dachbalken balancieren muss, so verlangt das auch niemand von einem 65-Jährigen, wenn er dazu nicht mehr in der Lage ist. Für jeden Mitarbeiter muss eine passende Aufgabe gefunden werden. Dafür braucht es in Zukunft wahrscheinlich mehr Weiterbildungen. Notfalls greift das Sozialsystem, etwa durch eine gesteigerte Erwerbsminderungsrente, wie Spahn vorschlägt.

Die Herausforderungen von Rentensystem und Fachkräftemangel zu lösen wird Einschnitte verlangen. Alle Annehmlichkeiten der Vergangenheit zu bewahren, ist nicht nachhaltig. Erst recht nicht bei Sonderregeln wie der Rente mit 63.