Im roten Reich der Mitte: Vorne ein Mercedes CLS, hinten Kolonialbauten in Shanghai. Klicken Sie sich durch weitere spektakuläre Bilder von René Staud. Foto: René Staud

Der Fotodesigner René Staud aus Leonberg setzt rund um den Globus Autos ins beste Licht.

Leonberg - René Staud ist ein Global Player. Der Leonberger Fotodesigner verbringt etwa 260 Tage pro Jahr im Ausland, immer dort, wo Natur und Architektur besonders spektakulär sind. Der bald 60-Jährige lässt Autos aus Stuttgart oder auch aus Südkorea gut aussehen.

 

Paris, Prag, Peking: Seit René Staud vor zehn Jahren den Schritt von der reinen Studio-Fotografie ins Freie vollzogen hat, sehen ihn seine Frau und seine beiden erwachsenen Söhne noch seltener. Seitdem ist Staud manchmal wochenlang unterwegs, inszeniert den Maybach an Standorten rund um den Globus von St. Tropez bis Las Vegas, wartet am schweizerischen Murtensee fünf Tage darauf, dass sich der Wellengang beruhigt, um einen Aston Martin in Szene zu setzen, inspiziert das karge Lanzarote nach dem richtigen Hintergrund für einen Mercedes SLS.

Der Unternehmer fordert von seinen 30 Beschäftigten viel Flexibilität: "Jeder muss immer eine Tasche mit einer Zahnbürste und ein paar T-Shirts dabei haben, damit er jederzeit zum Flughafen kann", sagt René Staud. Wenn ein Autobauer kurz vor der Veröffentlichung einen anderen Hintergrund für sein Werbebild will, und dieser Hintergrund nur in Kanada zu fotografieren ist, "dann geht es eben los", sagt der gebürtige Stuttgarter. Nur so kann er in der weltweiten Konkurrenz erste Geige spielen.

Der Zufall blieb ihm treu

James Bonds Lieblingsfahrzeug Aston Martin beleuchtete Staud auf Island. Weil der Gletscher Jökulsarlon (Schauplatz des Bond-Films "Stirb an einem anderen Tag") allzu flach auslief und an Stauds bevorzugter Stelle im Wasser kein einziger Eisberg lag, mietete der Macher kurzerhand alle acht Sightseeing-Kutter an, um kleine Eisberge ins Bild zu schieben. Ob eine Straße in Peking gesperrt werden muss, oder die Villa D'Este am Comer See gebucht ist: Immer ist die Zeit knapp, schließlich ist Zeit Geld. Die Kunden von Daimler bis Daewoo können sich ihre Dienstleister rund um den Globus aussuchen. Etwa 40 Marken hat Staud, dessen Bilder auch in Kunstgalerien gelandet sind, bisher fotografiert.

Der Weg dahin war weit. Staud wuchs am Wilhelmsplatz auf, am letzten Schultag stolperte der frischgebackene Realschulabsolvent und Hobbyfotograf in ein Fotogeschäft in der Eberhardstraße, in dem er seine Farbfilme immer entwickeln ließ: "Ihr Porträtfotograf war an dem Tag nicht zur Arbeit gekommen", erinnert sich der Sohn eines Holzbildhauers, "da fragten sie kurzerhand mich, ob ich einspringen kann." Staud blieb Jahre, durchlief eine Ausbildung zum Fotograf.

Der Zufall blieb ihm treu. Als er Anfang der 70er Jahre einem reichen Geschäftsmann die beste Kamera des Geschäfts erklären sollte, nahm der ihn einfach mit im Privatjet zu einem Termin in Spanien: "Der hat mich als Hausfotograf angestellt." Den Geschäftswagen, ein Opel Diplomat, musste der 22-Jährige allerdings bald wieder abgeben - die Bundeswehr forderte ihr Recht.

Das Auto als Schmuckstück

Staud blieb dran, machte sich selbstständig, erst in immer größeren Wohnungen im Westen, später in einem Möbel-Fotostudio in Wendlingen (Kreis Esslingen). Er bekam die Folgen einer Rezession zu spüren, die Möbel-Bilder warfen wenig ab, das Geschäft lief schlecht. Da half auch nicht die Idee des Auto-Fans, sich auf alles, was Räder hat, zu spezialisieren.

Der Durchbruch gelang ihm erst, als ihm einfiel, wie er sein Beleuchtungssystem revolutionieren kann. René Staud erfand die Lichtwanne Magic Flash, die er 1983 patentieren ließ, und ab ging die Post, zunächst mit dem Porsche 959: "Ich machte in der zweiten Jahreshälfte so viel Umsatz wie in drei Jahren zuvor." Außer seinen Kunden wollte ihn aber noch keiner: Als Staud sein Traumstudio bauen will, muss er sich 50 Grundstücke anschauen, weil kaum eine Kommune mehr als 2000 Quadratmeter Gewerbegebiet verkauft, wenn nur zwei, drei Arbeitsplätze in Sicht sind. Er landete in Leonberg, setzte mit seinem zehn Meter hohen und 600 Quadratmeter großen Hauptstudio, in das auch Lastwagen passen, Maßstäbe für die Branche. Vor 25 Jahren war es fertig, inzwischen haben hier Boris Becker für eine Puma-Kampagne Tennis gespielt, Steffi Graf mit Porsches posiert und Michael Schumacher das Dekra-Logo hochgehalten.

Während Autos in der Werbung bisher in Alltagssituationen am Waldrand oder auf dem Supermarktparkplatz dargestellt wurden, überhöhte Staud sie durch Licht und Kulisse. "Ich versuche, das Auto als Schmuckstück darzustellen." Dies gilt umso mehr, seit es moderne Computerprogramme ermöglichen, nicht nur mehrere Bilder übereinanderzulegen, sondern auch Bildinhalte zu verändern, etwa die Chinesische Mauer in die Höhe zu ziehen, Farben abzuschwächen oder den Himmel einer anderen Tageszeit einzupassen. Außerdem werden manchmal Autos, von denen es nicht mal einen Prototypen gibt, mit technischen Daten am Computer generiert und eingepasst. Seitdem dauern Komposition und Bearbeitung eines einzigen Bildes oft Wochen, und das Ergebnis wirkt am Ende übernatürlich, quasi echter als echt. Kein Problem für René Staud, schließlich soll er Werbung machen und nicht die Wirklichkeit abbilden.