In Zukunft soll die Rems nicht mehr eingeengt zwischen Dämmen fließen, sondern sich bis auf eine Breite von 90 Metern selbst ihren Weg suchen dürfen. Foto: Gottfried Stoppel

Der Gemeinderat Winterbach hat entschieden, die Renaturierung der Rems erst einmal zu verschieben. Damit ist ein weiterer Höhepunkt der Gartenschau vermutlich gestorben. Es soll aber noch einmal ein Gespräch zwischen den Projektbeteiligten geben.

Winterbach - Es ist und bleibt weiterhin ein besonderes Projekt. Aber ein Höhepunkt der Remstal-Gartenschau 2019 wird die Renaturierung der Rems bei Winterbach sehr wahrscheinlich nicht mehr. Der Gemeinderat ist unlängst dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt und hat entschieden, das Projekt zu verschieben.

Zwar soll die Remsrenaturierung bis zur Baureife vorbereitet werden. Aber es gibt einige Gründe, die gegen eine sofortige Realisierung sprechen. „Über allem schwebt die Haushaltskonsolidierung. Wir müssen unsere Pflichtaufgaben finanzieren können – und das kann auch heißen, dass man lieb gewonnene Projekte auf Eis legen muss“, sagt Sven Müller, der Winterbacher Bürgermeister. Deswegen habe es im Gemeinderat darüber auch keine großen Diskussionen gegeben – der Entschluss sei einstimmig gefasst worden. Bisher hat die Gemeinde 120 000 Euro in die Planung investiert. Die Gesamtkosten werden mit 2,6 Millionen Euro veranschlagt. Allerdings kann das Projekt mit bis zu 85 Prozent vom Land gefördert werden.

Neue Überflutungsfläche ist zurzeit nicht nötig

Die Finanzen sind aber nur ein Grund. Eine wichtige Rolle dürfte gespielt haben, dass der Druck, so schnell wie möglich Retentionsraum zu schaffen, nicht mehr besteht. Bei Planungsbeginn vor zwei Jahren war das noch anders. Damals sah es nach dem Landeswassergesetz so aus, als könnte in Winterbach nur noch gebaut werden, wenn eine neue Überflutungsfläche geschaffen werden würde. Dies betraf vor allem das geplante Gewerbegebiet Breitwiesen-Herrenäcker. Durch eine Änderung der Hochwassergefahrenkarten kann das Gewerbegebiet aber nun auch so umgesetzt werden.

„Natürlich ist die Remsrenaturierung ein ökologisches Vorzeigeprojekt. Aber sehr wahrscheinlich hätten sich das die Besucher der Remstal-Gartenschau nur durch einen Bauzaun anschauen können“, sagt Bürgermeister Sven Müller. Denn selbst bei optimalen Bedingungen – und der Annahme, dass sich das Planfeststellungsverfahren trotz Beteiligung der Öffentlichkeit nicht allzu lange zieht, würde die Renaturierung gerade rechtzeitig fertig werden. Dazu müssten die Bauarbeiten aber Mitte nächsten Jahres beginnen.

Genehmigungsverfahren ist sehr aufwändig

Hans-Peter Sieg ist da etwas optimistischer: „In einem halben Jahr wächst viel. Und man hätte den Besuchern ja auch zeigen können, wie sich so eine Fläche entwickelt“, sagt der Geschäftsführer des Wasserverbands Rems. Er ist ziemlich frustriert darüber, dass sich das bisherige Verfahren so lange gezogen hat. Das liegt laut Angaben des Landratsamts aber daran, dass zur Vorbereitung des Genehmigungsverfahren sehr umfangreiche Untersuchungen und Antragsunterlagen notwendig seien. So würden nicht nur wasser-, arten- und naturschutzrechliche Probleme behandelt, sondern auch Eingriffs- und Ausgleichsmaßnahmen. Laut der Genehmigungsbehörde verläuft die Zusammenarbeit mit der Gemeinde gut und konstruktiv. „Wir sind zuversichtlich, dass die ausstehenden Antragsunterlagen bald vervollständigt werden und der Weg für das eigentliche Genehmigungsverfahren frei ist“, heißt es von der Pressestelle.

Gespräch zwischen Projektbeteiligten ist geplant

Hans-Peter Sieg hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben, dass das Projekt dann doch noch kommt. „Da macht man sich jahrelang Gedanken und plant, und dann scheitert es an 400 000 Euro. Das tut schon ein bisschen weh“, sagt Sieg. Für ihn ist die Renaturierung eine einmalige Chance – weil es eine Förderung von 85 Prozent gibt und in Bezug auf die Gartenschau: „Das wäre ein Leuchtturmprojekt gewesen, etwas ganz anderes als eine kleine Ortsveränderung oder bepflanzte Beete.“ Eines, das seiner Meinung nach Menschen aus dem ganzen Land ins Remstal locken würde.

In zwei Wochen soll es noch einmal ein Gespräch mit den Projektbeteiligten und dem Geschäftsführer der Remstal-Gartenschau geben. „Wenn sich an den Voraussetzungen etwas ändert, könnte es natürlich sein, dass noch einmal Zug reinkommt“, sagt Bürgermeister Sven Müller.

Das Wasser soll mehr Raum bekommen

Renaturierung:
Die Rems soll auf einer Länge von 1,1 Kilometern zwischen Winterbach und Hebsacker Brücke bei Remshalden wieder fließen dürfen, wie sie möchte. Auf einer Breite von bis zu 90 Metern soll es Zonen mit verschiedenen Wassertiefen geben, dazwischen Inseln, Sand- und Kiesbänke. Es sollen unzugängliche, geschützte Bereiche und Steilufer – etwa für den Eisvogel – geschaffen werden, aber auch Uferbereiche mit großen Wiesen, an denen etwa Kinder direkt am Wasser spielen können.

Hochwasserschutz
: Direkt an die renaturierte Rems könnte sich das Hochwasserrückhaltebecken 7 zwischen Winterbach und Geradstetten anschließen. Nach dem Planfeststellungsverfahren im Zuge der Renaturierung wäre der Trenndeich des Flutpolders rechtlich gesichert. Das Speichervolumen soll etwa 710 000 Kubikmetern betragen. Das Becken kann dann weiter geplant werden, allerdings hat seine Umsetzung im Konzept des Wasserverbands nicht die höchste Priorität.