Kein Partner? Kein Problem! In Remseck bewiesen junge Tänzerinnen und Tänzer bei der ersten Solo-Landesmeisterschaft in Baden-Württemberg, dass sie auch alleine pure Emotion auf die Bühne bringen können.
Premiere in Remseck. In der Stadthalle tanzen am ersten Novemberwochenende 160 Solisten auf der ersten offiziellen Solo-Landesmeisterschaft in Baden-Württemberg um die Titel in Latein und Standard. Schon am Eingang der Halle wummern den Besuchern am Samstagnachmittag die Salsa-Rhythmen entgegen. Der Samstag steht im Zeichen der Lateintänze (Standard am Sonntag), mit insgesamt 20 Turnieren mit 110 Meldungen. Am frühen Nachmittag gehen die Junioren an den Start. Im Foyer tanzen sich einige Mädchen warm. In leuchtenden Kleidern, perfekt geschminkt, die Haare in schwungvollen Wellen an die Stirn gegelt. Das Stunden dauernde, professionelle Styling war Teil ihrer Vorbereitung am Vormittag des Wettbewerbs. Die Mädchen beginnen mit fließenden Bewegungen, schwingen elegant ihre Arme, werfen sich kraftvoll und selbstbewusst in Pose.
Die Kategorie „Solotanz“ – im Gegensatz zum Paar- und Formationstanz – ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass zu wenige Jungen sich für professionelles Tanzen interessieren. „Solo ist eine junge Disziplin“, sagt Maja Laisse, die für die Pressearbeit beim gastgebenden Verein Royal Dance Remseck zuständig ist. Was ist das Besondere? „Das ganze Thema ‚Führen‘ fällt weg. Emotionen kann man auch sehr gut allein ausdrücken. Aber die Choreografien sind natürlich ganz anders als beim Paartanz.“ Der Verband habe sich sehr dafür eingesetzt, den Solotanz als eigene Kategorie zu etablieren. „Für den Sport ist es gut, dass viele Tanzbegeisterte – egal, ob Junge oder Mädchen – jetzt auf ein Ziel hinarbeiten können, auch wenn sie keinen Partner haben“, sagt Laisse.
Eine angenehme Art, Sport zu treiben
Die 13-jährige Caroline Overheu, vielfach ausgezeichnet, ist eine der Favoritinnen. Sie tanzt, seit sie vier Jahre alt ist, bei Andrzej und Victoria Cibis in deren Tanzschule Royal Dance in Remseck. Was fasziniert die 13-Jährige am Tanzen? „Ich liebe es, mich zur Musik zu bewegen. Es ist eine angenehme Art, aber auch anstrengende Art, Sport zu treiben.“ Was sind ihre größten Herausforderungen? „Einmal die hohen Schuhe“, sagt sie und lacht. „Aber auch die Intensität, in der der gesamte Körper angespannt und in Bewegung ist.“ Caroline trainiert jeden Tag außer samstags. Choreografien merkt sie sich, wie sie Vokabeln lernt: durch ständiges Üben und Wiederholen. Welche drei Eigenschaften sollte eine gute Tänzerin ihrer Meinung nach haben? Caroline muss nicht lange überlegen: „Leidenschaft. Disziplin. Spaß.“
In der Halle treten mittlerweile fünf Mädchen und ein Junge zur Rumba an. Der Takt verlangsamt sich. Die Bewegungen der Tänzerinnen werden weich und elegant. Alles wirkt leicht, die Tanzenden lächeln. Konzentration und Körperspannung sind trotzdem stets spürbar.
Im Foyer tanzen sich währenddessen Eva Dexheimer und Yamira Laisse warm, beide zwölf Jahre alt. Große Aufregung, gleich sind sie dran. Zur Vorbereitung auf das Turnier haben sie in der vergangenen Woche täglich mehrere Stunden trainiert. Das Solotanzen empfinden die beiden momentan als Freiheit und freuen sich, dass es nun offizielle Meisterschaften gibt. So können sie ihre Leidenschaft fürs Tanzen ausleben, ohne auf jemanden angewiesen zu sein. Das kann sich im Laufe ihrer tänzerischen Karriere und mit dem Älterwerden ändern. „Manche Figuren kann man gar nicht ohne Partner tanzen“, sagt Yamira. Sie findet, dass das Paartanzen auch Vorteile hat: „Man kann sich austauschen und ist ein kleines Team.“ Was begeistert die beiden Mädchen an ihrem Sport? „Man kann alles vergessen beim Tanzen, alles rauslassen und sich selber sein“, sagt Eva. „Sich zur Musik zu bewegen und damit Menschen zu begeistern“, ergänzt Yamira.
Begeistert von der Unabhängigkeit im Solotanz
Als die beiden mit ihren Mitbewerberinnen zu Samba antreten, ist auch das Publikum in der Halle voll dabei. Viele Zuschauer klatschen mit und feuern die Mädchen an. Die Stimmung ist ausgelassen.
Daria Bedulina warten noch auf ihren Auftritt. Sie ist aus Bremen angereist und trägt ein am Rücken tief ausgeschnittenes rotes Kleid. Ihre Haut ist mit Goldpuder bestäubt, ihre braunen Haare streng nach hinten gebunden, ihr Gesicht perfekt geschminkt. Seit Monaten sucht die 40-Jährige ein Turnier im Solotanz. Ihr erstes hat sie in Wiesbaden absolviert – und gleich gewonnen. Und das, obwohl sie Anfängerin ist und erst vor einem Jahr mit dem Training angefangen hat. Sie liebt die Unabhängigkeit im Solotanz. „Ich tanze für mich selbst. Ich organisiere meine Trainingszeiten selbst. Und in meinem Alter gibt es wenige Männer, die gerne tanzen – auch mein Mann nicht“, erzählt sie. Vor Kurzem hat sie nun einen Partner gefunden und wird bald gemeinsam mit ihm an Turnieren teilnehmen. In ihrer Altersklasse starten heute in Remseck nur drei Teilnehmerinnen.
Für vier Mädchen in der Halle geht es zur Siegerehrung auf die Treppe: Medaille, Urkunde, Posieren fürs Foto. Stolz und Glück sind ihnen anzusehen.
Die Ergebnisse des Turniers sind zu finden unter www.tbw.de.