Der Rems-Murr-Kreis ist bei Bikern beliebt – viele fahren zu schnell (Symbolbild). Foto: Archiv (Stoppel)

Das kamerabestückte zivile Motorrad der Polizei Aalen hat hunderte Verkehrssünder überführt – doch es ist offenbar seit Monaten kaputt und wurde nicht repariert. Und das, obwohl die Zahl tödlicher Motorradunfälle sich derweil vervielfacht hat.

Rems-Murr-Kreis - Wochenend, Sonnenschein – Motorradunfall. Im vergangenen Jahr hat unter anderem das gute Wetter für einen traurigen Rekord gesorgt: Nirgendwo sonst in Baden-Württemberg ist die Zahl der tödlich verunglückten Biker derart in die Höhe geschnellt wie im Bereich des Polizeipräsidiums Aalen. In den Landkreisen Rems-Murr, Ostalb und Schwäbisch-Hall starben 18 Motorradfahrer – eine Steigerung um 200 Prozent. Im Rems-Murr-Kreis verdreifachte sich die Zahl sogar. Häufigste Unfallursache: Zu hohe Geschwindigkeit.

Ein wichtiges Werkzeug zur Jagd auf Raser ist seit einigen Jahren ein Video-Motorrad, auf dessen Einführung die Verkehrspolizei seinerzeit sehr stolz gewesen war. Das kamerabestückte schwere Bike, das äußerlich nicht von einer zivilen Maschine zu unterscheiden ist, hatte noch im Jahr 2015 bei seinen Einsätzen gut 280 Verstöße nachweisen können. In 76 dieser Fälle ging es um zu hohe Geschwindigkeit. Doch im Jahr 2017 wurden per Videomotorrad insgesamt nur fünf Verkehrssünder erwischt.

Polizeisprecher: „Eine Ersatzbeschaffung ist schwierig“

Der Grund dafür: Das Hightech-Vehikel des Backnanger Verkehrspolizeikommissariats ist kaputt. Wie lange schon, verrät die Polizei nicht – aber der Blick auf die Zahlen legt nahe, dass sich die Probleme schon mehrere Monate hinziehen. Ronald Krötz, Sprecher der Polizei Aalen, bestätigt den Defekt. „Eine Ersatzbeschaffung dieser hochkomplexen Technik ist aber schwierig und kurzfristig nicht umsetzbar“, sagt der Polizeisprecher.

Ländliche Gegenden sind ein beliebtes Terrain für Motorradfahrer. Besonders kurvenreiche Straßen, etwa die Sulzbacher Steige, die Strecken zwischen Winterbach-Manolzweiler und Weinstadt-Schnait oder zwischen Schorndorf und dem Teilort Schlichten, locken Biker an. Entsprechend oft kracht es an solchen Stellen.

Laut Polizei sind die meisten verunglückten Fahrer auch Unfallverursacher

Die Polizei versucht, entgegenzuwirken. „Wir machen mehr Kontrollen als alle anderen Dienststellen“, betont Krötz. So gibt es zum Beispiel Schwerpunktaktionen, bei denen Polizisten nach rasenden Motorrädern Ausschau halten, die Fahrzeuge auf illegale Umbauten kontrollieren und mit den Bikern ins Gespräch kommen. Nur: „Es gibt einen kleinen Prozentsatz von Fahrern, die für unsere Ansprachen leider unzugänglich sind“, sagt der Polizeisprecher. „Wir wollen Motorradfahrer nicht als Buhmänner hinstellen, aber die meisten Unfälle waren selbst verschuldet“, sagt er. Laut der Polizeistatistik haben 13 der 18 im Jahr 2017 getöteten Biker die Unfälle selbst verursacht.

Das Verkehrspolizeikommissariat verfügt auch über ein weiteres ziviles Videofahrzeug, eine PS-starke Limousine. Doch der Wagen ist zur Jagd auf rasende Biker nur bedingt geeignet: Er ist weniger gelenkig und fällt in einem Pulk Zweiräder deutlich mehr auf als ein ziviles Motorrad.

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Für die kommende Saison hat das Polizeipräsidium nun eine – zumindest provisorische – Lösung gefunden: „Wir gehen eine Kooperation mit dem Polizeipräsidium Heilbronn ein“, kündigt Krötz an. Dieses verfüge auch über ein solches Videomotorrad – „und die Nähe von Heilbronn zur Löwensteiner Platte macht auch Sinn.“ Denn auch diese ist ein äußerst beliebtes Ziel von Bikern.