Ein 61-Jähriger aus Aspach ist wegen versuchten Totschlags verurteilt worden. Foto: dpa

Das Landgericht hat einen 61-Jährigen wegen versuchten Totschlags verurteilt. Der Mann hatte aufgrund einer wahnhaften Schizophrenie seinen Nachbarn angegriffen.

Aspach/Stuttgart - Der Nachbar hat nicht gewusst, wie ihm geschah, als am 20. November morgens in aller Frühe jemand bei ihm Sturm klingelte und herumbrüllte „Komm raus, du Taugenichts!“ Schlaftrunken war er zur Tür getorkelt, hatte sie geöffnet – und plötzlich ein kühles Stück Metall im Gesicht gespürt. Das Messer verletzte ihn nur leicht unter dem rechten Auge.

Nun wurde der ungebetene Besucher am Stuttgarter Landgericht wegen versuchten Totschlags verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte sich in der Anklage zunächst noch für die Unterbringung des Mannes in einer psychiatrischen Klinik ausgesprochen, sich aber vom psychiatrischen Gutachter umstimmen lassen. Auch das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Unterbringung auf Bewährung ausgesetzt wird. Die kommenden fünf Jahre steht dem 61-Jährigen ein Bewährungshelfer zur Seite, er muss gegen seine Psychose Medikamente einnehmen, in einer betreuten Wohngruppe für psychisch Kranke Quartier beziehen, eine Tagesstätte besuchen, die seinem Alltag Struktur verleiht, und er darf keinen Alkohol trinken. Der Gutachter Udo Frank vom Zentrum für Psychiatrie in Weißenau vertritt die Ansicht, dass der Beschuldigte keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt, sofern er all diese Auflagen einhält. Tatsächlich hatte sich der Angriff auf den Nachbarn erst ereignet, nachdem der Beschuldigte die antipsychotischen Medikamente abgesetzt hatte. Von diesem Moment an quälten ihn zunehmend die eingebildeten Geruchswahrnehmungen.

Der allein stehende Rentner zeigte sich mit allen Auflagen einverstanden, obwohl er bis heute davon überzeugt ist, dass die Bedrohung, die von seinem Nachbarn ausging, real war und keinesfalls halluziniert. Der gelernte Installateur glaubt noch immer, dass der Nachbar ihm damals nach dem Leben trachtete, indem er heimlich giftige Dämpfe und Gase in seine Wohnung leitete. „Er war in Todesangst“, so der Oberstaatsanwalt Hans-Otto Rieleder in seinem Plädoyer. Der Angeklagte habe sich gewissermaßen gegen seinen Angreifer zur Wehr setzen müssen.