Die Stadt Fellbach war Ende 2017 der kreisweite Spitzenreiter in Sachen Schulden. Foto: dpa

Viele Verbindlichketen, große Probleme – so lautet für viele der Grundsatz in Kommunalhaushalten. Ganz so einfach ist die Sache aber nicht: Ein kleiner Rundblick zur Verschuldung in Städten und Gemeinden.

Rems-Murr-Kreis - Was haben Fellbach und Esslingen gemeinsam? Nun, wenn man jene Statistik betrachtet, in der das Statistische Landesamt die Schulden aller Kommunen im Land auflistet, dann fällt auf, dass beide Städte vor den Toren Stuttgarts einiges an Schulden aufweisen, finanziell und wirtschaftlich aber eigentlich recht gut da stehen.

Mit Gesamtschulden in Höhe von 107 Millionen Euro – aus dem Kernhaushalt und sämtlichen Eigenbetrieben und -gesellschaften – ist Fellbach laut den Daten des Landesamtes zum Jahresende 2017 im Rems-Murr-Kreis der Spitzenreiter gewesen. Esslingen nimmt im dortigen Landkreis mit knapp 297 Millionen ebenso einen ersten Platz in Sachen Schuldenstand ein. Bei der Pro-Kopf-Verschuldung liegen Fellbach mit 2345 Euro und die etwa doppelt so große Neckarstadt mit 3204 Euro gleichfalls in ihren Kreisen vorne.

Die Schulden stammen von Familienbadbau

Eine weitere Parallele ergibt sich bei der näheren Betrachtung der Gründe für jene Schulden, die nicht in Eigenbetrieben liegen, sondern im Kernhaushalt. Rechnet zum Beispiel der Fellbacher Kämmerer jene 26,1 Millionen Euro von den Haushaltsschulden ab, die Fellbach wegen des Familienbads F 3 in der Bilanz hat, dann bleibt am Ende gerade einmal ein Schuldenhügel von 2,2 Millionen.

Auch in Esslingen haben die Verbindlichkeiten im Haushalt von gut 70 Millionen primär einen Grund: die Übernahme des Veranstaltungszentrums Neckarforum, welche die Stadt am Ende wohl so um die 80 Millionen Euro kostet. Ansonsten, so sagen Beobachter der Esslinger Finanzen, sei die Lage eher so, dass die städtische Verwaltung die eine oder andere Million versteckt halten muss, um nicht allzu große Begehrlichkeiten im Gemeinderat zu wecken.

„Die Schulden sind nicht alles“, sagt zu diesem Thema der Schorndorfer Finanzdezernent Thorsten Englert. Gerade mit dem Übergang zur an die kaufmännische Buchführung angelehnten Doppik anstelle der Steuerung öffentlicher Haushalte nach althergebrachter Kameralistik habe sich in der Haushaltsplanung einiges verändert. „Wir schauen nicht auf die Schulden, sondern die Frage lautet: Können wir neue Investitionen finanzieren.“ Im Sinne kommunaler Weiterentwicklung in Infrastruktur und anderem gehe es nicht in erster Linie um die Vermeidung von Schulden. Englert: „Wenn man keine Schulden macht, kein Vermögen aufbaut, dann tut sich in der Stadt nichts.“ Gerade mit Blick auf die Remstal-Gartenschau im kommenden Jahr sei Schorndorf hier sehr bewusst in die Offensive gegangen. Und auch für die Verbesserung der Basis einer Refinanzierung gebe es eine klare Antwort. „Wir wollen Einwohner gewinnen.“ Jeder neue Einwohner, so die einfache Rechnung, bringt pro Jahr rund 1000 Euro an Zuschüssen. Die Perspektive ist daher: In Schorndorf, das laut der Landesamtsstatistik eine Pro-Kopf-Verschuldung von 2379 Euro aufweist, werden die Schulden in den kommenden Jahren nochmals anwachsen.

Landesweiter Spitzenreiter bei Schulden ist Mannheim

Die höchste Verschuldung in der Region weist jedoch – wenig verwunderlich – die Landeshauptstadt Stuttgart auf. Wobei die Schulden von 21,3 Millionen Euro im Kernhaushalt nur wenig höher liegen, als die Zahlen in den Kreishauptstädten Waiblingen, Böblingen und Ludwigsburg. In der Gesamtverschuldung liegt Stuttgart bei immerhin rund 1,3 Milliarden Euro, kommt aber mit einer Pro-Kopf-Verschuldung aus Haushalts- und ausgelagerten Eigenbetriebsschulden von 2070 Euro längst nicht in Dimensionen des landesweiten Spitzenreiters. Die Universitätsstadt Mannheim schwebt hier mit Gesamtschulden von knapp 1,7 Milliarden Euro in eigenen Gefilden, bei einer Pro-Kopf-Verschuldung von 5504 Euro und Verbindlichkeiten allein im Kernhaushalt von fast einer halben Milliarde Euro.

Am anderen Ende der Skala stehen im Schuldenranking die rund zwei Dutzend Städte und Kommunen in der Region Stuttgart, die zumindest im Kernhaushalt keinerlei Schulden haben. Die Städte Sindelfingen, Kornwestheim, Ditzingen, Wendlingen und Bietigheim-Bissingen zählen mit zu diesen. Zu den schuldenfreien Kommunen im Rems-Murr-Kreis zählt neben Berglen, Winnenden, Kernen und Kirchberg an der Murr seit Jahren auch die 4200-Seelen-Gemeinde Oppenweiler.

Was hat denn nun eigentlich der Bürger, die Bürgerin davon, wenn der Schultes keine Schulden hat? Die Frage beantwortet Bernhard Bühler, der Bürgermeister von Oppenweiler folgendermaßen: „Sicher keine speziellen Wohltaten für Einzelne.“ Immerhin könne man dank der finanziellen Lage der Kommune aber mit die niedrigsten Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer rundum anbieten. Und die Schuldenfreiheit vereinfache natürlich den Erhalt und den Ausbau der örtlichen Infrastruktur. „Schulden sind immer eine Bürde“, sagt Bühler. Und ohne diese Bürde falle es leichter, Entscheidungen zu treffen. „So schaffen wir es auch problemlos, unsere Kindergärten oder das kleine Freibad in Schuss zu halten.“