Helmut Schuller entschließt sich, auf seine innere Stimme zu hören und seiner schlimmen Diagnose einfach davon zu radeln. Foto:  

Als Helmut Schuller mit einer schweren Diagnose konfrontiert wird, fasst er den Entschluss, sein Leben zu ändern. Statt Tabletten oder operativen Eingriffen verordnet er sich selbst eine 180-Grad-Wendung und schnappt sich sein Bike – mit Erfolg.

Es gibt Momente im Leben, in denen man sich entscheiden muss. Hört man auf seine innere Stimme und wählt das Risiko oder geht man doch auf Nummer sicher. Helmut Schuller hat das Risiko gewählt und ist gut mit seiner Entscheidung gefahren. Statt starken Medikamenten und gefährlichen Operationen entschied sich der heute 82-Jährige dafür, seinem Schicksal einfach davon zu radeln – mit Erfolg. Doch Helmut Schuller weiß genau, dass es auch hätte schief gehen können. „Ich bin dem Tod genau genommen schon zwei Mal von der Schippe gesprungen und habe mich beide Male nicht danach gerichtet, was mir die Schulmediziner geraten haben.“

 

Es sei eine mutige Entscheidung gewesen und sein Bauchgefühl habe zum Glück Recht behalten. Aber es habe damals Spitz auf Knopf gestanden, sagt der 82-Jährige und meint damit die Zeit, als er spürte, dass irgendwas nicht mit ihm stimmt. Als er zum Arzt ging und die niederschmetternde Diagnose „Alzheimer im fortgeschrittenen Stadium“ erhielt. „Ich habe zu meiner Frau gesagt, dass ich die Befürchtung habe, einen Schlaganfall erlitten zu haben. Ich hatte Ausfallerscheinungen und Probleme mit dem Gleichgewicht. Auf Alzheimer wäre ich nicht gekommen“, sagt Helmut Schuller. Der Mann, der zu dieser Zeit als selbstständiger Bauunternehmer 80 Mitarbeiter beschäftigte, sollte Recht behalten. Denn nach weiteren Untersuchungen mussten die Ärzte den Befund korrigieren: Nicht Alzheimer, sondern eine schwere Gehirnblutung hatte die Beschwerden ausgelöst. „Sie wollten mich gleich da behalten und noch am gleichen Tag operieren, um das blutende Aneurysma in meinem Kopf unter Kontrolle zu kriegen“, erinnert sich Helmut Schuller und fasste noch im Untersuchungszimmer, umgeben von zahlreichen Medizinern den weitreichenden Entschluss, sein komplettes Leben umzukrempeln und die dringend angeratene Operation abzulehnen. „Ich hatte immer nur Stress. Habe neben dem Beruf noch eine Pferdezucht betrieben und hatte das Gefühl, dass das nicht mehr mein Leben ist, sondern ich nur noch fremdbestimmt bin.“

Schuller war Bauunternehmer und nicht glücklich

Der Vater zweier Söhne ändert sein Leben

Was dann geschah, wie der Vater zweier Söhne sich selbst eine 180-Grad-Wendung verordnete und wohin ihn das führte, darüber redet der Mann, der gebürtig aus der Oberpfalz stammt, gerne. So gerne, dass er mittlerweile zwar als Bauunternehmer im Ruhestand ist und auch nur noch ein Pferd besitzt, dafür aber seit mehr als zehn Jahren mit seinem alten VW-Camper unterwegs ist. In weit über 500 Vorträgen hat er in ganz Deutschland sowie in Österreich und der Schweiz über seinen Sinneswandel gesprochen. „Auch das Fernsehen hat schon angefragt“, sagt Schuller und lacht. Nun macht der umtriebige Senior auch im Bürgerhaus in Backnang Station, um über sich, seine Schwerpunkte Bewegung, Ernährung und Glauben sowie über den Jakobsweg zu sprechen. Denn dorthin hat ihn die lebensbedrohliche Diagnose schlussendlich geführt.

Aber der Reihe nach: Mit der Diagnose Hirnaneurysma konfrontiert, ließ sich Helmut Schuller noch am selben Tag Blut aus dem Kopf entfernen. „Sie haben den Schädel angebohrt und 180 Milliliter rausgeholt, um den Druck zu reduzieren. Nachdem ich eine offene Hirnoperation abgelehnt habe, einigten wir uns darauf, dass ich regelmäßig zum MRT komme, um zu schauen, ob es wieder nachblutet.“ Danach ging Helmut Schuller und veränderte sein Leben. Fortan ernährte er sich nach der Lehre Hildegards von Bingen, fand wieder in den Glauben und entdeckte das Radfahren für sich. „Als man mir sagte, ich müsse am Kopf operiert werden und würde das vielleicht nicht überleben, war ich übergewichtig und habe überhaupt nicht auf mich geachtet“, sagt Helmut Schuller, der ab diesem Zeitpunkt auf Dinkelprodukte umstieg, Kastanienmehl in die Ernährung einbaute und aufs Rad umstieg. Das Ergebnis: Er nahm ab, wurde fit und hatte einen großen Wunsch: den Jakobsweg nach Santiago de Compostela zu radeln.

Und so erfüllte sich Helmut Schuller mit damals 67 Jahren seinen Traum. Er packte sein Fahrrad und radelte ohne Landkarte in 40 Tagen knapp 3000 Kilometer quer durch vier europäische Länder nach Santiago de Compostela in Spanien. Seine Reise endete schließlich in Fisterra. Im Altertum galt dieser Ort an der Atlantikküste als das Ende der Welt. Für Helmut Schuller, der auch jetzt mit 82 Jahren noch täglich auf dem Fahrrad ist, war es ein Neuanfang. „Das alles hat wohl meine Selbstheilungskräfte aktiviert, denn spätere MRT-Untersuchungen zeigten, dass die Blutung komplett zurück gegangen war, statt wieder aufzuflammen. Und das ohne Medikamente und Operationen.“

Wer ihm zuhört, erhält nicht den Eindruck, dass Helmut Schuller die Schulmedizin für überflüssig hält – eher für einen Weg, der nicht immer der einzig richtige sein muss und den es auch mal zu hinterfragen gilt. „Ich musste auch mit einem Herzklappenfehler klar kommen. Da kam ich um eine OP nicht herum, aber statt vier Tage Intensivstation reichte bei mir einer, und die Ärzte waren erstaunt, wie man nach einer sechseinhalbstündigen Herz-OP so schnell wieder fit sein kann“, erzählt Schuller und führt auch das auf seine Ernährungs- und Lebensumstellung zurück. Seine Vorträge betrachtet er selbst als „Motivationskurse“. Es seien Anleitungen für ein erfülltes Leben. Niemals habe er wieder so intensiv gelebt wie auf dem Jakobsweg. Seine Botschaft: „Es gibt keine Altersgrenze. Man kann sein Leben immer ändern und auf verschiedenen Wegen Krankheiten besiegen. Darüber zu reden, wie das gelingt, ist meine Mission.“

Lebensveränderung

Vortrag
Helmut Schuller spricht in einem Multivisionsvortrag am Mittwoch, 19. März, um 19.30 Uhr über seine Erlebnisse. Tickets ab 17 Euro gibt es an der Abendkasse. Helmut Schuller hat auch ein Buch geschrieben. Infos dazu und zu seinen weiteren Vorträgen gibt es auf seiner Homepage unter http://www.helmut-schuller.de/index.html