Das Polizeirevier Fellbach ist mit einem Durchschnittsalter von 34,07 Jahren im gesamten Zuständigkeitsgebiet des Polizeipräsidiums Aalen das jüngste Revier. Der Fellbacher Polizeichef Jan Kempe erklärt, warum das so ist.
Alexander Stocker arbeitet gern im Fellbacher Polizeirevier. „Mir gefällt der Spirit dort“, sagt er. Aber der 28-Jährige, der als Jugendsachbearbeiter tätig ist, wird das Revier in der Cannstatter Straße 16 zum Spätsommer verlassen. Der Erste Polizeihauptmeister fängt am 1. September im Revier in Aalen an.
Der junge Polizist hat mit seiner Frau in der Nähe von Aalen ein Haus gebaut und möchte eine Familie gründen. „Das kann man hier vergessen, das wäre wegen der Preise einfach nicht leistbar“, sagt Stocker. Dann komme dazu, dass er in Dinkelsbühl aufgewachsen ist und seine Frau aus der Nähe von Ellwangen stammt – so würden sie wieder näher zur früheren Heimat rücken.
Die Fluktuation im Revier sei wegen der hohen Wohnungspreise hoch
Alexander Stocker ist ein Beispiel dafür, weshalb das Fellbacher Polizeirevier mit einem Altersdurchschnitt von 34,07 Jahren im gesamten Polizeipräsidium Aalen noch immer das jüngste Revier ist, sagt der Fellbacher Polizeichef Jan Kempe. Da seien auch er, Jahrgang 1965, sowie sein Stellvertreter, Peter Bischof, der im November in den Ruhestand versetzt werde, eingerechnet. Viele junge Polizisten würden von Fellbach wieder weggehen, weil die Mieten hier vor den Toren Stuttgarts sehr teuer seien. Die Fluktuation im Revier sei daher hoch. Auch wenn inzwischen eine Mindestverweildauer von drei Jahren vom Polizeipräsidium Aalen festgelegt wurde. So solle verhindert werden, dass mancher in kurzer Zeit zu viele Ortswechsel vornehme.
Denn, wie Kempe deutlich macht, „jedes Mal geht mit dem Menschen auch Know-how.“ Dazu gehöre nicht nur die Ortskenntnis, auch die Netzwerke, die man aufbaue und pflege, zählten dazu und die ganz eigenen Stärken, die jeder habe. „Die Polizei ist ein Erfahrungsberuf, das ist jedes Mal eine Zäsur, wenn jemand geht“, sagt Kempe. „Und Transferwissen bleibt oft auf der Strecke.“
Präventionsarbeit an verschiedenen Schulen in Fellbach
„Wir kennen unsere Jugendlichen“, sagt Stocker. Er sei beispielsweise auch bei Jugendkontrollen rund um die Fellbacher Lutherkirche im Einsatz. Außerdem sei er in der Präventionsarbeit viel an verschiedenen Schulen in der Stadt mit Infoveranstaltungen unterwegs. Da geht es unter anderem um die Gefahren und den Umgang mit Cybermobbing oder Hilfestellung bei Gewalt auf dem Schulhof. Meist seien die Infoveranstaltungen in Projektwochen integriert. „Jede Schule kann anfragen“, sagt Stocker. Durch den Austausch und das Kennenlernen der Jugendlichen werde auch die Hemmschwelle herabgesetzt, sich bei einer Notlage an die Polizei zu wenden. Junge Polizisten hätten es natürlich leichter, auf die Jugendlichen zuzugehen und Vertrauen zu gewinnen. Sicherheitstage an Grundschulen zählten auch zu seinen Aufgaben und vieles mehr. „Mir gefällt die Vielfalt, es wird nicht langweilig, und du hast nie ausgelernt“, sagt Stocker über seinen Beruf. Bevor er nach Fellbach wechselte, war er drei Jahre bei der Bereitschaftspolizei in Göppingen. Seine Ausbildung hat er in Biberach absolviert.
Der Fellbacher Polizeichef erinnert sich: „Früher gab es eine Ballungsraumzulage für Dienststellen um Stuttgart“, sagt er. Diese gebe es längst nicht mehr. „Als Polizist verdient man in Aalen genauso viel wie hier“, sagt Kempe. Das regle die Landesbesoldung.
Das Durchschnittsalter im Polizeirevier Aalen liegt bei 38,19 Jahren
Insgesamt sind die Polizeireviere im Rems-Murr-Kreis mit einem Durchschnittsalter von 35,02 Jahren jünger als im Kreis Schwäbisch Hall, wo das Durchschnittsalter bei 40,23 Jahren liegt. Im Ostalbkreis liegt es bei 38,13 Jahren. Die Daten stammen vom Stichtag 1. April 2024, dem Frühjahrsversetzungstermin. Bei der Berechnung seien alle Beamtinnen und Beamte einberechnet, die zum Stichtag tatsächlich beim jeweiligen Polizeirevier Dienst verrichtet haben. Das heißt, zu anderen Dienststellen Abgeordnete und Beamtinnen in Elternzeit seien herausgerechnet worden. Praktikanten seien auch nicht in die Statistik eingeflossen. Langzeitkranke jedoch seien nicht herausgerechnet. Das Durchschnittsalter im Polizeirevier Aalen liegt demnach bei 38,19 Jahren, in Backnang bei 34,94 Jahren, in Crailsheim bei 39,63 Jahren, in Ellwangen bei 36,61 Jahren, in Fellbach bei 34,07 Jahren, in Schwäbisch Gmünd bei 38,85 Jahren, in Schwäbisch Hall bei 40,71 Jahren, in Schorndorf bei 35,69 Jahren, in Waiblingen bei 34,50 Jahren und in Winnenden bei 36,22 Jahren.
Hohe Fluktuation und viele junge Kollegen – für Kempe sei es als Führungskraft in dieser Situation ein besonderes Anliegen, dass ein solidarischer Arbeitsstil gelte. „Wir sind füreinander da im Revier, aber auch nach außen hin“, so laute der Grundsatz, den er mit seinem Team verfolge. Die Unterstützung müsse auch über das Revier hinausgehen – selbst im entfernten Schorndorf beispielsweise haben Fellbacher Polizisten bei Einsätzen immer wieder unterstützt. Mit jedem, der neu einsteige, führe er ein persönliches Gespräch, in dem er die Besonderheiten des Reviers darstelle und die Neulinge frage, was ihnen am Polizeiberuf gefalle. Dann schaue er, dass sie in das für sie passende Team kommen.
Alexander Stocker: „Das Fellbacher Revier genießt einen guten Ruf“
Bei Stocker hat das offenbar geklappt. Er hat sich in Fellbach wohlgefühlt. „Wenn ich hier hätte bauen können, dann hätte ich vielleicht anders entschieden“, sagt er. Auch die Stadt und die Umgebung gefalle ihm gut. Er erzählt, warum es ihn überhaupt nach Fellbach gezogen hat: „Das Fellbacher Revier genießt einen guten Ruf.“ Wer auf seine Stelle im September nachfolge, das sei noch offen. Aber wie Kempe berichtet, werde man rechtzeitig versuchen, einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin einzuarbeiten, um etwas vom Erfahrungsschatz weitergeben zu können.