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Der Landkreis will in den kommenden Jahren in den Ausbau und die Sanierung seiner Krankenhäuser investieren – allerdings unter dem Vorbehalt, dass das Land die Erweiterung unterstützt.

Fellbach - Der Kreistag hat am Montag beschlossen, der Empfehlung der Geschäftsführung zu folgen und die Weiterentwicklung der Rems-Murr-Kliniken an den Standorten Winnenden und Schorndorf voranzutreiben. Rund 69 Millionen Euro sollen in die Sanierung in Schorndorf und Erweiterungen an beiden Standorten investiert werden. Inhaltlich gab es dazu Zustimmung quer durch alle Fraktionen. Ein Antrag der CDU, die Umsetzung der Entwicklungspläne unter den Vorbehalt der Zustimmung des baden-württembergischen Sozialministeriums zu stellen, spaltete das Gremium indes.

Ulfert: Zu Zusammenarbeit zurückgefunden

Dabei hatte die Debatte ungewohnt harmonisch begonnen. Nicht nur die Backnanger CDU-Abgeordnete Ute Ulfert merkte an, dass man in der Krankenhausfrage zu einer konstruktiven Zusammenarbeit zurückgefunden habe. Dies auch, weil „mit offenen Karten gespielt“ und alle Fakten auf den Tisch gelegt worden seien.

Auch der Waiblinger Oberbürgermeister Andreas Hesky äußerte für die Freien Wähler die Hoffnung, in der Krankenhausfrage an einem Wendepunkt angelangt zu sein, wenngleich „weit weg von den ursprünglichen Zielen“. Er sei froh, dass man nicht über die Schließung des Standorts Schorndorf sprechen müsse, so Hesky. Das jetzt vorgelegte Medizinkonzept werde vollinhaltlich unterstützt, aber man dürfe nicht nach dem Motto „Augen zu und durch“ verfahren. Wie die CDU seien auch die Freien Wähler der Meinung, dass zunächst eine verbindliche Zusage des Landes eingeholt werden müsse, dass es das Konzept unterstütze. Man sollte keinen Alleingang starten „der uns finanziell überfordern würde“.

Diese Einschränkung halte seine Fraktion für völlig falsch, entgegnete Martin Kaufmann für die SPD. „Wir brauchen ein klares Signal, dass das Medizinkonzept auch ohne Vorbehalt funktioniert“, betonte Kaufmann. Die Mitarbeiter der Kliniken bräuchten jetzt vorbehaltlose Klarheit, wie es mit ihnen weiter gehe, ergänzte sein Parteigenosse und Schorndorfer Oberbürgermeister Matthias Klopfer.

Haußmann: Land in die Pflicht nehmen

Jochen Haußmann (FDP) hingegen, der für seine Partei auch ein Mandat im Landtag hat, wertete den Vorbehalt als klare Botschaft, das Land in die Pflicht zu nehmen. Man wolle nicht als Bittsteller auftreten, sondern eine umfassende Entscheidungsgrundlage präsentieren.

Nachdem der Backnanger Oberbürgermeister Frank Nopper die Debatte zwischenzeitlich genutzt hatte, um wortgewaltig mit Entscheidungen der Vergangenheit abzurechnen, die seine Stadt den Klinikstandort gekostet hatten, fokussierte sich die Auseinandersetzung letztlich auf die Formulierung der Beschlussfassung. Am Ende herrschte auch seitens der Verwaltung hochgradige Verwirrung, über welche der vorgebrachten Änderungsanträge zuerst abgestimmt werden sollte.

Der Beschluss des Medizinkonzeptes wurde schließlich nach mehreren Sitzungsunterbrechungen mit zwei Gegenstimmen gefasst. Der Auftrag, mit dem Land über Fördermittel zu verhandeln, fiel einstimmig aus. 30 von 79 Räten stimmten dagegen, diese für die Umsetzung des Konzepts vorauszusetzen.

Kommentar: „Chance vertan“

Fellbach - Es hätte ein klares Signal sein sollen, das von dem Ergebnis der Abstimmung in der Fellbacher Schwabenlandhalle ausgeht. Ein klares Signal an die Krankenhausmitarbeiter, dass der Kreis hinter seinen beiden Kliniken in Winnenden und Schorndorf steht. Ein klares Signal an das Sozialministerium, dass man von der Sinnhaftigkeit des innerhalb von gut einem Jahr aufwendig erarbeiteten Medizinkonzepts überzeugt ist. Und dass man ein Wachstum an beiden Standorten für den einzig gangbaren Weg hält, um die Versorgung der Patienten und die Wirtschaftlichkeit der Klinikbetriebe sicherzustellen.

Dieses Signal haben nicht nur der Landrat Richard Sigel und der Klinikgeschäftsführer Marc Nickel in ihren Einführungsworten beschworen. Auch die Redner sämtlicher Fraktionen haben diese neue Einigkeit aufgegriffen und eingefordert.

Am Ende jedoch hat der eigentlich für alle alternativlose Beschluss seine Signalwirkung eingebüßt – durch einen chaotischen Abstimmungswirrwarr über die Frage, ob man die Umsetzung des Medizinkonzepts unter den Vorbehalt einer Förderung des Landes stellen soll. Weil sich das bürgerliche Lager auf der einen und SPD und Grüne auf der anderen Seite nicht auf eine Kompromissformel einigen konnten, ist es in diesem Punkt zu einer unnötigen Kampfabstimmung gekommen.

Die große Chance, die Krankenhausversorgung gemeinsam auf den Weg zu bringen, ist so vertan worden. Genau das wäre aber nach den Erfahrungen von vor neun Jahren, als der Klinikneubau in Winnenden nur mit einer denkbar knappen Mehrheit beschlossen wurde, wichtig gewesen.