2012 provozierten Fans von Fortuna Düsseldorf in der Relegation fast einen Spielabbruch. Foto: dpa

Die Relegation zur Bundesliga hat schon für viele besondere Fußball-Momente gesorgt. Unumstritten ist sie deshalb aber keineswegs.

Stuttgart - Der 17. Mai 1986 markiert für viele Fans von Borussia Dortmund ein besonderes Datum. Relegations-Rückspiel gegen Fortuna Köln. Mit 0:2 hat der BVB das Hinspiel verloren. Im Rückspiel müht sich der Bundesligist mehr schlecht als recht, führt mit 2:1, als die 90. Minute bereits angebrochen, die Hoffnungen der Anhänger längst verflogen ist. Da macht Kölns Torhüter Jacek Jareckis seinen einzigen Fehler. Einen Schuss von Ingo Anderbrügge lässt der Keeper nur abprallen, „Kobra“ Wegmann staubt zum 3:1 ab. Obwohl er den Ball nicht mal richtig trifft. „Es brach der Torjubel des Jahrhunderts los“, erinnerte sich der Torschütze 30 Jahre später. Weil die Auswärtstorregel noch nicht gilt, rettet sich die Borussia in ein Wiederholungsspiel. Das sie in Düsseldorf mit 8:0 gewinnt.

Erweckungserlebnis für Borussia Dortmund

Die so knapp erfolgte Rettung von damals gilt als Erweckungserlebnis für Borussia Dortmund. Der Verein stand finanziell kurz vor dem Exitus. Ein Abstieg – und der Club hätte wohl nie die Entwicklung bis hin zur Nummer zwei in Deutschland genommen. Darüber herrscht in Dortmund heute Konsens. Die Kölner Fortuna hingegen sollte in der Folge nie wieder ans Tor zur Bundesliga klopfen.

Die Geschichte des dramatischen Duells von 1986 hat die Mächtigen der Deutschen Fußball Liga (DFL) wohl auch dazu veranlasst, die zwischenzeitlich aufgelöste Zusatzrunde im Jahr 2009 wiederzubeleben. „Die Relegationsspiele haben immer für große Spannung und Dramatik gesorgt“, begründete der damalige DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus die Entscheidung. „Diesen zusätzlichen Spannungsfaktor wollen wir wieder nutzen.“

Den finanziellen Aspekt hatte die DFL dabei sicher mit im Blick. In puncto Vermarktung sind die Abstiegs-Playoffs ein Hit. Jahrelang liefen die Duelle zwischen dem Drittletzten und dem Dritten der zweiten Liga im öffentlich-rechtlichen Fernsehen. Die Rechte an der diesjährigen Entscheidung zwischen dem VfB Stuttgart und dem SC Paderborn oder Union Berlin (23. und 27. Mai) hat sich erstmals das Bezahlfernsehen (Eurosport) gesichert. Die Rückkehr ins Free-TV wird aber bereits diskutiert.

„Tomorrow my friend“

1991 waren Fernsehen und Geld noch weniger ein Thema. Damals wurde die Relegation (von Lateinisch „relegare“ für Wegschicken, Verbannen) im Zuge der deutschen Wiedervereinigung abgeschafft. Grund war die Aufstockung auf 20 Bundesliga-Teams. Vor zehn Jahren erfolgte schließlich die Rückkehr zum System mit nur zwei festen Absteigern. Die Ursprungsidee ging auf die Einführung der eingleisigen zweiten Liga 1981 zurück.

Lesen Sie hier: Pro und Kontra zur Relegation

Das Drama war seit jeher Prinzip. Nicht nur 1986 in Dortmund. Unvergessen, wie Hamburgs Marcelo Diaz in der Nachspielzeit des Rückspiels beim Karlsruher SC Rafael van der Vaart den Ball wegschnappte („Tomorrow my friend“) und den Freistoß zum erlösenden 1:1 ins Tor zirkelte. Oder der Platzsturm der Fortuna-Fans bei Düsseldorfs Aufstieg gegen Hertha BSC. Oder Klaus Schlappner. 1988, 1989 und 1990 scheiterte der Trainer mit Darmstadt 98 und dem 1. FC Saarbrücken dreimal in Folge – und hatte darauf seinen Spitznamen weg: Fußball-Sisyphos.

Dazwischen war aber auch viel Langeweile. Meist setzte sich der Bundesligist in spielerisch armen Duellen durch. In acht von zehn Fällen seit der Wiedereinführung 2009. In der ersten Relegationsepoche wurde der Erstligist in sieben von zehn Fällen seiner Favoritenrolle gerecht. Nur dreimal durfte der Zweitligist jubeln – so wie 1991 die Stuttgarter Kickers gegen den FC St. Pauli.

Niko Kovac würde die Relegation abschaffen

Unumstritten war die Relegation nie. Für die neutralen Fans ein gern mitgenommenes Happening zum Saisonende, spannt es die Beteiligten meist auf eine Folter der besonders grausamen Art. „Spielerisch ist die Relegation nicht das Beste. Und der nervliche Druck für Spieler und Verantwortliche steigt ins Unermessliche“, klagte Niko Kovac, nachdem er sich 2016 mit Eintracht Frankfurt knapp gegen den 1. FC Nürnberg durchgesetzt hatte. Der Kroate plädierte seinerzeit für die Abschaffung – und hatte ligaintern einige Fürsprecher. Auch viele Zweitligisten rufen verständlicherweise nach dem Modell mit drei festen Aufsteiger.

Bei den 36 Erst-und Zweitligisten ist das Thema Abschaffung momentan aber nicht auf der Agenda. Das bestätigte die DFL auf Anfrage. Die Relegation sei schlicht ein „spannender Abschluss“.