Den Springreit-Parcours anspruchsvoll, flüssig und gleichzeitig fair zu bauen ist die Herausforderung für den Parcoursbauer – Ludger Beerbaum nimmt diese Hürde problemlos Foto: Pressefoto Baumann

Was die Schiedsrichter im Fußball, sind beim Springreiten die Parcoursbauer. Einer schimpft am Ende immer über sie. Auch Luc Musette, der Chef-Designer beim Stuttgarter Reitturnier, hört von Lob bis Kritik alles – manchmal sogar vom selben Reiter.

Stuttgart - Ein Blatt Papier, schwarze Linien, rote Pfeile und zwei grüne Kleckse – was ein wenig ausschaut wie ein Bild einer Dreijährigen ist ein ausgetüftelter Plan. Ausgedacht hat sich diese Zeichnung Luc Musette. Der 57-Jährige ist im zweiten Jahr Parcourschef beim Stuttgarter Reitturnier. „Jeder Tag, jede Prüfung ist immer wieder eine Herausforderung“, schwärmt der Belgier von seiner Arbeit. Für ihn ist der Parcoursbau mehr als ein Job. Es ist eine Kunst mit Hindernissen, mit der man „wunderbare Geschichten“ erzählen kann.

Der belgische Pferdemann ist seit 35 Jahren im Geschäft, hat Erfahrungen auf den größten Turnierplätzen der Welt gesammelt. Auch in Rio bei den Olympischen Spielen im nächsten Jahr wird er assistieren. „Das ist eine Ehre. Olympia ist das Größte, auch für uns Parcoursbauer“, erklärt Musette.

Zunächst einmal muss er aber in Stuttgart die richtige Mischung aus harmonischen und kniffligen Elementen finden. „Perfekt ist es, wenn es einem Parcoursbauer gelingt, die wichtigen Prüfungen schwierig, aber gleichzeitig auch fair zu gestalten“, sagt der deutsche Spitzenreiter Marco Kutscher nach seinem ersten Auftritt in der Schleyerhalle. Beim Eröffnungsspringen ging es ihm darum, seine Pferde an die Halle zu gewöhnen. „Der Parcours war in Ordnung“, sagt er.

Jeden Reiter glücklich zu machen, ist unmöglich

Grundsätzlich aber gilt: Die Geschmäcker sind verschieden. Und glücklich sind mit einem Parcours wohl nie alle. Nicht die Reiter und nicht die Tiere. „Jedes Pferd hat andere Stärken“, erklärt der deutsche Springreiter Ludger Beerbaum. Er findet Luc Musette sei ein guter Aufbauer mit einen hohen Anspruch. „Er arbeitet auf jedem Niveau, draußen und drinnen. Er ist sehr komplett“, sagt Beerbaum. Und vor allem sei er nicht resistent gegen Kritik. Die hagelte es im vergangenen Jahr nach dem Großen Preis auch von ihm. „Da war alles auf eine Fehlerquelle ausgelegt“, sagt Beerbaum. Das sei nicht schön. Musettes Kontakt zu den Athleten ist jedoch gut. „Man redet viel miteinander“, sagt er. Auf persönliche Vorlieben der Reiter und die Stärken oder Schwächen ihrer Pferde nähme er aber keine Rücksicht. Er wüsste ja gar nicht auf welche.

Die Sicherheit der Pferde steht an erster Stelle

Der Parcoursaufbau ist eine Wissenschaft für sich. Viele Faktoren spielen dabei eine Rolle. Zu einfach darf eine Prüfung nicht sein, aber auch nicht zu schwer. „An erster Stelle steht für mich die Sicherheit der Pferde. Immer nur die höchsten Sprünge zu nehmen, das mag ich nicht“, sagt Musette. Aber auch die Hallengröße, das Licht, die Schwierigkeit der Prüfung und die Vorgaben der Veranstalter müssen beachtet werden. „Wir sagen, welche Sponsorensprünge dabei sein müssen“, erklärt Turnierdirektor Gotthilf Riexinger.

Der Aufbau und die Positionierung der Hindernisse würde dann dem Parcourschef überlassen. Seine Handschrift müsse ja am Ende sichtbar werden. Alle zwei bis drei Jahre engagieren die Veranstalter der Stuttgart German Masters übrigens einen neuen Herr über Oxer und Wassergraben. „Das bringt für die Reiter eine gewisse Abwechslung“, erklärt Riexinger. Die schauen mitunter übrigens genau hin, wer verantwortlich für die Hindernisse ist. „Es gibt einen Parcoursbauer, den meide ich“, verrät Ludger Beerbaum.

Die Vorlieben ändern sich jedoch, genauso wie die Arbeit der Parcoursbauer. Die Qualität der Tiere und der Reiter ist gestiegen, zudem wurden Computerprogramme eingeführt. „Es ist ein ganz anderes arbeiten“, erzählt Musette. Nur eines, das bleibe einfach dasselbe: „Die Idee entsteht immer noch hier“, sagt der Parcourschef und zeigt mit dem Finger auf seinen Kopf.