Das Rote Kreuz bietet im Rems-Murr-Kreis spezielle Kurse für Reiter in Erster Hilfe an. Die Nachfrage ist groß.
Backnang - Kathrin Renz sitzt auf dem Boden und hält sich den rechten Unterarm, auf dem eine ziemlich lange blutige Risswunde klafft. Während ihre Reitkollegin Jessica Striegel sich mit Verbandszeug daran macht, ihr zu helfen, scheint das Pferd Endret sich mehr für die Äpfel an einem Baum neben ihm zu interessieren. Erst als Kathrin Renz aufsteht und ihre Helferin grinsend darauf hinweist, „du hättest mir aufhelfen sollen“, weckt das die Neugier des Hengstes. Er streckt den Kopf nach vorne, der Hals wird immer länger, bis die Nase an dem leuchtend weißen Verband schnuppert. Doch scheint Endret etwas anderes erwartet zu haben. Er schüttelt den Kopf und schaut sich wieder nach den Äpfeln um.
Bei Reitunfällen kommt es oft zu Knochenbrüchen
Tatsächlich ist das Pferd an diesem Samstagnachmittag mehr oder weniger Statist. Denn der Erste-Hilfe-Kurs für Reiter gilt Menschen, nicht ihren Rössern. „Wir sind für die Menschen zuständig“, sagt Andrea Steinacker vom Kreisverband Rems-Murr des Roten Kreuzes, die zusammen mit zwei Kolleginnen zum Reitstall Kienzle bei Backnang-Mittelschöntal gekommen ist, um mit 13 Reiterinnen zu üben, was man bei speziellen Unfällen von Reitern unternimmt.
Melanie Burr hat die Gruppe von Reiterinnen mit dem Roten Kreuz zusammen gebracht. Sie hatte von dem Angebot in der Zeitung gelesen. „Wir sind kein Verein, aber eine feste Gruppe von Reiterinnen. Ich hab die anderen gefragt und uns dann angemeldet.“
Dass Reitunfälle drastisch ausfallen können, ist allein schon an der Fallhöhe zu erkennen, die eine Reiterin oder ein Reiter hat. Endrets Rücken ist nahezu mannshoch. „Es gibt aber noch größere Pferde“, klärt Melanie Burr den Laien auf. Neben Knochenbrüchen, Wirbelsäulen- und Kopfverletzungen kann es auch zu offenen Wunden an Armen und Beinen kommen, wenn man zu nahe an Ästen oder Ranken vorbeikommt.
„Da braucht nur eine Brombeerranke über den Weg zu hängen“, sagt Andrea Steinacker. Die Ausbildungsleiterin hat den Erste-Hilfe-Kurs zusammen mit dem Rötleshof konzipiert, einem Reiterhof, der auch auf Backnanger Gemarkung liegt. Neben den Handgriffen nach einer Verletzung wurden auch Präventionsmaßnahmen erdacht. „Man sollte immer mindestens zu dritt ausreiten. Wenn jemandem etwas passiert, kann die zweite Person helfen, die dritte das Pferd halten.“
Hilfe holen wie Fury oder Lassie würde ein echtes Pferd kaum
Wenn dieses nicht schon vor Schreck auf und davon ist. „Die einen rennen davon, andere gleich zurück in den Stall“, diskutieren die Teilnehmerinnen das Verhalten ihrer Pferde. Einig sind sie sich nur in einem Punkt: Um einen heruntergefallenen Reiter würde sich wohl kaum ein Pferd kümmern, geschweige denn wie Lassie oder Fury Hilfe herbeiholen. Höchstens indirekt: „Wenn ein Pferd ohne Reiter zurückkehrt, ist klar, dass etwas passiert ist. Jetzt muss man allerdings noch wissen, wo er steckt“, sagt Andrea Steinacker. Hier hilft eine einfache, aber wirkungsvolle Präventionsmaßnahme. „Man legt Ausrittrouten fest und nummeriert diese. Wenn jemand ausreitet, trägt er oder sie die Nummer der Route auf einem Plan ein. So weiß man zumindest ungefähr den Aufenthaltsort.“
Spezielle Kurse wie für Reiter werden vom Roten Kreuz immer mal wieder ausgearbeitet. „2012 sind Motorradfahrer auf uns zugekommen“, erinnert sich Andrea Steinacker. Und es gibt sogar einen Kurs, wie man Hunde wiederbelebt. „Das macht unsere Hundeführerstaffel.“