Ludger Beerbaum auf Chiara Foto: dpa

Die deutschen Springreiter stellen höchste Ansprüche an sich selbst. Deshalb war die Freude über Silber getrübt. „Es tut auch ein bisschen weh“, bekennt Ludger Beerbaum, der die Chance auf Gold vergeben hatte.

Aachen - Die ersten Glückwünsche zur EM-Silbermedaille gefielen Ludger Beerbaum überhaupt nicht. „Es tut auch ein bisschen weh“, gab der Springreiter zu und schaute zerknirscht. Mit einem fehlerfreien Ritt hätte der Routinier die Goldmedaille für das deutsche Team sichern können. „Es wäre möglich gewesen“, erklärte Beerbaum, während im Hintergrund die Niederländer ihren Sieg bei der Europameisterschaft in Aachen ausgiebig feierten.

„Ich will das nicht schönreden“, kommentierte Beerbaum den zweiten Platz. Er selber hatte Gold angepeilt und mit seiner Kritik vor einigen Wochen für Furore gesorgt. „Es ist schon so, dass wir ein bisschen Gold verloren haben.“ Seine Kollegen wirkten nicht ganz so frustriert wie der 51 Jahre alte Vorreiter.

Beerbaum und Deußer vergeben Chancen

„Es ist auch Enttäuschung dabei“, kommentierte Bundestrainer Otto Becker den zweiten Platz. Ärgerlich war es, weil zunächst Beerbaum und dann auch noch Daniel Deußer die Chance auf den Sieg vergaben. „Wir waren ganz nahe dran“, sagte Becker: „Wir haben gekämpft bis zum Schluss.“

Bereits vor einem Jahr hatten die Niederländer Gold bei der WM in Caen gewonnen. Die Schweiz schob sich noch auf den Bronzerang. „Das Gold war drin, wir waren in Schlagdistanz, und es war spannend bis zum Schluss“, sagte Dennis Peiler, Sportchef des deutschen Reitverbandes FN: „Wir können aber auch mit der Silbermedaille zufrieden sein.“

Beerbaum fällt in Einzelwertung zurück

In der Einzelwertung fiel Beerbaum mit der Stute Chiara vom zweiten auf den siebten Platz zurück. Der 51 Jahre alte Reiter aus Riesenbeck benötigt eine Aufholjagd, um am Sonntag zum dritten Mal Einzel-Europameister zu werden. Es führt der Spanier Sergio Alvarez Moya mit Carlo vor dem Ukrainer Carlos Rivetti mit Vivant. Elfter ist jetzt Christian Ahlmannn.

Einen starken Auftakt beim Team-Wettbewerb schaffte Meredith Michaels-Beerbaum. Im Sattel von Fibonacci ritt die 45-Jährige aus Thedinghausen sicher über den 580 Meter langen Parcours. Auch am Wassergraben, wo sie am Vortag vier Strafpunkte gesammelt hatte, sprang Michaels-Beerbaum mit ihrem zehn Jahre alten Wallach souverän. „Ich habe gewusst, das es gestern ein Reiterfehler am Wasser war - ich habe mich geärgert“, sagte die Reiterin. Aber sie habe „das akzeptiert und meinen Kopf klar gemacht.“ Daher sei es kein Problem gewesen.

Ahlmann macht keinen Fehler

Genauso perfekt sah der Ritt von Christian Ahlmann mit Taloubet aus. Souverän lenkte der Doppel-Europameister von 2003 seinen Hengst über die 16 Hindernisse und machte - im Gegensatz zum Donnerstag - keinen Fehler. „Die Planke war eine Fehlerquelle, aber es ging gut“, kommentierte der 40-Jährige aus Marl.

Ludger Beerbaum hätte Gold perfekt machen können, doch der 51-Jährige kassierte mit seiner Stute Chiara als vorletzter deutscher Starter einen Abwurf - anders als bei den ersten beiden Teilprüfungen. Beerbaum, der bereits sechs goldene EM-Medaillen daheim in Riesenbeck hat, lenkte seine zwölf Jahre alte Stute zunächst sicher über den Rasen des größten Reitstadions der Welt, patzte aber in der Dreifachen Kombination. „Am Ende war ich zu viel in der Vorwärtsbewegung“, kommentierte Beerbaum. Nach der Planke hatte er „einen inneren Energieabfall“, wie er es selbst nannte.

Nicht viel besser erging es Deußer. Der Reiter hatte mit seinem Schimmel wie am Vortag eine Abwurf. Der in Belgien lebende Reiter erklärte dennoch: „Der Fehler war ärgerlich, aber ich bin mit Silber durchaus zufrieden.“

Es scheint, als ob Beerbaums Ruck-Rede zumindest ein bisschen geholfen hat - auch wenn es nicht für Gold reichte. Nach einer langen Zeit ohne deutsche Siege in Nationenpreisen hatte der 51-Jährige vor ein paar Wochen in Mannheim gefordert: „Es muss jetzt mal ein Ruck durch uns gehen. Wir müssen uns zusammenreißen, um bei der Euro vorne zu stehen.“