Eine Regelung aus dem Europarecht kann die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Reiseveranstalter ausstechen, entscheidet das Europagericht.
Das Gericht der Europäischen Union ist für seine verbraucherfreundlichen Urteile bekannt, besonders im Reiserecht. Am Montag sind nun zwei Entscheidungen hinzugekommen, die dieser Linie folgen – und Verbrauchern den Zugang zu Gerichten künftig erleichtern.
Versicherung setzt sich nicht durch
In einem Fall setzten sich Verbraucher mit ihren Ansprüchen gegen Versicherungen durch, die Reiseveranstalter für den Fall des eigenen Konkurses abgeschlossen hatten. Im Jahr 2020 waren potenzielle Urlauber aus Österreich und Belgien wegen der Corona-Pandemie von ihren gebuchten Pauschalreisen nach Gran Canaria und der Dominikanische Republik zurückgetreten. Sie waren nicht die einzigen – der Reiseveranstalter ging insolvent. Die Versicherer verweigerten eine Erstattung mit der Begründung, dass die Reise nicht wegen der Insolvenz, sondern wegen des Rücktritts nicht stattgefunden habe. Das ließ das Gericht nicht gelten. Was die Absicherung betrifft, so gebe es keinen Grund, „Reisende, deren Pauschalreise aufgrund der Insolvenz des Reiseveranstalters nicht durchgeführt werden kann, anders zu behandeln als Reisende, die aufgrund unvermeidbarer und außergewöhnlicher Umstände von ihrer Reise zurückgetreten sind“, so das Gericht.
In Mailand wäre die Sache klar gewesen
Das Ergebnis aus einem anderen Verfahren wird in der Praxis mutmaßlich häufiger Anwendung finden. Das Gericht schafft für Verbraucher zusätzliche Gerichtsstände für Klagen. Ein Verbraucher mit Wohnsitz in Nürnberg hatte bei einem Reiseveranstalter mit Sitz in München eine Auslandsreise gebucht, fühlte sich falsch beraten und verklagte das Unternehmen in seinem Wohnort Nürnberg. In den Reiseverträgen ist gewöhnlich geregelt, dass der Gerichtsstand am Ort des Reiseveranstalters liegt.
Hätte der Kunde nicht in München, sondern bei einem Veranstalter in Mailand oder Madrid gebucht, so wäre die Brüssel-1a-Verordnung unzweifelhaft zur Anwendung gekommen. Sie regelt unter anderem die Zuständigkeiten im grenzüberschreitenden Privatrecht. Der Verbraucher hätte an seinem Wohnsitz Klage erheben können. Das Gericht hat nun festgestellt, dass die Verordnung auch dann anzuwenden ist, wenn Reisewilliger und Reiseveranstalter in ein und demselben Mitgliedsland zu Hause sind. So sei zu erreichen, dass der Verbraucher als schwächere Partei die stärkere Partei vor einem Gericht verklagen kann, das für sie leichter zu erreichen ist.