Gewinnertypen, Hammertypen, Überflieger . . . und andere Dinge, die Sie über Superhelden wissen sollten. All das erfahren Sie in unserer Bildergalerie. Foto: dpa

Seit es Menschen gibt, sehnen sie sich nach Siegertypen – nach fiktiven mehr noch als nach realen. Eine neue Ausstellung beleuchtet in Düsseldorf das Phänomen der Superhelden. Zu sehen gibt es klassische Comics, aber auch den Nachbau eines berühmten Superhelden-Wagens.

Kennen Sie die Helden aus dem Marvel- und DC-Universum? Jene fantastische Welt von Spider-Man, Thor, Iron Man, Captain America und Wolverine, Batman, Superman und Green Lantern. Seit den 1930er Jahren veröffentlichen die beiden US-Verlagsriesen Sprechblasen-Abenteuer von Rettern und Schurken, die allesamt außergewöhnlich sind. Auch im Kino sind die Weltenretter längst omnipräsent.

Ewiger Kampf zwischen Gut und Böse

Dem Kosmos dieser und weiterer Superhelden im ewigen Kampf zwischen Gut und Böse widmet sich ab Freitag (13. September) eine Ausstellung im Düsseldorfer NRW-Forum. Unter dem Titel „Superheroes“ werden bis zum 11. Mai 2025 Comic-Hefte, Originalskizzen berühmter Zeichner, lebensgroße Skulpturen, Action Toys und Filmszenen präsentiert.

1600 Exponate sind Teil der Schau, wie das Museum mitteilt. In insgesamt elf Themenbereichen werde die Vielfalt des Genres präsentiert, von Mythen und Blockbustern über Manga und Anime bis hin zu Politik und Propaganda, heißt es weiter.

Lebensgroße Figuren und Ahnengalerie

Vor dem Hintergrund der Entstehung der ersten Superhero-Geschichten in den 1930er Jahren in den USA spannt die Ausstellung einen Bogen von der griechischen Mythologie über literarische Vorläuferfiguren wie Zorro bis zur Gründung der großen Comicverlage Marvel und DC.

Eines der Highlights der Ausstellung ist ein Nachbau des Batmobil. Daneben präsentiert das NRW-Forum 150 limitierte Statuen der bekanntesten Superhelden, darunter lebensgroße Figuren wie Spider-Man und Batman sowie Hunderte limitierte Sammler-Figuren in einer Ahnengalerie. Ergänzend dazu werden Werkzeuge wie Thors Hammer sowie Capes oder Masken gezeigt, die den Charakteren ihre Superkräfte verleihen.

Popkulturelles Genre

Neben historischen Heldenfiguren und bekannten Superhelden werde die Schau auch auf die neuesten Entwicklungen des popkulturellen Genres blicken, erklärt der künstlerische Leiter des NRW-Forums und Kurator der Ausstellung, Alain Bieber.

Dem in Düsseldorf geborenen Comic-Zeichner Nic Klein, einem von nur drei Marvel-Zeichnern in Deutschland, widmet die Ausstellung einen eigenen Raum mit seinen Originalzeichnungen für die Comicverlage Marvel und DC, darunter Hulk, Thor, Captain America oder Punisher.

Seit dem Erfolg der „Batman“- (ab 1989) und „X-Men“-Saga (ab 2000) erscheinen immer neue Abenteuer. Verfilmungen von DC- und Marvel-Comics wie „Batman Begins“, „The Avengers“, „Guardians of the Galaxy“ oder „The First Avenger: Civil War“ waren durchweg Kassenschlager.

Postheroische Gesellschaft

In der Realität sieht die Sache mit den (Super)Helden indes etwas anders aus. Wir leben in einer „postheroischen Gesellschaft“, stellt der Berliner Politikwissenschaftler Herfried Münkler fest. Nach zwei von ihnen entfachten Weltenbränden sind viele Deutschen des Heldentums überdrüssig. Sie haben genug von Heroen und Heroismus, falschem Pathos und Heldenlügen. Ganze Generationen ließen sich von skrupellosen Herrschern und brutalen Diktatoren instrumentalisieren, im Namen menschenverachtender Ideologien in den Tod schicken und zu Mittätern an unvorstellbaren Menschheitsverbrechen machen.

Der Philosoph Jürgen Habermas erklärte wenige Monate nach den Terroranschlägen von Islamisten auf das World Trade Center in New York und das Pentagon in Washington am 11. September 2001: „Mir scheint, dass sich, wo immer ‚Helden‘ verehrt werden, die Frage stellt, wer das braucht und warum.“

„Unglücklich das Land, das Helden nötig hat“

Stimmt es, was Bertolt Brecht den Physiker Galileo Galilei in seinem Theaterstück „Leben des Galilei“ sagen lässt? „Unglücklich das Land, das Helden nötig hat!“

Andererseits ist die Sehnsucht nach Helden dem Menschen immanent. Helden zu haben, ist dem Berliner Medienwissenschaftler Norbert Bolz zufolge ein Privileg der Jugend. „Man ist genau so lange jung, wie man Helden hat, die man verehrt.“ Wer keinen Helden habe, lebe ein Leben, „das nicht lebenswert ist“.

So selten es schon wahre Helden unter den Menschen gibt, so unmöglich ist es, Superhelden unter ihnen zu finden. Denn sie existieren nur in der Fiktion. Ihre Heldentaten sprengen die Fesseln des Daseins.

Sie erfinden Dinge, die eigentlich unerfindbar sind – wie Iron Man. Mutieren vom Versager zum furchtlosen Kämpfer für das Gute – wie Captain America. Besitzen Fähigkeiten, über die kein Normalo verfügt – wie Wolverine, der Super-Typ aus der „X-Men“-Liga. Ein Mutant mit den Sinnen eines Raubtiers und unfassbaren Selbstheilungskräften.

Die Zeit der Helden ist (wieder) gekommen

Die Zeit der Helden ist gekommen, wenn Unruhe, Unsicherheit und Umwälzungen herrschen. Reale Helden wie fiktive Superhelden müssen sich bewähren, wenn Gefahr im Verzug ist, Kampf, Krieg und Unheil drohen. Dass der „Krieg der Vater aller Dinge und der König aller“ ist, hat schon der griechische Philosoph Heraklit gewusst.

„Die einen macht er zu Göttern, die andern zu Menschen, die einen zu Sklaven, die andern zu Freien.“ Und Superhelden? Sie lässt er erst hier zu ihrer wahren Bestimmung finden.

Auch wenn die deutsche Gegenwartsgesellschaft laut Münkler „postheroisch“ ist – und wegen der historischen Hypothek auch sein muss –, bedeutet dies nicht, dass die Sehnsucht nach Helden endgültig erledigt ist. Im Gegenteil: Sie weicht aus ins Fiktionale.

Fiktion und Fantasie werden durch die Wunderwelt des Kinos zur Spielweise, auf der sich Helden und Superhelden nach Lust und Laune austoben und die Welt vor Scharen von Bösewichten, Feinden und Invasoren retten können.

Superhelden geht es um Stolz und Herz, Hingabe und Leidenschaft

In der Realität sind „Heldentaten“ und „Heldentode“ allzu oft als sinnlos entlarvt worden. In der fiktiven Welt der Mythen, Legenden und des Kinos dagegen gibt es eine „ganz andere Dialektik“, wie Bolz betont. „Der Held ist der Outlaw, der sich als großer Mann durchsetzen kann.“

Wie Achill, der Archetyp des antiken Heros, sei er „ganz und gar in seinen Taten“. Dem Helden gehe es „um Stolz, Herz, Hingabe, Leidenschaft“. Er wägt nicht Risiko und Nebenwirkungen ab. Gefahr sei für ihn ein Abenteuer, das er sucht und in dem er seine Mission findet.

Ohne Ben Hur, El Cid, Robin Hood oder Zorro ist das Kino undenkbar. Wenn historische Helden nicht mehr ausreichen, um die Sehnsucht der Menschen zu stillen, treten Superhelden auf den Plan. „Die Helden-Figur hilft, die eigene Unzulänglichkeit zu kompensieren“, erklärt der Freiburger Soziologe Ulrich Bröckling. „Helden tun etwas, damit wir es nicht zu tun brauchen.“

Sieg des Guten über das Böse

Was Comics und ihre Filmadaptionen für Wissenschaftler wie für Zuschauer gleichermaßen so fesselnd und spannend macht, ist, dass sie gesellschaftliche Phänomene und Trends widerspiegeln. An globalen und regionalen Krisen mangelt es wahrlich nicht.

Die Wirklichkeit ist aber zu komplex und widersprüchlich, als dass sich einfache Lösungen anbieten würden. Selbst ein Superheld wie Captain America oder eine Gruppe Unerschrockener wie die Avengers würden sich in ihrem Gestrüpp heillos verheddern und müssten zwangsläufig scheitern.

Die Fiktion macht möglich, was der Realität versagt bleibt: der Sieg des Guten über das Böse. Mit ihren Superkräften stehen Superhelden der Menschheit bei, spenden selbst in den misslichsten Lagen noch Trost und Hoffnung. Natürlich sollte man nicht allzu viel aktuelle Bezüge und reale Probleme in die cineastischen Epen hineininterpretieren.

Postheroische Bürger und Fantasiewelt

Wonder Woman, X-Men, Spider-Man, The Green Lantern, Batman oder The Avengers wollen unterhalten, zum Staunen anregen und „postheroische“ Bürger für einige Stunden in fantastische Welten entführen.

Die menschliche Sehnsucht nach Helden ist kaum weniger irrational und fantastisch als die Realität in den Superhelden-Filmen. Das Schöne ist, dass beide gerade deshalb so trefflich zusammenpassen und sich wundervoll ergänzen (mit dpa-Agenturmaterial).