In rauer Umgebung fühlt sich der Bergsteiger Messner wohl – hier im Jahr 1990 Foto: dpa

Reinhold Messner zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten im deutschsprachigen Raum. Und zu den umstrittensten. Am Mittwoch feiert der Südtiroler seinen 70. Geburtstag. Dafür hat er sich etwas ganz Besonderes ausgedacht.

Bozen - Auch an seinem 70. Geburtstag bleibt Reinhold Messner ganz er selbst. „Ich habe schon immer Privates von Öffentlichem getrennt“, sagt der verheiratete Vater von vier Kindern. Deshalb wird er den Tag im Kreise seiner Familie und engsten Freunde verbringen. Ohne Journalisten, ohne Rummel. „Ich finde es unendlich peinlich, wie alle ihre Geburtstage und Hochzeiten öffentlich feiern“, sagt er. Messner hat stattdessen seine Vertrauten zu einem „Geburtstagsbiwak“ eingeladen. „Wir feiern im kleinen Kreis auf einer Hochalm, schlafen im Freien und hoffen einfach auf gutes Wetter“, sagt er und lacht.

So zurückhaltend war und ist der berühmte Südtiroler nicht immer. Sein Leben ist geprägt von Grenzgängen. In sportlicher, geschäftlicher, aber auch menschlicher Hinsicht. „Ich will alles im Leben gut und konsequent machen“, hat Messner einmal gesagt. Das hat nicht nur ihn selbst, sondern auch seine Gefährten manchmal an Grenzen geführt. Seine strikte Haltung gegen den Massentourismus, sein Plädoyer für die Erhabenheit der Hochregionen, in denen nicht jeder etwas zu suchen hat, hat ihm nicht nur Freunde beschert. Mit dem Deutschen Alpenverein etwa pflegt er seit Jahren eine ausgeprägte gegenseitige Abneigung.

Seine Konsequenz und seine klaren Worte bieten Angriffsfläche – genauso wie früher seine bergsteigerischen Alleingänge. Bergikone Luis Trenker sagte einmal über Messner und dessen Medienpräsenz, er sei „viel zu eitel“. Die Geschichte um den Tod von Messners jüngerem Bruder Günther, der 1970 am Nanga Parbat im Himalaja bei einer Expedition mit Reinhold ums Leben kam, hat das Zeug zum Mythos. Den Vorwurf, eine Mitschuld zu tragen, ist Messner trotz aller Erzählungen, Filme und Beweise nie ganz losgeworden. Die Kritiker stehen immer parat. „Ich sage vieles überspitzt, damit eine Diskussion entsteht“, kontert Messner, „nur langweilige Leute polarisieren nicht.“

Messner ist der Erste, der alle Achttausender besteigt

Langweiligkeit kann man dem Jubilar fürwahr nicht vorwerfen. Bergsteiger, Abenteurer, Philosoph, Autor, Politiker, Umweltschützer, Stiftungsgründer – das ist nur ein kleiner Ausschnitt aus seinen Tätigkeiten. Alle Dinge habe er jeweils etwa zehn Jahre lang betrieben, wie einen Beruf, sagt Messner. Zuvorderst natürlich das Extrembergsteigen, das ihn in den 70er Jahren berühmt gemacht hat. Das Villnößtal, in dem er mit acht Geschwistern aufgewachsen ist, wird dem studierten Vermessungstechniker und ehemaligen Mathematiklehrer dabei schnell zu eng. Es zieht ihn in die Welt. Er erklimmt als erster Mensch alle 14 Achttausender, erreicht 1978 als Erster den Gipfel des Mount Everest ohne Sauerstoff und prägt den puristischen Alpinstil einer ganzen Bergsteigergeneration. Ohne Heldenepos, ohne Kameradschaftskult. Später durchquert er die Antarktis, Grönland und die Wüste Gobi.

Doch Messner wendet sich auch anderen Zielen zu. Er sitzt einige Jahre für die Südtiroler Grünen im Europaparlament. Er hat bis heute mehr als 80 Bücher geschrieben und nach eigener Aussage noch Ideen für einige mehr auf Lager. Messner ist an Filmproduktionen beteiligt und tourt regelmäßig mit Vorträgen durch die Lande. Wer ihn sprechen will, muss sich kurz fassen, denn Zeit ist in der Regel knapp.

Sein bisher größtes Projekt sind die Messner Mountain Museen in Südtirol. Jedes Haus befasst sich unter einem anderen Schwerpunkt mit dem Mensch und den Bergen. Im Winter soll das sechste und letzte Museum auf dem Berg Kronplatz bei Bruneck fertig sein. Spektakuläre Architektur erwartet die Besucher. „Das wird sehr elegant. Ein solches Haus konnte ich bisher noch nicht machen. Wir werden die Berge draußen emotional nach innen spiegeln“, schwärmt der Hausherr. Um das Mammutprojekt zu verwirklichen, musste er viele Hindernisse aus dem Weg räumen, Gelder einsammeln, Kritiker überzeugen. Mit aller Konsequenz, wie so oft.

Künftig will Messner Filme machen

Zur Ruhe setzen will sich Messner damit noch lange nicht. Zu viel treibt ihn um, zu viele Ideen gibt es noch. In Zukunft will er sich als Filmemacher versuchen. „Das wird mein nächstes großes Projekt“, sagt er, „denn ich habe noch nie selbst einen Film von A bis Z gemacht.“ Natürlich soll es darin um Berge gehen, um eine Geschichte in der Tradition des Autorenkinos. „Eine Geschichte, die die Menschen mitnimmt in die Welt der Berge. Zumindest davon verstehe ich sicher mehr als die meisten anderen“, sagt Messner. Das werden selbst seine größten Kritiker nicht bestreiten.

Der Siebzigste, beteuert Messner, bedeute ihm nichts. Er sei nur eine Zahl. Und doch habe er in gewisser Weise auf das große öffentliche Interesse daran reagieren müssen. Pünktlich zum Geburtstag ist deshalb sein neues Buch „Überleben“ erschienen. Als sein persönlichstes Werk bezeichnet Messner es: „Es ist philosophisch. Darin sage ich radikal, was meine Meinung zu verschiedenen Themen ist.“ Das dürfte ihm nicht schwergefallen sein. Der Grenzgänger bleibt sich eben treu.