Auf offener Straße hat der Angeklagte neun Frauen beraubt. Foto: StZ

Das Landgericht Stuttgart hat einen Bulgaren zu fast sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Der Mann hatte in Stuttgart neun Frauen auf offener Straße überfallen.

Stuttgart - Der Mann war gerade einmal zwei Tage in Stuttgart, ehe er eine Raubserie hinlegte, die das „öffentliche Sicherheitsgefühl erheblich beeinträchtigte“, sagt Rainer Gless, Vorsitzender Richter der 7. Strafkammer des Landgerichts. Am Dienstag verurteilte die Strafkammer den 27-jährigen Bulgaren wegen Raubs und vorsätzlicher Körperverletzung zu fünf Jahren und acht Monaten Gefängnis.

„Eine besondere Verwerflichkeit“ attestiert Gless dem Angeklagten, da mehrere seiner zehn Opfer hochbetagt gewesen seien. Einige davon seien auf Gehstock und Rollator angewiesen – leichte Opfer also.

Der Angeklagte hat offensichtlich nichts aus seiner Vergangenheit gelernt. Mitte 2014 hatte der 27-Jährige in Wien acht Frauen auf die gleiche Weise wie später in Stuttgart überfallen. Damals hatte ein Komplize den Takt vorgegeben. Der Komplize spähte die Opfer aus und hieß den 27-Jährigen, diese zu verfolgen und in Treppenhäusern zu überfallen. Taschen wurden entrissen, Ketten von Hälsen gefetzt. In den meisten Fällen war der Räuber brutal vorgegangen.

Erster Überfall nach nur zwei Tagen

Die Wiener Polizei fasste das Duo, der Bulgare wurde zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Als er entlassen wurde, verbrachte er einen Monat in seiner Heimat. Dort allerdings sah er keine Perspektive. Keiner seiner Angehörigen wollte etwas mit ihm zu tun haben. „Er ist sicher eine entwurzelte Persönlichkeit“, so Richter Gless.

Angeblich hat ihm ein Kumpel Arbeit in Stuttgart angeboten. Am 25. Mai 2017 traf der Mann per Bus in Stuttgart ein. Arbeit habe es keine für ihn gegeben, sagt er. Also machte er sich auf die Pirsch. Er fuhr stundenlang mit der S-Bahn umher und suchte Opfer. Nur zwei Tage nach seiner Ankunft überfiel er gegen 23.45 Uhr einen 76-jährigen Mann in Botnang. Dabei schleifte er den Geschädigten über den Boden, da der Senior seine Herrenhandtasche nicht loslassen wollte. Das Opfer trug Zerrungen und Prellungen davon, die Beute war gleich null. In der Tasche war nichts Wertvolles.

Das älteste Opfer war 90 Jahre alt

Fast im Tagestakt ging es weiter. Der Bulgare, der sich in seiner Heimat als Waldarbeiter durchgeschlagen hatte, überfiel in der Innenstadt neun Frauen im Alter von 27 bis 90 Jahren. Er war nicht zimperlich. Wie bei seinen Überfällen in Wien zögerte er auch in Stuttgart nicht, Gewalt anzuwenden. Einer 90-Jährigen drückte er den Kopf gegen eine Wand, eine 88-Jährige stieß er in ein Gebüsch, eine 50-Jährige stieß er eine Treppe hinunter. Seine Beute waren immer nur ein paar Dutzend Euro, manchmal eine oder zwei Goldketten. Seine Opfer hätten nicht nur körperliche Verletzungen, sondern auch psychische Folgen davongetragen, so Richter Rainer Gless. Staatsanwalt Hermann Wimmer hatte sechseinhalb Jahre Haft beantragt, Verteidiger Stefan Holoch fünf Jahre.

Er habe das Geld für Alkohol und Spielautomaten gebraucht, sagte der Angeklagte vor Gericht. Geschlafen habe er auf Bänken oder in der S-Bahn.

Der Mann hatte ein umfassendes Geständnis abgelegt. Bei den drei Frauen, die als Zeuginnen auftraten, entschuldigte er sich. „Was ich getan habe, war scheiße“, so der Bulgare. „Ja, das war richtig scheiße“, antwortete eine 27-jährige Frau aus Fellbach, die der Mann am Eugensplatz überfallen hatte.