Reichsbürgern bedeuten Pässe der Bundesrepublik nichts. Sie erstellen sich eigene (Foto) – beliebt ist auch der Staatsangehörigkeitsausweis. Foto: dpa

Immer wieder haben Reichsbürger das Landratsamt auf Trab gehalten – jetzt will dieses dem Treiben einen Riegel vorschieben. Staatsangehörigkeitsausweise bekommt nur noch, wer einen „triftigen Grund“ vorweist.

Rems-Murr-Kreis - Das Landratsamt Waiblingen hat auf die Arbeitslast durch sogenannte Reichsbürger reagiert. In einer Mitteilung heißt es, Staatsangehörigkeitsausweise würden ab jetzt nur noch „bei Nachweis eines berechtigten Interesses“ ausgestellt. Diese Papiere sind bei vielen Verschwörungstheoretikern begehrt: In ihren Augen ist die Bezeichnung Personalausweis nämlich der Beweis dafür, dass Bürger der Bundesrepublik in Wahrheit Angestellte einer Deutschland-GmbH sind. Als einzig wahrer Nachweis deutscher Staatsangehörigkeit gilt ihnen der Staatsangehörigkeitsausweis.

Dieses Dokument wird etwa benötigt, um ein ausländisches Kind zu adoptieren, das dadurch die deutsche Staatsbürgerschaft erlangen würde. Laut dem Landratsamt haben Reichsbürger den gelben Schein oft „ohne erkennbaren Anlass“ beantragt. Daher der jetzt angekündigte Schritt: „Auf diese Weise streichen wir unnötigen Verwaltungsaufwand“, so der Landrat Richard Sigel.

Landratsamt schult Mitarbeiter im Umgang mit Reichsbürgern

Die Reichsbürger haben das Landratsamt offenbar gehörig auf Trab gehalten – denn die Neuerung bei den gelben Scheinen ist nicht die einzige. Die Kreisbehörde hat ihr Personal jüngst im Umgang mit den Verschwörungstheoretikern geschult. Die Fachstelle für Demokratieförderung und Rechtsextremismusprävention hat Mitarbeitern aus allen Dezernaten gezeigt, wie sie sich Reichsbürgern gegenüber verhalten können, wie sie auf Konfliktsituationen reagieren und einschätzen können, ob ihr Gegenüber eine mögliche Gefahr für andere Menschen darstellt. Anhand von Videobeispielen wurden verschiedene Situationen mit Reichsbürgern analysiert und diskutiert. Eine Diplom-Psychologin griff außerdem Fälle auf, die den Mitarbeitern im Alltag bereits begegnet waren.

Im vergangenen Jahr fielen in Korb Schüsse wegen eines Reichsbürgers

Reichsbürger erkennen die Existenz und die Gesetze der Bundesrepublik nicht an. Manche belassen es dabei, Ämter und Behörden mit zahllosen Anfragen und Eingaben zu bombardieren. Vor einigen Jahren stand ein selbst ernannter Reichsfinanzminister wegen Betrugs vor dem Göppinger Amtsgericht. Im Jahr 2015 verurteilte das Schorndorfer Amtsgericht einen Reichsbürger wegen Volksverhetzung.

Doch nicht immer bleibt es bei verschwurbelten Schriftstücken oder rassistischen Worten: Im August des vergangenen Jahres hatte sich ein Autofahrer, der der Reichsbürgerbewegung angehört, geweigert, bei einer Polizeikontrolle seine Papiere vorzuzeugen. Als ein Polizist versuchte, die Schlüssel aus dem Auto abzuziehen, gab der Reichsbürger Gas, schleifte den Beamten einige Meter mit und hielt erst an, nachdem ein Polizist auf einen Reifen geschossen hatte.