Laut Zeugenaussagen hat sich die Tat unter anderem vor diesem Holzstapel abgespielt. Foto: SDMG/Archiv

Ein 34-Jähriger, der Ende Februar seine Frau aus Eifersucht und enttäuschter Liebe erwürgt haben soll, hat laut einem Psychiater zwar unter Alkoholeinfluss und im Affekt gehandelt. Dennoch hätte er sein Handeln beherrschen und steuern können.

Reichenbach - Dass der 34-jährige Angeklagte seine Frau am 26. Februar frühmorgens in Reichenbach getötet hat, ist nach der bisherigen Beweislage wohl unstrittig. Vor der 1. Schwurgerichtskammer des Landgerichts Stuttgart geht es unter anderem auch darum, ob seine Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt war, als er die 32-Jährige im Streit erwürgte. Zur Tatzeit soll er nach ausgiebigem Wodka-Konsum etwa 2,1 Promille Alkohol im Blut gehabt haben. Dennoch bescheinigt ihm ein psychiatrischer Gutachter bei der Prozessfortsetzung am Donnerstag, voll schuldfähig gewesen zu sein – obwohl er im Affekt und im betrunkenen Zustand gehandelt habe.

Der Tat an jenem frühen Sonntagmorgen war eine lange schwelende Ehekrise vorausgegangen. Die Frau hatte am Arbeitsplatz einen Mann kennen und lieben gelernt, was ihr Mann schließlich herausfand. Unter dem fast ein Jahr dauernden „Hin und Her“ habe der 34-Jährige sehr gelitten, berichtete der Psychiater, der sich gründlich mit dem Fall und dem mutmaßlichen Täter befasst hat. Dieser habe einen ausgeprägten Wunsch nach Klarheit und Eindeutigkeit, es falle ihm schwer, Unsicherheit auszuhalten. Der Angeklagte habe ihm detailliert berichtet, wie er den Höhepunkt der Eskalation erlebt habe. Demnach sei seine Frau kurz vor der Tat von einem Schäferstündchen mit ihrem Geliebten nach Hause gekommen. Sie habe ihm eröffnet, sich von ihm zu trennen und sie habe ihn unter anderem mit der Aussage provoziert: „Ich bumse mit wem ich will und wann ich will“. Daraufhin habe er sie geschlagen und gewürgt, um sie zu zwingen, den Namen des Liebhabers preiszugeben.

Für das Opfer kam jede Hilfe zu spät

Er habe aber wieder von ihr abgelassen und ihr gegenüber beteuert, nur reden zu wollen. Sie habe ihn darum gebeten, ihr ein Glas Wasser zu bringen. Das habe sie ausgenutzt, um über die Terrasse ins Freie auf das Nachbargrundstück zu fliehen. Sie klingelte und klopfte gegen die Haustür der Nachbarn, was diese auch bestätigt haben. Geöffnet haben sie nicht. Inzwischen war der 34-Jähriger seiner laut um Hilfe schreienden Frau gefolgt, schlug ihr mit der Faust ins Gesicht und würgte sie erneut, um sie zum Schweigen zu bringe. Den danach leblosen Körper trug er zurück ins Haus.

Er bestreitet, ihr dort noch einmal die Kehle zugedrückt zu haben. Als schließlich die von den Nachbarn alarmierte Polizei und und der Rettungsdienst am Tatort eintrafen, kam für die Frau jede Hilfe zu spät. Eine Notärztin versuchte fast 30 Minuten lang erfolglos, sie zu reanimieren und trug schließlich 4.37 Uhr als Sterbezeit in das Rettungsprotokoll ein.

Die Alkoholisierung des Angeklagten könne allenfalls als schuldmindernd beurteilt werden, sagte der Psychiater. Dieser sei zwar nicht vom Alkohol abhängig, diesen durchaus gewöhnt. Sicherlich habe er im Affekt gehandelt. Doch seine Steuerungs- und Einsichtsfähigkeit sei nicht beeinträchtigt gewesen. Schließlich habe er zunächst von seinem Opfer abgelassen, sei ihm dann gefolgt und habe es im Freien erneut traktiert, um es dann wieder ins gemeinsame Haus zurückzubringen. Das lasse auf ein „situatives Verständnis“ schließen. „Wenn das Gehirn in der Lage ist, auf Veränderungen zu reagieren, sollte es auch in der Lage sein, die Affekte zu beherrschen und zu steuern“, erklärte der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie.

Keine psychische Erkrankung beim Angeklagten

Eine psychische Erkrankung oder Beeinflussung des 34-Jährigen schließt der Mediziner aus. Aggressivität sei nur seiner Frau gegenüber bekannt. Läge eine „dauerhafte Persönlichkeitsproblematik“ vor, hätte sich das „auch auf andere Lebensbereiche wie etwa den Arbeitsplatz auswirken müssen“. Doch der Angeklagte sei von Zeugen überwiegend als ruhig und gelassen beschrieben worden. Ihm gegenüber habe der Mann beteuert, er habe nie die Absicht gehabt, seine Frau zu töten. Die Verhandlung wird fortgesetzt.