Eine verbindliche E-Auto-Quote wie etwa in China und Kalifornien plant Brüssel nicht. Foto: imago

Die Europäische Kommission muss die Mitte wahren, wenn sie neue Verbrauchsgrenzen für Autos vorschlägt, meint Brüssel-Korrespondent Markus Grabitz.

Brüssel - Der heutige Mittwoch könnte der Schicksalstag für die Schlüsselbranche der deutschen Industrie werden. Die Brüsseler EU-Kommission wird Vorschläge unterbreiten, den Spritverbrauch von PKW und Transportern bis 2030 drastisch zu reduzieren. Zudem soll der Anteil von sauberen Fahrzeugen, vor allem E-Autos, unter den künftigen Neuwagen kräftig steigen.

Für die Zukunft der Automobilbranche ist alles drin: Bei einer zu scharfen Gangart durch die EU-Kommission könnten die Fahrzeuge der gehobenen Mittelklasse, mit denen die deutschen Hersteller bis heute gutes Geld verdienen, in wenigen Jahren Ladenhüter werden. Andererseits tut der Branche vielleicht ein Impuls der Regulierung ganz gut. Die deutschen Hersteller haben zu lange auf den Verbrennungsmotor gesetzt. Bei der Batterietechnik sind die Asiaten weiter. Und der große Konkurrent in den USA verdient zwar kein Geld mit seinen E-Autos. Doch er hat es immerhin geschafft, E-Autos trendig zu machen.

Europäische Hersteller haben vor allem Benzin und Diesel im Blut

Das kann man von den europäischen Marken nicht behaupten. Sie haben immer noch vor allem Benzin und Diesel im Blut. Da kann es nützlich sein, wenn die EU jetzt die Hersteller über eine ambitionierte Regulierung dazu zwingt, bei der Zukunftstechnologie besser zu werden. Dabei ist nur klar, dass sich die Mobilität in der Zukunft von den fossilen Brennstoffen verabschieden wird. Ob sich das E-Auto, die Brennstoffzelle oder synthetische Kraftstoffe am Ende durchsetzen, das ist derzeit noch nicht auszumachen. Daher ist es richtig, wenn die Kommission Versuchungen widersteht, eine verbindliche E-Auto-Quote vorzuschreiben, wie es etwa China und Kalifornien tun.

Der Vorschlag der Kommission ist nicht das letzte Wort. Bis die CO2-Regeln endgültig feststehen, werden noch das Parlament und die in dieser Frage selbstbewussten Mitgliedsländer eingebunden. Wichtig ist, dass die Industrie bald Klarheit hat. Planungssicherheit ist in einer Branche mit so langen Produktzyklen ein wichtiger Wert. Wie auch immer der Vorschlag der Kommission im Detail aussieht, schon jetzt steht fest, dass die Reaktionen reflexartig ausfallen werden. Die Auto-Lobby wird aufstöhnen und die Umwelt-Lobby wird der Kommission Feigheit vorwerfen. Vermutlich liegt die Wahrheit in der Mitte.