Regula Mühlemann Foto: Guido Werner

Die 33-jährige Schweizerin Regula Mühlemann debütiert mit Händel-Kantaten beim Freiburger Barockorchester.

Stuttgart - Die 33-jährige Schweizerin Regula Mühlemann gibt an diesem Freitag ihr Debüt beim Freiburger Barockorchester.

Frau Mühlemann, warum singen Sie?

Gesungen habe ich schon immer. Ich bin zwar nicht in einer Berufsmusiker-Familie aufgewachsen, aber bei uns zu Hause wurde viel Musik gemacht, und wir haben vor allem viel gesungen. Ich habe erst Klavierunterricht gehabt, dann auch Gesangsstunden, das wurde ein sehr intensives Hobby, und als Mitglied der Luzerner Kantorei habe ich die wichtigsten geistlichen Werke und Opern kennengelernt. Ich habe aber vor dem Abitur nie daran gedacht, meine Leidenschaft zum Beruf zu machen. Das kam erst, als mein Gesangslehrer mir sagte, mach doch einfach, was du am besten kannst. Im Studium habe ich gemerkt, dass das Singen sogar noch viel mehr Spaß macht, wenn es meine Hauptbeschäftigung ist.

Hat es Sie jemals belastet, dass Sie mit dem Singen irgendwann auch Geld verdienen mussten?

Ich bin ziemlich unbeschwert durch die ersten Jahre meines Studiums hindurchgegangen, weil ich einfach nur immer besser werden wollte, und meine einzige Sorge war, dass ich den Werken womöglich nicht gerecht werden könnte. Meine Eltern hatten schon Zweifel und auch Ängste, und meine Mutter hat offenbar auch mal meine Lehrerin gefragt, ob sich das denn wirklich lohne, was ich da tue. Aber von alldem habe ich erst später erfahren, und dafür bin ich meinen Eltern sehr dankbar. Sicherheit hat mir allerdings auch ein ziemlich hoch dotiertes Stipendium gegeben, und da ich schon während des Studiums viele Kontakte geknüpft habe, konnte ich recht früh vom Singen leben.

Sie waren auch von Anfang an sehr breit aufgestellt, haben sich nicht nur auf Alte Musik spezialisiert oder auf historisches Instrumentarium. Ist das weiterhin der Fall?

Ja, aber da war nie ein Karrieregedanke dahinter, sondern schlicht die Freude an der Fülle der Musik. Auch heute, wenn Leute sagen, ich sei Mozart-Sängerin oder sänge sehr gut Barock, will ich mich darauf nicht festlegen, denn ich liebe auch Romantik und Zeitgenössisches.

Sie haben in Mozarts „Figaro“ mit der Barbarina angefangen, dann haben Sie Susanna gesungen. Wann kommt die Gräfin? Spüren Sie eine Entwicklung in Ihrer Stimme?

In Luzern habe ich schon Gounods Juliette gesungen, jetzt singe ich mit Adina in Donizettis „Liebestrank“ meine zweite Hauptrolle im romantischen Fach. Das wäre vor ein paar Jahren noch nicht möglich gewesen. Ich glaube aber nicht, dass ich mal eine ganz schwere Stimme bekomme, die Farbe wird wahrscheinlich ähnlich bleiben.

Sie sind häufiger mit modernen Instrumenten zusammen aufgetreten als mit alten. Sie haben aber auch etwa mit Hans-Christoph Rademann musiziert. Wo liegt für Sie der Unterschied?

Ich finde moderne Instrumente nicht schlechter als alte. Sie sind perfektioniert worden, Fehler und Schwierigkeiten der Tonbildung wurden immer mehr eliminiert. Das ist Vorteil und Nachteil zugleich. Historische Instrumente sind spannender, weil sie nicht perfekt sind, denn ihre sogenannten Schwächen sorgen für eine große Farbigkeit, manchmal auch Geräuschhaftigkeit, für einen eigenen Charakter. Die Beschäftigung mit alten Instrumenten inspiriert einen, nicht immer nach dem Perfekten zu suchen, sondern nach möglichst viel Ausdruck und Farbe. Da geht was!

Auch bei Bläsern?

Gerade dort. Auf meiner neuen CD „Lieder der Heimat“ werde ich bei Schuberts Lied „Auf dem Strom“ von einem Naturhorn begleitet. Das moderne Horn hat einen perfekt ausgeglichenen Klang, beim Naturhorn klingt dagegen jeder Ton anders, aber das genial, und genau diesen Klang und diese Unwägbarkeit muss Schubert bei dem Satz „O wie fasst mich zitternd‘ Grausen“ im Ohr gehabt haben.

Kommt Ihnen der niedrigere Kammerton bei historischen Ensembles auch entgegen?

Nein, bei mir ist höher besser.

Was ist die Schwierigkeit bei den Händel-Kantaten im Programm des Freiburger Barockorchesters?

Es gibt tonnenweise Koloraturen, das sind zehnmal so viele Töne wie anderswo, aber da ich Koloraturen mag, ist es vor allem Fleißarbeit.

Wie viel am Singen ist Talent, und wie viel ist Handwerk, Technik?

Ich glaube, es ist etwa fünfzig zu fünfzig, und das eine bedingt das andere. Ohne Klangfarbe und Klangschönheit kann man keinen Erfolg haben, da kann man noch so viel arbeiten. Aber es gehört auch sehr viel Fleiß zum Singen dazu, und man braucht Technik, um genau zu sein.

Was machen Sie, um sich für das Singen fit zu halten?

Singen! (lacht) Auch unter Sportlern gibt es welche, die ihre Ziele Leistung mit Kraft und zehrender Energie erreichen, und andere wie etwa Roger Federer, deren Bewegungen so elegant, so natürlich und so perfektioniert sind, dass man meint, sie müssten unbedingt mehr Kraft aus ihrem Tun schöpfen als sie investieren. Auch beim Singen ist es ein Ziel, die Vorgänge so zu perfektionieren, dass man bei der Arbeit nicht müde wird. Man braucht halt nur viel Zeit und Geduld, bis man merkt, dass sich die Arbeit gelohnt hat.

Freitag, 20 Uhr, Mozartsaal (Sonderkonzert)