Timo Dollinger und Valerie Eberle bei ihrer Tour über die Schwäbische Alb: Bei den Produzenten holen sie ausgewählte Lebensmittel für die Kulinalb-Boxen. Foto: Eberle

Die Idee von Timo Dollinger und Valerie Eberle ist nicht neu, doch anders. Sie bringen die Schwäbische Alb und ihre Lebensmittel in Boxen und Kisten vor die Haustüren der Stuttgarter. Was ist ihr Plan mit dem Start-Up Kulinalb?

Stuttgart - Plötzlich stand Timo Dollinger im Hof ihrer Ziegenhütte Zollernalb, erzählt Caroline Dietz. Der junge Mann kannte die Landwirtin mit eigener Käserei flüchtig von einem Marktbesuch, beim Besuch auf dem Hof erzählte er von seiner Idee. Ein Handschlag später war zwischen den beiden klar – der Käse aus dem Biohof kommt mit ins Sortiment. „Er gibt den Höfen und Produkten der Schwäbischen Alb ein Gesicht in Stuttgart“, sagt Caroline Dietz, die den Familienbetrieb auf der Alb seit 2013 mit ihrem Mann leitet. Doch was ist die Idee?

Der Gedanke hinter dem Start-Up namens Kulinalb ist nicht neu, doch anders. Einfach gesagt, geht es darum, regionale Lebensmittel in Boxen, Körben, Kisten nach Hause zu den Kunden zu liefern. Timo Dollinger und Kollegin Valerie Eberle machen das aber nicht nur mit einem Hof. Sie wollen mit diesem Konzept eine komplette Landschaft vor Stuttgarts Haustüre an Stuttgarts Haustüren bringen. Die beiden sind Kinder der Schwäbischen Alb, zwischen Streuobstwiesen aufgewachsen.

Eigens ausgewählte Produzenten

Sie kennen die Höfe, die für Großstädter versteckten Produzenten und wissen, welche Handarbeit die Betreiber liefern. „An ihre Produkte kommt man eigentlich nicht heran, außer im Hofladen oder auf dem Markt,“ sagt Valerie Eberle, „sie müssen wissen, dass sie einem vertrauen können, dass du einer von ihnen bist. Dein Wort, dein Handschlag zählt. Nur so ist unsere Arbeit mit den Boxen möglich geworden.“

Jeder Bäcker, Metzger, Imker, Kellermeister, Ölmüller ist eigens ausgewählt, die Alb-Höfe und ihre Arbeit werden in kleinen Geschichten vorgestellt. „Wenn ich in einen Käse reinbeiße, weiß, woher er kommt, wie er gemacht wurde, welche Menschen dahinter stecken – das Wissen macht den Genuss doch mit aus“, sagt der 35-jährige Dollinger, der sogar das Stroh seiner Großmutter aus dem heimischen Stall für die gepolsterten Boxen nimmt.

Warum in der Landeshauptstadt?

Caroline Dietz, die ihren Bio-Ziegenkäse von der Ziegenhütte Zollernalb anbietet, findet es gut, dass die Produzenten der Schwäbischen Alb zwar gebündelt angeboten werden können, doch jedem Lädchen dazu ein Gesicht gegeben wird. „Alles ist dabei noch geschmacklich aufeinander abgestimmt. Unser Käse, dazu der passende Senf von nebenan.“ Sie beschreibt ein Problem der Direktvermarkter von der Schwäbischen Alb. „Wir haben oft das Problem mit der Logistik, Kunden in Stuttgart oder Tübingen erreichen wir eigentlich gar nicht.“

Die Idee für Kulinalb schlummerte schon lange in Timo Dollinger, der im vergangenen Jahr seine Gründungschance sah, als er ein Großrestaurant mit Alb-Kulinarik beliefern durfte. Dann kam der 13. März, der für ihn „verflixte Freitag“. Coronavirus, Lockdown, alle Verträge von jetzt auf gleich gekündigt. Zusammen mit Valerie Eberle, die sich hauptsächlich um die Vermarktung kümmert, wechselte die Idee zu „Kulinalb im Kischdle“, die persönlich oder per Post direkt an die Haustüren Stuttgarts geliefert werden. Doch warum genau in die Landeshauptstadt? Die 29-Jährige aus dem Duo lebt selbst im Kessel, sagt: „Die Stuttgarter finden ihr Stadtleben schön, doch haben eine Naturverbundenheit, die sie ab und zu vermissen. Warum fangen Menschen hier Urban Gardening an, stellen sich ein Bienenvolk aufs Dach, holen sich ein Huhn?“

Touren zu den Produzenten geplant

Dass der Trend zum bewussten Essen ein langsamer und kein günstiger ist, ist auch Timo Dollinger klar: „Was wir machen, ist nichts, das schnell wachsen wird. Es soll langsam wachsen, eine kleine Nische sein, die sich für die Region Schwäbische Alb begeistert.“ Eine feste Abnahmemenge ist mit den Höfen nicht vereinbart, die Lebensmittel für die Boxen werden je nach Nachfrage der Kunden bestellt. Zum einen würden die Produzenten nicht in Großmengen produzieren, zum anderen gebe es damit für Kunden nur frische Lebensmittel und keine Überproduktion.

Die beiden Freunde haben neben Kulinalb andere Jobs, im Moment fließt viel Zeit am Wochenende in das Projekt ein. Die Pläne sind jedoch groß, wie heftig das Coronavirus sie klein hält, ist noch unklar. Für die Zukunft sind Touren mit Stopps bei den Produzenten auf den Alb-Höfen angedacht. Timo Dollinger sagt dazu: „Woher kommt Honig und was ist das für ein Aufwand für ein kleines Gläschen? Selbst fühlen und mitmachen, das schafft für Menschen eine ganz andere Identifikation mit dem Essen.“