Der Regionalbahnhalt ist noch im Bau und noch nicht barrierefrei. Foto: Alexandra Kratz

Wegen der Bauarbeiten an der S-Bahn-Stammstrecke halten Intercity-Züge derzeit am künftigen Regionalbahnhalt in Stuttgart-Vaihingen. Der allerdings ist noch nicht barrierefrei.

Vaihingen - Eigenständigkeit ist ein hohes Gut für Ivo Josipovic. Der Vaihinger ist sachkundiges Mitglied für Menschen mit Behinderungen im Bezirksbeirat und sitzt im Rollstuhl. „Das Leben ist hart – ich bin härter“, ist eine der Maximen, nach denen Josipovic lebt. Er fährt Handbike, trainiert Armwrestling und ist mit seinem Rolli meistens flott im Bezirk unterwegs. Steile Treppen allerdings bremsen ihn aus. Wie aktuell am Bahnhof Vaihingen.

Wegen der Modernisierung der S-Bahn-Stammstrecke und auf der Gäubahn fahren die Intercity-Züge in den Sommerferien in Stuttgart-Vaihingen den Bahnsteig an, der die Gleise 4 und 6 anbindet, also den künftigen Regionalbahnhalt. Dort allerdings führt nur eine Treppe zum Bahnsteig, der Aufzug, der später einmal kommen soll, ist noch nicht eingebaut. Mitunter hätten ihm schon Passanten oder Mitarbeiter der Deutschen Bahn geholfen und ihn die Treppen hinauf- oder hinuntergetragen, berichtet Josipovic.

Nicht immer könne ihm jemand helfen

Allerdings sei nicht immer jemand da, der helfen könne – oder wolle. Aufhalten lässt sich der Vaihinger dennoch nicht: Wenn es sein muss, rutscht er auf seinen vier Buchstaben auf den Treppen und zieht seinen Rollstuhl neben sich her. „Es gibt kein geht nicht. Irgendwie komme ich hoch und runter“, sagt er. Er sagt aber auch: „Es ist anstrengend. Ich bin fit und schaffe das – aber was ist mit Menschen, die weniger Kraft in den Armen haben und weniger mobil sind?“ Suboptimal ist die Situation allemal – erst recht, wenn die Stufen nass sind.

Ein Video, wie er die Treppenstufen bewältigt, hat Josipovic bei Facebook online gestellt. Es wurde Dutzende Male kommentiert. Zumeist monieren die Leute, dass ihm niemand helfe, dass er gezwungen sei, auf dem Hosenboden die Stufen hinunter zu rutschen. Ein „Trauerspiel“ nennt es ein Facebook-Nutzer, ein anderer fordert, der „unzumutbare Zustand“ müsse sofort geändert werden.

DB habe ihm geraten, zu Hause zu bleiben

Bei der DB habe er sich bereits beschwert, dass die Barrierefreiheit am Vaihinger Bahnhof derzeit nicht gegeben sei. Mitarbeiter hätten ihm geraten, zu Hause zu bleiben, sagt er. „Aber ich lasse mich nicht ausbremsen. Ich habe das gleiche Recht wie alle anderen, mit dem ÖPNV zu fahren“, sagt Josipovic. Er fahre jeden Tag von Vaihingen über Stuttgart nach Winnenden, berichtet er.

Nicht nur die Treppen seien ein Problem, auch der Abstand vom Zug zum Bahnsteig beim Ein- und Aussteigen. Auch hierbei tut sich der Rollstuhlfahrer leichter, wenn Hilfe da ist. An der Treppe dann eben die nächste Hürde. „Ich muss schauen, ob jemand da ist, der helfen kann. Wenn nicht, setzte ich mich eben auf die Stufen“, sagt Josipovic. Nicht nur für ihn stellen die steilen Treppen ein Hindernis dar. Er erzählt, dass auch Eltern mit Kinderwagen sich schwer täten, und dass schon Leute gestürzt seien, „vor allem, wenn sie sich beeilen, um ihren Anschluss zu erreichen. Die Treppe am neuen Bahnsteig scheint steiler zu sein als andere“, sagt Josipovic.

Am Montag sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein

Seitens der Deutschen Bahn lag bis Redaktionsschluss keine Stellungnahme zu den genannten Kritikpunkten in Sachen Barrierefreiheit vor. Von Montag an, wenn die Sommerferien vorüber sind, sollen die Bauarbeiten auf der S-Bahn-Stammstrecke abgeschlossen sein. Es ist zu vermuten, dass die Intercity-Züge dann wieder an den regulären und barrierefrei erschlossenen Bahnsteigen am Vaihinger Bahnhof halten und nicht mehr am künftigen Regionalbahnhof-Bahnsteig.