Unter den finanziellen Vorgaben des Bundes leiden die Regionalverkehre in den Bundesländern. Foto: dpa

Der Sparkurs von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) legt in den Ländern die Regionalzüge lahm, glaubt unsere Kommentatorin Annette Mohl.

Was macht eigentlich Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt? Er beackert die Pkw-Maut – immer noch. Als gäbe es sonst nichts zu tun in seinem Ressort.

Stichwort regionaler Bahnverkehr: Erst auf Drängen der Länder hat sich der CSU-Politiker dazu herabgelassen,„eine Weiterführung der Regionalisierungsmittel auch auf einem höheren Niveau“ zu unterstützen. Und das war’s auch schon: Wie viel der Bund überweise, müssten die Länder mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) klären.

Doch damit liegt Dobrindt falsch. Denn die Regionalisierungsmittel sind keineswegs Verhandlungsmasse der Bund-Länder-Finanzbeziehung. Vielmehr gehen sie auf die Bahnreform 1994 zurück. Der Bund zahlt jährlich eine bestimmte Summe – dieses Jahr 7,3 Milliarden Euro – an die Länder, die dafür den Regionalbahnverkehr stemmen müssen. Weil zwischen 2002 und 2012 die Beförderungsleistung um 33 Prozent und die Auslastung um 21 Prozent gestiegen ist, wurden die Mittel seit 2008 dynamisiert, also jährlich um 1,5 Prozent erhöht.

Doch auch das reicht bei weitem nicht. Baden-Württemberg buttert allein dieses Jahr noch 84 Millionen zu. Alle 16 Länder sind sich einig: Die Regionalisierungsmittel müssen aufgestockt werden. Die Länder fordern vom Bund 1,2 Milliarden Euro jährlich mehr. Gestützt wird die Forderung durch eine Studie, die die Länder , der Deutsche Städtetag und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) gemeinsam in Auftrag gegeben haben.

Und Schäuble? Er blockt, argumentiert mit weiterem Verhandlungsbedarf. Nicht aufgegangen ist allerdings Schäubles Rechnung, die Länder würden sich ohnehin nicht so schnell über die neue Verteilung der Regionalisierungsmittel einigen. Viel schneller als erwartet haben die sich zusammengerauft. Dabei profitieren diejenigen Länder, die viele Fahrgäste über weite Strecken befördern. Die Formel lautet Einwohnerzahl mal bestellter Zugkilometer.

Einer der großen Profiteure wäre Baden-Württemberg. Fließen dieses Jahr aus den 7,3 Milliarden Euro bundesweit noch 760 Millionen ins Land, wären es 2015 schon 903 Millionen und in den Folgejahren bis 2018 dann 946 Millionen, 989 Millionen und 1,04 Milliarden Euro. Geld, das das Land dringend braucht. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) verfolgt mit Nachdruck das Ziel, den Takt auf den Regionalbahnlinien zu verdichten und moderne Züge auf die Gleise zu setzen. Bleiben die Mittel eingefroren, wie Schäuble das vorhat, müsste Hermann sogar Züge abbestellen.

Reinhard Meyer (SPD), Vorsitzender der Konferenz der Landesverkehrsminister, sieht es so: „Die Zukunft des Nahverkehrs in Deutschland steht und fällt mit der Höhe der Regionalisierungsmittel.“ Das weiß auch Wolfgang Schäuble. Und beobachtet mit Sorgenfalten die Kostenentwicklung beim regionalen Schienenverkehr. Jetzt ist durchgesickert, dass er die Regionalisierungsmittel den Ländern mittelfristig womöglich ganz streichen will. Dafür würde der Bund lieber auf dem Sektor Soziales Zuschüsse an die Länder zahlen. Dieses Terrain scheint leichter begehbar.

Offensichtlich plant der Bund, die gesetzliche Grundlage für die Regionalisierungsmittel klammheimlich aufzuweichen und sich aus der Verantwortung zu stehlen. Den ersten Schritt dazu hat Schäuble mit seinem Haushaltsentwurf für 2015 getan.