Auf der Polygo-Card sind der Name und ein Foto des Besitzers. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Evelyn Tsesmetzis aus Esslingen findet eine Polygo-Card und will sie der Besitzerin zurückgeben. Doch das ist gar nicht so einfach. Am Ende schafft sie es – doch der VVS empfiehlt ein anderes Vorgehen.

Stuttgart - Evelyn Tsesmetzis ist entrüstet an diesem Abend, als sie in der Redaktion unserer Zeitung anruft. Und ihre Entrüstung hat einen guten Grund. Sie hat am Nachmittag in der Karmeliterpassage in Esslingen auf dem Gehweg eine Polygo-Card gefunden – also eine Karte, auf der eine elektronische VVS-Jahreskarte im Scheckkartenformat hinterlegt ist. Als sie aber unter der Service-Nummer anruft, um zu erfahren, ob sie die Karte der namentlich auf der Karte erwähnten Besitzerin zurückgeben kann, stößt sie auf eine unfreundliche Mitarbeitern, die ihr nicht weiterhilft und das Gespräch schließlich damit beendet, dass sie einfach auflegt. Das findet Evelyn Tsesmetzis unerhört – und so beginnt sie anhand des Namens, der auf der Karte steht, im Internet zu suchen. „Das Bild auf der Karte zeigt eine junge Frau. Die braucht die Karte doch schnell wieder“, sagt sie. Wenn man könne, müsse man doch helfen. Und tatsächlich findet sie im Internet einen Artikel, der in unserer Zeitung erschienen ist, in dem über die junge Frau berichtet wird. Sie machte damals eine Ausbildung zur Pflegefachkraft. Doch weiterhelfen können wir von der Zeitung Evelyn Tsesmetzis nicht. Denn die Kontaktdaten der jungen Frau liegen nicht mehr vor, der Artikel war schon vor Jahren erschienen.

Die Karte landet doch noch bei der Besitzerin

Doch Evelyn Tsesmetzis ist niemand, der so schnell aufgibt. Über Facebook findet sie schließlich die Karten-Inhaberin, die sogar im selben Esslinger Ortsteil wohnt wie sie: Die Übergabe ist kein Problem. „Die junge Frau war sehr erleichtert, dass sie ihre Karte wiederbekommen hat.“

VVS spricht mit Callcenter

Das glückliche Ende ist die eine Seite der Medaille, die andere, dass eine hilfsbereite Finderin auf eine Service-Mitarbeiterin trifft, für die Service offenbar ein Fremdwort ist. Das sieht auch der VVS so. „Wir haben uns bei Frau Tsesmetzis für das Verhalten der Callcenter-Mitarbeiterin entschuldigt und werden zeitnah einen Termin mit der Geschäftsführung des von uns beauftragten Callcenters vereinbaren, in dem wir ein kundenorientiertes Verhalten der Callcentermitarbeiter einfordern werden“, sagt der Abteilungsleiter Tarif beim VVS, Dirk Dietz. Der Ton sei sicher nicht in Ordnung gewesen. In der Sache habe sich die Mitarbeiterin aber richtig verhalten. „Aus Datenschutzgründen dürfen wir über die Hotline keine persönlichen Informationen wie Adresse oder Telefonnummer weitergegeben“, so Dietz. Dies sei Teil des Datenschutzkonzeptes zu Polygo.

Was ist zu tun bei verlorenen Karten?

Und was passiert sonst mit verloren gegangenen Karten? Sie würden von den Findern oft an ganz verschiedenen Stellen, vor allem bei Verkehrsunternehmen, beim VVS, aber auch bei den Kommunen abgegeben. „Bis eine solche Karte beim richtigen Abocenter landet, wo sie abgeholt werden könnte, vergehen im Regelfall mehrere Tage. Der Kunde benötigt aber regelmäßig sehr zeitnah seine Fahrtberechtigung wieder“, sagt Dietz. „Deshalb haben wir uns gemeinsam mit den Verkehrsunternehmen dafür entschieden, dass Polygo-Cards, die von Kunden verloren gemeldet werden, gesperrt werden.“ Damit verlören diese Karten ihre Gültigkeit und könnten auch nicht wieder entsperrt werden. Dies entspreche den bundesweit einheitlichen Standards, sei aber auch nötig, weil auf der Polygo-Card ja auch entgeltpflichtige Nutzungen wie beispielsweise Radausleihen oder das Nutzen von E-Ladesäulen hinterlegt seien. Deshalb sei es auch im Interesse der Kunden, wenn diese Karte gesperrt würde. Der Polygo-Card-Kunde erhalte so rasch wie möglich – und gegen eine Gebühr von 15 Euro – eine Ersatzkarte und könne dann Busse und Bahnen sowie die Leistungen weiterer Partner wieder nutzen, so Dietz.

Tipps für ehrliche Finder

Was sollte der Finder einer Polygo-Card also tun? „Wenn man den Inhaber der Karte nicht kennt, ist es das Beste entweder die Karte an uns, den VVS, zu schicken oder die Karte zu vernichten“, sagt Dietz. Oder man ist so hartnäckig wie Evelyn Tsesmetzis, die sich den Einkaufsgutschein vom VVS mehr als verdient hat.