Queeny ist ein American Staffordshire-Bullterrier-Mischling und gehört in Baden-Württemberg damit zu den Kampfhunden der Kategorie eins. Foto: Lena Hummel

„Kampfhund“ sei der falsche Begriff, eine Auflistung angeblich besonders gefährlicher Hunde gehöre abgeschafft. Hundebesitzerin Nicole Stöhr vertritt eine klare Meinung – und bekommt dabei Unterstützung.

Stuttgart - Nicole Stöhr aus Eberdingen (Landkreis Ludwigsburg) macht die aktuelle Debatte um Kampfhunde wütend. Einerseits sei die Bezeichnung „Kampfhund“ schlicht falsch, andererseits sei das Verhalten eines Hundes immer von der Erziehung durch den Menschen abhängig. Das ist mitunter ein Grund, warum Stöhr die Rassenliste für „absoluten Blödsinn“ hält. Die 44-Jährige hat selbst einen American Staffordshire-Bullterrier-Mischling. Zwei Rassen, die in Baden-Württemberg zu den Kampfhunden gehören.

In der baden-württembergischen Kampfhundeverordnung wird zwischen Kampfhunden erster und zweiter Kategorie unterschieden. American Staffordshire Terrier, Bullterrier, Pit Pull Terrier sowie deren Kreuzungen untereinander sind Kampfhunde per Rasse (Kategorie eins). Das heißt, diesen Hunden wird solange „gesteigerte Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren“ unterstellt, bis Gegenteiliges durch einen Wesenstest nachgewiesen wird.

Die Gutmütigkeit wird ausgenutzt

Rassen der Kategorie zwei (Bullmastiff, Staffordshire Bullterrier, Dogo Argentino, Bordeaux Dogge, Fila Brasileiro, Mastin Espanol, Mastino Napoletano, Mastiff, Tosa Inu) werden dagegen nur dann als Kampfhunde eingestuft, wenn sie aggressives Verhalten zeigen. Queeny, Stöhrs American Staffordshire-Bullterrier-Mischling, hat den Wesenstest bestanden. Zurecht, wie sich zeigt.

Menschen gegenüber ist die Hündin verschmust, mit ihren tierischen Artgenossen gibt es keine Probleme. Und das, obwohl es bei Nicole Stöhr ganz schön viele davon gibt: Französische Bulldogge Dipsis kann seine Hinterbeine nicht mehr bewegen und hat einen Rollstuhl. Welche Rassen in „Kollos“ Harley stecken, will Stöhr nicht verraten. Ein Listenhund sei – obwohl das viele Menschen denken – aber nicht darunter. Auch vier Katzen leben im Haushalt der Tierfreundin. Zwei gehören ihr, zwei werden vermittelt.

Das einzige Problem, dass Stöhr bei der Haltung von sogenannten Kampfhunden sieht, ist der Besitzer. Denn: Diese würden die Gutmütigkeit der Hunde oft ausnutzen. Was die Hundebesitzerin sonst noch über die aktuelle Debatte denkt, sehen Sie im Video:

Auch für Anne Posthoff, Fachtierärztin für Klein- und Heimtiere, sind vor allem die Hundebesitzer das Problem: „Es ist ja häufig eine bestimmte Klientel, das diese Hunde hält.“ Dabei seien sogenannte Kampfhunde keineswegs gefährlicher als andere, Posthoff findet sie vielmehr nett und sympathisch, ihre Reizschwelle sei extrem hoch. „Wenn die aber mal überschritten ist, dann ist es vorbei. Dann verbeißen sie sich und lassen nicht mehr los“, so die Tierärztin.

88 Kampfhunde in Stuttgart registriert

Trotzdem hält auch die Expertin nichts von einer Liste. Mann müsse sich nur mal die Beißstatistik anschauen, da seien Schäferhunde auf Platz eins. „Aber wenn ein Schäferhund oder ein Dackel jemanden beißt, dann interessiert das scheinbar niemanden“, kritisiert die Fachfrau. Und trotzdem: Wer einen Listenhund hat, zahlt deutlich mehr Hundesteuer und muss sich an strenge Auflagen halten.

Die Konsequenz: „Viele Besitzer melden ihren Hund nicht als Kampfhund, sondern bespeispielsweise als Boxermischlings an“, so Posthoffs subjektiver Eindruck. „Wer soll das auch kontrollieren?“ In Stuttgart sind laut Stefan Kinkelin vom Amt für öffentliche Ordnung derzeit 88 Hunde als Kampfhunde (Kategorie eins) gemeldet (Stand: April 2018). Eine Zahl, die die Tierexpertin für absolut utopisch hält. Egal ob Chihuahua oder Mastino Napoletano – was wirklich sinnvoll wäre, wäre ein verpflichtender Hundeführersein für alle Hundehalter und alle Rassen, findet Posthoff.