Der Chef der Fünf Sterne,Luigi Di Maio (L), und der Vorsitzende der Partei Lega, Matteo Salvini in Rom Foto: AFP

Noch ist unklar, ob die Lega und die 5-Sterne-Bewegung zusammen regieren werden. Sollte es zu einer Koalition kommen, dürfte es für die EU schwierig werden. Mit ihren Plänen zur Staatsverschuldung haben sie die Finanzmärkte schon aufgeschreckt.

Rom - Seit Tagen versuchen sich die Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega hinter verschlossenen Türen auf einen Regierungsvertrag zu einigen. Ein früher Entwurf wurde nun öffentlich – und sorgt in Italien für reichlich Verwirrung. Am Wochenende sollen die Mitglieder der Fünf-Sterne-Bewegung über die Endfassung abstimmen – wenn diese denn überhaupt zustande kommt. Was könnte unter diesem Bündnis auf Italien zukommen?

Steigt Italien aus dem Euro aus?
„Es muss eine Möglichkeit für die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geben, aus der Währungsunion auszutreten.“ So steht es in einem Entwurf des Regierungsvertrages, den derzeit die Fünf-Sterne-Bewegung und die rechte Lega in Italien versuchen auszuhandeln. Das 39-seitige Papier war dem Onlineportal „Huffington Post“ zugespielt worden.
Allerdings: Bei dem Entwurf handele es sich um eine alte Version, sagten sowohl der Spitzenkandidat der Fünf-Sterne Bewegung Luigi Di Maio als auch der Lega-Chef Matteo Salvini. Viele Themen, die nun die Gemüter erhitzten, seien nicht mehr Bestandteil des Vertrages, über den die beiden Parteien noch immer verhandeln. Der veröffentlichte Entwurf stammt vom Montag und sei bereits „radikal verändert worden.“ Vor allem was die Themen Euro, Verschuldung und Einwanderung beträfe. „Ein großer Teil der Dinge, die jetzt Schlagzeilen machen, sind nicht mehr drin“, sagte der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung Luigi Di Maio.
Was wollen die beiden Parteien in einer gemeinsamen Regierung durchsetzen?
Der Euro-Austritt scheint also vom Tisch zu sein. Bestandteil des Regierungsvertrages wird aber sehr wahrscheinlich ein so genanntes Bürgereinkommen (reddito di cittadinanza), was laut Wahlprogramm der Fünf-Sterne-Bewegung dem Hartz-IV System in Deutschland recht ähnlich wäre. Außerdem sollen Pensionen über 5000 Euro gesenkt werden. Die Lega konnte sich anscheinend mit der Forderung einer „Flat Tax“, eines einheitlichen Steuersatzes durchsetzen: Demnach sollen Einkommen bis zu 80.000 Euro mit 15 Prozent und Einkommen, die darüber liegen, mit 20 Prozent besteuert werden. Von der Europäischen Zentralbank will eine mögliche Regierung aus Lega und Cinque Stelle einen Schuldenerlass von 250 Milliarden Euro fordern. Damit würden zehn Prozentpunkte des Schuldenbergs von rund 130 Prozent der Wirtschaftsleistung Italiens wegfallen. Derzeit liegt die Verschuldung des Landes bei 2,263 Billionen Euro.
Was würde eine solche Regierung für Italien und Europa bedeuten?
Das im Vergleich zu anderen europäischen Ländern schwache Wachstum Italiens wäre gefährdet, wenn der Reformkurs nicht weiter eingehalten wird. Allein die Veröffentlichung des veralteten Vertragsentwurfs schien die Märkte nervös zu machen. Der so genannte Spread, ein Risikoaufschlag für zehnjährige italienische Staatsanleihen im Vergleich zu deutschen Bundesanleihen, ist am Mittwoch auf zeitweise 142 Basispunkte gestiegen. Die vergangenen Tage lag er bei rund 130 Basispunkten und zeigte sich relativ stabil. Damit kletterte die Rendite zehnjähriger italienischer Staatspapiere am Mittwoch erstmals seit Mitte März über zwei Prozent. Auch Italiens Aktienmarkt geriet unter Druck. Der Leitindex FTSE-MIB verlor 1,2 Prozent und war damit der größte Verlierer unter den großen europäischen Börsen.
Wie geht es in den kommenden Tagen in Italien weiter?
Bis Ende dieser Woche wollen die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega ihren „Vertrag für eine Regierung des Wandels“ fertig verhandelt haben. Die Cinque Stelle wollen ihre Mitglieder am Wochenende online über den Regierungsvertrag abstimmen lassen. Die Lega will an Straßenständen über die Vorhaben der Regierung informieren. Staatspräsident Sergio Mattarella hatte den beiden Parteien am Montag eine weitere Woche gegeben, um ihm ein Regierungskonzept vorzustellen. Auch einen Namen für einen möglichen Ministerpräsidenten müssten die beiden Parteien Anfang kommender Woche präsentieren.
Was passiert, wenn es keine Einigung gibt?
Scheitert eine Regierungsbildung zwischen der Fünf-Sterne-Bewegung und der Lega, wird es wohl zu Neuwahlen kommen - entweder im Herbst dieses Jahres oder im Frühjahr des kommenden. Bis dahin könnte eine Regierung die Geschäfte führen, die von einem von Staatspräsident Sergio Mattarella eingesetzten Ministerpräsidenten geleitet würde. Laut Umfragen würde von Neuwahlen vor allem die Lega profitieren. Sie liegt derzeit bei 22 Prozent, bei der Wahl am 4. März hatte sie 17 Prozent der Stimmen holen könne. Es wird bereits spekuliert, dass Lega-Chef Matteo Salvini deshalb die Verhandlungen platzen lassen könnte, um Neuwahlen herbeizuführen.