Die Regierungen von Frankreich und Deutschland wollen die Reihen wieder fester schließen. Foto: dpa/Christian Charisius

Nach den Konflikten der jüngsten Zeit betonen die Regierungen in Berlin und Paris wieder verstärkt die Gemeinsamkeiten. Es gibt sogar schon ein sehr konkretes Projekt, das weit in die Zukunft weist.

Bekenntnisse zur deutsch-französischen Partnerschaft sind wie Sonntagsreden – sie nutzen sich ab. Manchmal aber sind sie doch von Bedeutung. Weil sie zeigen, dass die Regierungen beider Länder die Reihen wieder fester schließen wollen.

So zum Beispiel am Montag in Paris: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) ist zu Gast. Anlass ist eine Geberkonferenz für die Republik Moldau, die besonders unter dem russischen Angriffskrieg gegen die benachbarte Ukraine leidet. Aber Baerbock ist auch da, um Verbundenheit zu demonstrieren.

Die Ministerin sagt, es gehe darum, „dass Deutschland und Frankreich gemeinsam einen Takt angeben, wenn es ihn denn braucht“. Baerbocks Amtskollegin Catherine Colonna pflichtet bei: „Es ist wichtig, sich zu sehen und sich oft zu treffen. Das ist etwas ganz anderes als die Arbeit an Dossiers auf Distanz.“

Irritationen über „Doppelwumms“

Es kann keinen Zweifel geben: Deutschland und Frankreich sind bemüht, wieder zueinander zu finden. Am kommenden Freitag findet der nächste hochrangige Besuch statt. Dann wird Premierministerin Elisabeth Borne bei Kanzler Olaf Scholz (SPD) in Berlin erwartet. Scholz und der französische Präsident Emmanuel Macron sahen sich erst in der vergangenen Woche beim G20-Gipfel auf Bali.

Vor einem Monat noch hatte es ausgesehen, als entfremdeten sich beide Partner mit Riesenschritten voneinander. Ein deutsch-französischer Ministerrat wurde kurzfristig abgesagt, es gab Streit in Energie- und Rüstungsfragen. Auch Urlaubspläne deutscher Minister sollen dem Treffen mit dem wichtigsten europäischen Verbündeten im Weg gestanden haben. Paris war zuletzt irritiert über die deutsche China-Politik. Und als die Scholz-Regierung Ende September ihren 200 Milliarden Euro großen Schutzschirm gegen hohe Energiepreise präsentierte, waren weder die Franzosen noch die anderen EU-Partner eingeweiht. Viele befürchteten, dass die reichen Deutschen da ein gigantisches Subventionsprogramm zur Erlangung von Wettbewerbsvorteilen für die heimische Industrie auf die Schienen setzten.

Hinzu kommt: zwischen Kanzler Olaf Scholz (SPD) und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron scheint die Chemie nur mäßig zu stimmen. Und das, obwohl beide überzeugte Europäer mit liberalen Ansichten und umfassenden Reformplänen sind. Nach dem abgeblasenen deutsch-französischen Ministerrat im Oktober flog Scholz recht kurzfristig nach Paris, um bei einem diskreten Abendessen mit Macron die Wogen zu glätten. Die beiden hatten einiges zu besprechen.

Offenbar sind die Strategen in beiden Hauptstädten zu dem Schluss gekommen, dass es so nicht weitergehen kann. Deshalb die umfangreiche Visite der deutschen Außenministerin am Montag bei ihrer französischen Kollegin. Später am Tag war für überdies noch ein Treffen Baerbocks mit Präsident Macron vorgesehen – was angesichts der unterschiedlichen protokollarischen Rangordnung ziemlich ungewöhnlich ist.

Treffen an symbolträchtigem Datum

„Es ist sicher so, dass jetzt die Verstimmungen ausgeräumt werden“, sagt der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid, der auch Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Französischen Parlamentarischen Versammlung ist. Er ergänzt im Gespräch mit unserer Redaktion: „Jetzt läuft die Maschine an.“

Ende vergangener Woche erst hatten beide Regierungen den Durchbruch bei einem zentralen Verteidigungsprojekt verkündet: Für die weitere Entwicklung des europäischen Luftkampfsystems FCAS gibt es eine politische Einigung und eine auf der Ebene der beteiligten Konzerne Airbus und Dassault. FCAS soll ab 2040 einsatzfähig sein und den Eurofighter sowie den französischen Kampfjet Rafale ablösen. Neben Deutschland und Frankreich ist auch Spanien eingebunden, wobei die Franzosen die Leitung des mehrere hundert Milliarden Euro schweren Projektes übernehmen.

Das Vorhaben soll auch Thema beim Treffen von Kanzler Scholz mit Premierministerin Borne am Freitag in Berlin sein. Möglicherweise werden die beiden Regierungschefs dann auch verkünden, wann der kürzlich ausgefallene deutsch-französische Ministerrat nachgeholt wird. Im Gespräch ist der 22. Januar 2023. An diesem Tag wird sich die Unterzeichnung des Élysée-Vertrags, der das besondere deutsch-französische Verhältnis begründete, zum 60. Mal jähren.