Jürgen Resch ist Chef der Deutschem Umwelthilfe und der gefühlte, wenn auch nicht gewählte Umweltkanzler der Republik. Foto: dpa

Die Deutsche Umwelthilfe hat kaum 100 Mitarbeiter, tritt aber auf wie Chefankläger und Regierungspartei in einem. Ihr Chef Jürgen Resch konnte nur deshalb überlebensgroß werden, weil die gewählten Volksvertreter sich vor ihm wegducken, meint StN-Autor Klaus Köster.

Stuttgart - Stuttgart, Frankfurt, Köln, Bonn, Essen – die Liste der Städte, in denen Gerichte auf Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) Fahrverbote verhängt haben, wird fast täglich länger. „Wir werden das Recht auf saubere Luft in allen Städten durchsetzen“, erklärt DUH-Chef Jürgen Resch siegessicher. Verkehrsminister Winfried Hermann dagegen gibt sich betont zerknirscht. Man werde den Luftreinhalteplan „umgehend überarbeiten müssen“, sagte er einst nach der Niederlage vor Gericht. Heute aber stellt sich die Frage, ob dem Publikum da nicht ein seltsames Rollenspiel vorgeführt wurde.

Selbst die Autoindustrie ist verstummt

Das Land ließ sich von Resch zwar verklagen, trat im Prozess aber zuweilen in bemerkenswerter Eintracht mit ihm auf. Die Überschreitung des Grenzwerts gefährde die Gesundheit, erklärten beide dem Richter unisono – und brachten ihn zu der Entscheidung, dass dieser Wert nur mit Fahrverboten schnell genug eingehalten werden könne. Dabei hätten es Land, Resch und auch das Gericht schon damals besser wissen können. Denn die Gefahren, auf denen dieser EU-Grenzwert beruhen müsste, konnten trotz internationaler Suche bis heute nicht identifiziert werden. Deshalb zimmerte man aus dem Stickoxidausstoß alter Gasöfen einen Ersatzwert zusammen, dessen Überschreitung nun die Fahrverbote für Hunderttausende Autos begründen soll. Gesetz ist schließlich Gesetz. Man kann nur hoffen, dass der Bürger bei diesem tollkühnen Umgang mit dem Gesetz nicht den Glauben an den Rechtsstaat verliert.

Die Überschreitungen des bizarren Grenzwerts erlauben Resch bis heute, seinen beispiellosen Siegeszug vor den Gerichten fortzusetzen, der ihn immer weiter in die Rolle des gefühlten Nebenkanzlers hineinträgt. Wer von ihm als Umweltfeind gebrandmarkt wird, schweigt beschämt und senkt den Kopf – allen voran die Vertreter der Autoindustrie, deren Stimme drei Jahre nach dem Dieselskandal fast völlig verstummt ist. Kaum jemand traut sich noch zu widersprechen, wenn Resch Autobahnen sperren lässt, Fahrverbote für Euro-6-Diesel verhängen oder fragwürdige Grenzwerte halbieren will. Seine juristischen Siege und seine politische Macht schaukeln sich immer weiter hoch. Wie viele gewählte Mandatsträger wagen es eigentlich noch, dem überlebensgroßen Chef dieses 100-Mitarbeiter-Vereins zu widersprechen?

Wo sind eigentlich die Volksparteien geblieben?

Die CDU will der DUH zwar die Gemeinnützigkeit entziehen – doch das wirkt in dieser Lage eher wie ein Racheakt und nicht wie der Auftakt einer harten Auseinandersetzung mit offenem Visier. Die SPD wiederum hat sich beim Diesel aus ihrer Rolle als Vertreterin der hart arbeitenden Bevölkerung nahezu verabschiedet. Die schwach begründeten Fahrverbote treffen die Krankenschwester, die mit ihrem alten Diesel zum Schichtdienst pendeln muss, ebenso wie den Industriearbeiter, dessen Job durch die hastige Verbannung des Diesels gewiss nicht sicherer wird. Rückhalt finden sie heute kaum. Die Politik verweist stereotyp auf geforderte Nachrüstungen – die es für die nun betroffenen Fahrer aber gewiss nicht geben wird. An die vergessenen Leistungsträger scheint derzeit nur noch die FDP zu denken. Sie ist beim Diesel die eigentliche Volkspartei.

Die nie gewählte DUH tritt mit einem Machtanspruch auf, dem jede demokratische Legitimation dafür fehlt, die Geschicke eines Industrielands mit 80 Millionen Einwohnern zu lenken. Dass Resch eine derartige Macht an sich reißen konnte, sagt einiges über sein Geschick und seine Kühnheit aus. Es sagt aber auch einiges über die Volksvertreter aus, denen der Bürger diese Macht verliehen hat. Viele von ihnen ducken sich bisher lieber vor Resch weg, als das zu tun, wofür sie vom Bürger gewählt wurden.

klaus.koester@stuttgarter-nachrichten.de