Georg Ratzinger, ehemaliger Leiter der Regensburger Domspatzen und Bruder von Papst Benedikt XVI., in seinem Haus in Regensburg. Foto: dpa

Der langjährige Chorleiter der Regensburger Domspatzen Georg Ratzinger begrüßt die Untersuchung der Prügel- und Missbrauchsvorwürfe, die derzeit stattfindet.

Regensburg/München - Georg Ratzinger, Bruder des emeritierten Papstes Benedikt XVI., hat sich hinter die Untersuchung der Prügel- und Missbrauchsvorwürfe bei den Regensburger Domspatzen gestellt. Er sei mit dem Vorgehen des Bistums Regensburg uneingeschränkt einverstanden, betonte der langjährige Chorleiter am Dienstag nach Angaben der Diözese. Es sei richtig, alle Beschuldigungen rückhaltlos aufzuklären, so der Prälat. Ebenso begrüße er es, dass diese Aufgabe einem Rechtsanwalt übertragen sei, der unabhängig vom Bistum arbeite.

Der Bayerische Rundfunk hatte Ratzinger am gleichen Tag mit den Worten zitiert: „Diese Kampagne ist für mich ein Irrsinn. Es ist einfach Irrsinn, wie man über 40 Jahre hinweg überprüfen will, wie viele Ohrfeigen bei uns verteilt worden sind, so wie in anderen Einrichtungen auch.“ Für ihn sei das Thema abgeschlossen, äußerte der 91-Jährige laut BR. Er war von den TV-Journalisten offenbar am Montagabend am Münchner Flughafen nach seiner Rückkehr aus Rom auf die Vorfälle angesprochen worden. Ratzinger war von 1964 bis 1994 als Domkapellmeister Leiter des weltberühmten Chors.

Bei den Domspatzen gab es nach Angaben des Juristen Ulrich Weber zwischen 1953 und 1992 mindestens 231 Fälle von Misshandlung, in wenigstens 62 Fällen kam es zu sexueller Gewalt. Weber, der vom Bistum Regensburg mit der Untersuchung der Vorwürfe betraut ist, hatte am Freitag einen Zwischenbericht vorgelegt. Seither hätten sich 20 weitere ehemalige Domspatzen bei ihm gemeldet, sagte er dem BR.

Weber ließ keinen Zweifel daran, dass seiner Meinung nach auch Ratzinger über die Züchtigungen im Bilde gewesen war. Er habe zumindest 1987 von Gewalt in der Vorschule der Domspatzen erfahren. Der Anwalt betonte zudem, selbst wenn man die Prügel im Kontext der damaligen Erziehung sehe, zeige sich eine „grobe Unverhältnismäßigkeit“. Ratzinger sagte hingegen in einem Interview, Schläge und Ohrfeigen seien damals „in allen Erziehungsbereichen wie auch in den Familien üblich“ gewesen. Bei den Domspatzen hätten sie keine andere Bedeutung gehabt als dort.