Nicht nur zur Fußball-WM in Brasilien geht es auf dem Ballermann auf Mallorca hoch her. Trinkgelage und Prügeleien haben den ganzen Sommer auf der Ferieninsel Saison. Foto: dpa

Seit Mai gelten auf Mallorca strengere Benimmregeln. Und die Behörden machen Ernst und kassieren etwa bei Saufgelagen, Pinkeln oder Bikini-Spaziergängen in der Öffentlichkeit saftige Bußgelder. Doch auch bei Einheimischen auf der Ferieninsel regt sich Widerstand.

Seit Mai gelten auf Mallorca strengere Benimmregeln. Und die Behörden machen Ernst und kassieren etwa bei Saufgelagen, Pinkeln oder Bikini-Spaziergängen in der Öffentlichkeit saftige Bußgelder. Doch auch bei Einheimischen auf der Ferieninsel regt sich Widerstand.

Palma - Über dem „Ballermann“ braut sich ein Sturm zusammen. Nein, wegen des Wetters müssen sich Mallorca-Touristen in diesem Sommer kaum Sorgen machen. Bei Hoteliers, Gastwirten, Straßenkünstlern, der politischen Opposition und auch bei Besuchern der spanischen Partyinsel wächst aber der Unmut über die neuen „Benimmregeln“ für Palma.

Seit Mai gilt die „Verordnung für ein zivilisiertes Zusammenleben“ für die Inselhauptstadt. Die Polizei erhebt inzwischen auch Bußgelder. Zum Unmut des Verbandes zur Förderung des Tourismus.

„Das ist ein Unding“, schimpft Verbandspräsident Eduardo Gamero Mir. Klar gebe es Probleme. „Wir hatten aber schon vorher genug Gesetze, etwa zur Verhinderung von Saufgelagen, für deren Einhaltung man aber nicht gesorgt hat. Das gilt zum Beispiel für den Bereich der Kriminalität und vor allem der Sauberkeit“, sagt der 71-Jährige.

Bei den „Benimmregeln“ handelt es sich um einen langen Strafenkatalog, der Geldbußen zwischen 50 und 400 Euro für etwa 120 verbotene Handlungen vorsieht: etwa Saufgelage unter freiem Himmel, öffentliches Pinkeln und Spucken, ruhestörenden Lärm, Stadtbummel in Badebekleidung sowie das Ansprechen von Straßenprostituierten.

Bislang beschränkt sich die Polizei auf sporadische Kontrollen. Bis zu 60 Beamte patrouillieren auf einem Abschnitt an der Playa de Palma in der Gegend des Party-Strandlokals „Ballermann“. Sie konzentrieren sich vor allem darauf, das Mitbringen von Bierflaschen an den Strand zu unterbinden, weil Glasscherben häufig zu Verletzungen führen.

Medien: Saufgelage jetzt in der Nachbargemeinde

Am „Ballermann“ geht es an diesem Sommertag schon vormittags hoch her. Eine Gruppe von jungen Männern zieht grölend am berüchtigten „Balneario 6“ (Ballermann 6) vorbei. Die meisten tragen Hemden ihres deutschen Fußball-Provinzvereins, viele auch das Nationaltrikot. Männer marschieren auf der Promenade stolzen Schrittes in bayerischer Landestracht. Nicht weit davon entfernt torkelt ein Pärchen auf die Straße, zwei Autos müssen ausweichen, die junge Frau kniet nieder und übergibt sich, während ihr Begleiter laut lacht.

Die 82-jährige Pilar schüttelt bei ihrem täglichen Spaziergang mit Zwergschnauzer Pedro den Kopf, zeigt dann aber doch Verständnis: „Irgendwo müssen die Kinder ja schließlich feiern“, sagt sie. Ihre Familie lebt, wie die Mehrheit der auf Mallorca residierenden Spanier - und auch viele Ausländer - vom Tourismus. Wenn man fragt, kritisiert kaum jemand die mehrheitlich aus Deutschland stammenden Besucher. „Wir wollen, dass sie alle wieder hierherkommen“, sagt Pilar.

Urlauber lassen sich das Trinken nicht verbieten

Die politische Opposition befürchtet, dass viele Touristen verärgert werden und ein anderes Reiseziel wählen könnten. Die „Vereinigte Linke“ (EU) kritisiert, dass die „nutzlosen, ungerechten und repressiven Maßnahmen“ dazu dienen sollen, die Schwächsten der Gesellschaft, etwa Straßenkünstler und -händler, Prostituierte und Obdachlose zu verfolgen. „Unter dem Vorwand, dass der öffentliche Frieden gestört wird, kann man jetzt jede Person überall bestrafen“.

„Wir wollen das Feiern und auch das Trinken nicht verbieten“, beteuert der Tourismus-Dezernent der Stadt, Álvaro Gijón. Man wolle nur Dinge eindämmen, die auch viele Touristen störten und Strand und Stadt sauberer und sicherer machen. In Palma sollen erst ab September Geldbußen kassiert werden. Aber schon jetzt weht in der Stadt ein rauerer Wind, sagt der Argentinier Jorge, der auf der Straße Schmuck verkauft. „Die Polizei macht mich jetzt fast jeden Tag an.“

„Wird die Polizei nun vor allem Kondome sicherstellen und Bettler festnehmen?“, fragen die Sozialistische Partei PSOE und auch die Organisation Ärzte der Welt. Stadträtin Neus Truyol von der ökologisch-nationalistischen Partei Més per Palma stimmt mit EU und Tourismusförderungschef Mir überein. „Die neuen Benimmregeln bedeuten Konfusion und Willkür“. Sie spricht von einer „Reise zurück in die Franco-Diktatur“ und behauptet, die konservative Regierung wolle soziale Probleme mit Polizeigewalt lösen.