Narri-Narro: Bis Dienstag machen die Narren auch die Stuttgarter Innenstadt unsicher. Alles erlauben dürfen sie sich trotz Verkleidung nicht. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Begeisterte Narren lassen in der fünften Jahreszeit gerne einmal „fünfe gerade“ sein – was natürlich nicht bedeutet, dass tatsächlich alles erlaubt wäre. Was geht, was nicht? Ein Überblick.

Stuttgart - Am Rosenmontag erreichen die tollen Tage ihren Höhepunkt. Doch ist im „Ausnahmezustand“ alles erlaubt? Keineswegs. Narren und Feiernde sollten einige Regeln beachten. Wir beantworten die wichtigsten Fragen.

Faschingsfreie Tage: Auf freie Tage während der Faschingszeit besteht generell kein Anspruch – weder im Rheinland noch im Rest von Deutschland. Die fünf tollen Tage wurden bislang nicht als gesetzliche Feiertage anerkannt. Dem Arbeitnehmer bleibt nur die Option, selbst Urlaub zu nehmen. Zwei Ausnahmen gibt es: In manchen Tarif- und Arbeitsverträgen ist vereinbart, dass zumindest am Rosenmontag die Arbeit ruht. Darauf kann sich der Arbeitnehmer berufen. Das Gleiche gilt, wenn die Faschings-Freizeit als „betriebliche Übung“ eingestuft wird. Damit meinen Juristen: Wenn ein Arbeitgeber über drei Jahre hinweg vorbehaltlos und ohne jede Einschränkung zum Beispiel an Rosenmontag freigegeben hat, muss er das generell auch in der Zukunft tun. Allerdings muss er den Tag nicht bezahlt frei geben. Das hat das Landesarbeitsgericht in Köln entschieden (AZ: 6 Ta 76/06).

Schadenersatz: Die Zuschauer eines Rosenmontagszugs haben im Regelfall keinen Anspruch auf Schadenersatz und Schmerzensgeld, wenn sie von „Wurfgeschossen“ der auf den vorbeiziehenden Faschingswagen stehenden Jecken getroffen werden. In einem vor dem Amtsgericht Aachen verhandelten Fall war eine Frau aus dem Aachener Raum von einer scharfkantigen Pralinenschachtel auf der Stirn getroffen worden und verlangte Schmerzensgeld. Das Gericht winkte ab: Es sei allgemein bekannt, dass bei Faschingsumzügen von den Festwagen aus Gegenstände geworfen werden. Durch seine Teilnahme an dem Umzug willige jeder Zuschauer „stillschweigend in ein naheliegendes Verletzungsrisiko“ ein (AZ: 13 C 250/05).

Alkohol am Steuer: Während des Faschings fließt bekanntlich viel Alkohol – und manch einer kann es nicht sein lassen, sich danach ans Steuer zu setzen. Wer betrunken erwischt wird oder gar einen Unfall baut, muss jedoch trotz der tollen Tage mit schweren Konsequenzen rechnen. Fahranfängern in der Probezeit droht schon bei geringen Mengen Alkohol im Blut eine Geldbuße von 125 bis 1000 Euro. Zudem kommen zwei Punkte aufs Konto beim Verkehrszentralregister in Flensburg. Die Probezeit verlängert sich um zwei Jahre. Auch Fahrern, die schon länger Auto fahren, drohen bereits ab einem Alkoholwert von 0,3 Promille ernste Sanktionen, etwa Geld- oder Haftstrafen von bis zu einem Jahr, der Entzug der Fahrerlaubnis sowie sieben Punkte in Flensburg. Sanktionen wie diese können übrigens auch ohne Unfall blühen. Bei einem Unfall ist das Strafmaß in der Regel noch höher.

Faschingszoll: Mancherorts hat sich zu Fasching bei Kindern der sogenannte Faschingszoll eingebürgert. Dabei spannen sie beispielsweise bei kleineren Straßen ein Seil über die Fahrbahn und versuchen, von Autofahrern Kleingeld für die freie Fahrt zu bekommen. „Oder sie stellen sich etwa an Ampeln oder Fußgängerüberwegen auf, klopfen an die Seitenscheiben und fordern Geld“, sagt Herbert Engelmohr vom Automobilclub von Deutschland (AvD). Er rät dringend davon ab. Die Kinder könnten sich und andere gefährden: Man müsse immer damit rechnen, dass die Autos einfach weiterfahren. „Dieser Brauch wird zwar mancherorts geduldet, ist aber nicht erlaubt“, sagt er. Es handele sich hierbei um einen Eingriff in den Straßenverkehr, der bei strafmündigen Kindern über 14 Jahre Bußgelder von bis zu 35 Euro nach sich ziehe.

Krank feiern, Lärmverbot, Kleiderwahl

Krank feiern: Ist ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank und erhält Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber – nimmt aber dennoch an einer Faschingsveranstaltung teil – muss der Arbeitgeber das nicht tolerieren. Denn: Es ist alles verboten, was die Genesung verzögert oder gefährdet. Doch auch bei einem „genesungswidrigen Verhalten“ darf ein Arbeitnehmer nicht sofort entlassen werden – so urteilte zumindest das Landesarbeitsgericht Köln. Vor der Kündigung hätte zunächst eine Abmahnung ausgesprochen werden müssen (LAG Köln, 11 Sa 407/13).

Lärmverbot: Die von traditionellen Faschingsveranstaltungen ausgehende Lärmbelästigung muss von den Anwohnern grundsätzlich hingenommen werden. Bedingung: Die Festivitäten zählen zum „kulturellen Brauchtum“ und haben eine „erhebliche Bedeutung für das örtliche Gemeinschaftsleben“. Das erkannte das Oberverwaltungsgericht Rheinland Pfalz für die Kappensitzung und für Weiberfastnacht an (AZ: 6 B 10279/04). In dem konkreten Fall war ein Zelt auf einer Grünfläche im Wohnbereich aufgestellt worden. Auch das Verwaltungsgericht Köln urteilte, dass bei Ausnahme-Veranstaltungen die üblichen Freizeit-Richtlinien bezüglich der Lärmwerte überschritten werden dürfen (VwG Köln, 13 L 139/12).

Freie Kleiderwahl: Schutzkleidung – etwa in Bauberufen – darf der Arbeitnehmer auch zu Fasching nicht durch ein Piraten-Kostüm ersetzen. Sind Uniformen vorgeschrieben, etwa bei Sicherheitsbetrieben, so müssen diese auch während der Faschingszeit getragen werden. Allerdings darf der Arbeitgeber nicht jegliche Individualität unterdrücken. So hat das Landesarbeitsgericht in einer Düsseldorfer Nachbarstadt entschieden, dass ein Arbeitgeber einfarbige Fingernägel nicht vorschreiben kann (LAG Köln, 3 TaBV 15/10).

Beschimpfungen, Alkohol, Wildpinkeln

Beschimpfungen: Polizisten sollte man auch im Überschwang der Gefühle nicht mit derben Worten belegen. Zwar hat das Landgericht Münster entschieden, dass das Beschimpfen eines Polizisten (im verhandelten Fall fielen die Wörter „Arschloch“ und „Scheißbulle“) nicht beleidigend sei, weil damit nicht der Ordnungshüter persönlich gemeint sein könne, sondern nur allgemein die Eigenschaft als Ordnungshüter. Wird ein Polizist jedoch bespuckt, ist von einer Körperverletzung auszugehen, die zu sühnen ist (AZ: 8 S 210/02).

Alkohol am Arbeitsplatz: Wenn per Arbeitsvertrag oder Betriebsvereinbarung Alkohol während des Dienstes verboten wurde, so gilt das während der Faschingszeit weiter. Auch in diesem Punkt schaffen die tollen Tage keine Sonderrechte. Bei bestimmten Jobs, wie etwa beim Kranführer, ist Alkohol sowieso jederzeit tabu. Wenn es hingegen üblich ist, etwa bei Geburtstagen mit einem Glas Sekt anzustoßen, dann ist zu Fasching mäßiger Alkoholgenuss ebenfalls zulässig – solange die Arbeitsleistung nicht darunter leidet.

Wildpinkeln: Weder an Fasching noch an anderen Feiertagen im Jahr dürfen Männer – und Frauen – ihr Geschäft einfach hinter dem nächsten Busch im Park verrichten. Das sogenannte Wildpinkeln ist eine Ordnungswidrigkeit und kann richtig teuer werden. Die Bußgelder liegen zwischen 35 und 200 Euro – bei denkmalgeschützten Gebäuden müssen Wildpinkler sogar bis zu 5000 Euro zahlen. Auch Sex in der Öffentlichkeit ist verboten. Er darf nur dort stattfinden, wo andere Menschen sich nicht davon gestört fühlen könnten.