Emmanuel Macron bei der Vorstellung seines Plans zur Bekämpfung der Armut. Foto: AP POOL

Die Umfragewerte im Keller, das Image am leiden: Der französische Präsident wird von Kritikern oft als Präsident der Reichen gescholten. Nun hat er seine Ideen zum Kampf gegen Armut vorgestellt – er wolle den Betroffenen ihre „Würde“ zurückgeben.

Paris - Frankreich sieht sich gerne als Hort der Gleichheit. Mit diesem Selbstverständnis kontrastiert die jüngste Ankündigung des nationalen Statistikamtes Insee, das Land zähle bei 67 Millionen Einwohnern 8,8 Millionen Arme - Menschen, die mit weniger als 1026 Euro im Monat auskommen müssen. Besonders häufig betroffen sind Alleinstehende und Alleinerziehende.

Jetzt will Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit einem milliardenschweren Aktionsplan die Armut im Land bekämpfen. Der 40-Jährige sagte bei einer Rede in Paris, er wolle den Betroffenen ihre „Würde“ zurückgeben. Geplant sind unter anderem mehr Mittel für Kinderkrippen in benachteiligten Gemeinden und Hilfen zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt. Der Staatschef stellte die „nationale Strategie zur Prävention und zum Kampf gegen Armut“ an einem symbolischen Ort vor, dem Museum für Anthropologie und Vorgeschichte nahe des Eiffelturms.

Die Regierung will acht Milliarden investieren

Regierungssprecher Benjamin Griveaux hatte zuvor schon verraten, wie viel Geld Macron investieren will: Die Rede ist von acht Milliarden Euro über die vier verbleibenden Jahre seiner Amtszeit. Der Präsident äußerte sich in seiner mehr als einstündigen Rede allerdings nicht umfassend dazu, wofür diese Mittel im Einzelnen vorgesehen sind. Nach seinen Worten will die Regierung 50 Millionen Euro investieren, um allen jungen Leuten bis 18 Jahre entweder einen Schul- oder Ausbildungsplatz oder aber eine Arbeit zu ermöglichen. Als weitere konkrete Maßnahme nannte er subventionierte Ein-Euro-Gerichte für die Kinder einkommensschwacher Familien in Schulkantinen. Armut dürfe nicht länger „erblich“ sein, betonte Macron mit Blick auf die fast 20 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die in Frankreich unter der Armutsgrenze leben.

Kern seines Aktionsplans sind aber auch strengere Auflagen vor allem für Arbeitslose, die an die Hartz-IV-Reformen erinnern. Macron kündigte für das Jahr 2020 ein Gesetz an, um die Sozialhilfe in einem neuen „Aktivitätseinkommen“ zu bündeln und stärker an Pflichten zur Arbeitssuche zu knüpfen. „Es ist inakzeptabel, dass viele, die eine Arbeit aufnehmen könnten, es nicht tun“, betonte Macron. Für solche Verweigerer solle es künftig härtere Sanktionen geben. „Es geht nicht darum, ein bisschen besser in Armut zu leben“, betonte der Staatschef. Deshalb werde es auch keine „Almosen“ geben.

Auch das Image des abgehobenen Klassenbesten will Macron loswerden. In Anspielung auf seine frühere, stark kritisierte Aussage zugunsten der „Ersten der Seilschaft“ meinte er nun: „Die Anführer der Seilschaft dürfen die Schlusslichter nicht vergessen.“

Die Opposition greift Macron an

Die Opposition kritisierte seine Vorschläge allerdings scharf. Der Sprecher der Linkspartei La France Insoumise, Alexis Corbière, warf Macron vor, „Krümel“ an die Armen zu verteilen, aber Geschenke an die Reichen. Der Vorsitzende der Sozialistischen Partei , Olivier Faure, rechnete auf dem Kurzbotschaftendienst Twitter vor, acht Milliarden Euro über vier Jahre entsprächen 62 Cent pro Tag für jeden Menschen in Not. Dem stünden massive Steuervergünstigungen für Wohlhabende gegenüber, erklärten die Sozialisten. Sie spielten damit unter anderem auf die geplante Senkung der Körperschaftssteuer an, die die Last für die Unternehmen bis 2022 um elf Milliarden Euro senken soll. Die konservativen Republikaner als größte Oppositionspartei warfen Macron vor, er setze allein auf „Metaphern“ und die „Magie der Worte“. Zuvor hatte schon der bekannte Publizist Franz-Olivier Giesbert ein hartes Fazit gezogen: „Die Franzosen mögen seine Intelligenz, seine Klasse - aber sie mögen Macron nicht.“

Macrons Popularität war in den neusten Umfragen regelrecht eingebrochen. In letzter Zeit hatten sogar Regierungsmitglieder sein „vertikales“, das heißt hierarchisches Staats- und Gesellschaftsverständnis beanstandet. Sein früherer Wirtschaftsberater Jean Pisani-Ferry empfahl ihm in Anlehnung an seine Göttervergleiche eine „weniger jupiterhafte Methode“.