Die Oberstenfelderin Zoe Schumacher ist seit drei Jahren freie Rednerin. Ihr Fokus hat sich verändert: Hochzeiten macht sie nur noch ausnahmsweise, dafür jetzt auch Trauerfeiern für Suizidtote und Kinder.
Im Sport würde man sagen: Sie geht dahin, wo es weh tut. Der Spruch passt ganz gut zu Zoe Schumacher, die beim SKV Oberstenfeld einst Handball gespielt hat. Hauptberuflich ist die 31-Jährige Marketing-Projektmanagerin beim Klett-Verlag. Doch nebenher arbeitet sie seit nunmehr drei Jahren als freie Rednerin für Trauerfeiern, Trauungen und Kinderwillkommensfeste. Ihr Handwerkszeug erlernte sie vor Jahren auf einem Seminar, bei dem zu den Kurskollegen auch ein pensionierter Polizist, ein Yogalehrer und ein Flugbegleiter gehörten.
Rede auch bei Kinderwillkommensfesten
Die Trauerfeiern haben in den vergangenen drei Jahren den Großteil ihrer Arbeit ausgemacht: Rund 80 Abschiedszeremonien hat sie im Bottwartal, im Kreis Ludwigsburg und in der Heilbronner Gegend begleitet, an etwa 20 Hochzeiten gesprochen und auf zwei Kinderwillkommensfesten. Zoe Schumacher stößt in eine Lücke, die sich auftut, weil immer weniger Menschen eine Beziehung zur Kirche haben. Christliche Elemente sind jedoch auch Teil ihrer Feiern: „Bei 90 Prozent der Beerdigungen wird das Vaterunser gebetet“, erzählt sie. Als freie Rednerin sei sie jedoch etwas freier in den Regeln und könne Abschiede persönlicher gestalten.
Nicht nur ihr erstes Trauergespräch („Ich war super aufgeregt“) ist ihr noch gut in Erinnerung, sondern auch die Abschiedszeremonien für einen jungen Mann, der nur 20 Jahre alt werden durfte, und eine Mutter, die zwei elf und 13 Jahre alte Kinder hinterlassen hatte. „Das nagt schon an einem“, gibt sie zu. Auch bei der Beerdigung ihres Opas musste sie zweimal tief durchatmen, obwohl dieser 96 Jahre alt wurde. „Bei meiner Rede bin ich total konzentriert und stehe unter Adrenalin. Aber wenn Musik erklingt oder der eigentliche Abschied ansteht, weine ich manchmal mit“, verrät sie. Eine Trauermiene hat sie aber nicht auf. „Im Gegenteil, ich lächle viel, und immer wieder bringe ich die Trauergäste sogar zum Schmunzeln oder zum Lachen“, ergänzt sie.
Der Umgang mit Trauernden, der vielen schwer fällt, geht ihr leicht von der Hand. Die Verabschiedung eines 53-Jährigen, der für die Familie unerwartet Suizid begangen hatte, nahm sie zum Anlass, eine Fortbildung zur Rednerin für Suizidtote zu besuchen. Auch für die so genannten Sternenkinder, die vor, während oder kurz nach ihrer Geburt versterben, hat sie eine spezielle Fortbildung besucht. Sie geht dahin, wo es weh tut.
Trauerfeiern in all ihren Ausprägungen sollen in Zukunft einen breiteten Raum bei Zoe Schumacher einnehmen. Auf Hochzeiten will sie kürzer treten. Ein Aha-Erlebnis Anfang dieses Jahres: Sie begleitete ein befreundetes Paar bei dessen Hochzeit in Vietnam. „Es war eine schlichte Feier im familiären Kreis am Strand, die mir gezeigt hat, worauf es bei einer Hochzeit wirklich ankommt“, erzählt die 31-Jährige.
Hochzeitsfeiern sind oft ein Schauspiel für Perfektionisten
Einige Hochzeitsfeiern zuvor hatten sie „teilweise echt fertig gemacht“, erklärt sie. Da werde ein Schauspiel inszeniert, bei dem es oft darum gehe, andere zu übertrumpfen. „Und ich habe in der Nacht davor kaum geschlafen und morgens um 6 Uhr meine Rede noch einmal überarbeitet, weil ich mich diesem Perfektionismus anpassen wollte“, erinnert sich Zoe Schumacher noch gut.
In ihrer Einschätzung bestätigt fühlte sie sich bei einer Fortbildung zu neuen Methoden des Storytellings bei Trauerreden, wo sie sich mit anderen Kollegen austauschte. „Viele hatten dieselbe Erfahrung gemacht und mochten Hochzeiten auch viel weniger als Trauerfeiern“, erläutert die 31-Jährige.
„Trauerfeiern haben kürzere Vorlaufzeiten“
Und als sie dann noch bei einem Social Media Workshop erfuhr, dass man sich am besten auf eine Zielgruppe konzentrieren solle, stand ihr Entschluss fest. „Für Freunde und auf Empfehlungen werde ich aber auch weiterhin als Hochzeitsrednerin auftreten“, stellt sie klar. Ihr liegt es aber weniger, sich schon mit einem Event zu befassen, das erst eineinhalb Jahre später stattfinden soll. „Trauerfeiern haben von Natur aus kürzere Vorlaufzeiten“, sagt sie schmunzelnd.
Zoe Schumacher plädiert aber dafür, den eigenen Abschied gut und durchaus frühzeitig vorzubereiten. „Am gelungensten habe ich Trauerfeiern empfunden, bei denen ich den Verstorbenen gekannt habe“, sagt sie. Dann könne man persönliche Elemente wie Musik, Bilder oder auch die Wanderstiefel in die Zeremonie einbauen. Und natürlich mit Zitaten an den Verstorbenen erinnern, zum Beispiel, dass er Kartoffelsalat mochte, aber nur wenn er ohne Zwiebeln war.
Todkranker Mann reagiert auf Berührungen
Dass für den persönlichen Bezug nicht einmal Worte nötig sind, hat ihr die Begegnung mit einem etwa 65-jährigen Krebspatienten deutlich gemacht: Sie bekam einen Anruf vom Hospiz in Bietigheim, dass der Mann nicht mehr lange zu leben habe. Als Zoe Schumacher ihn besuchte, konnte er schon nicht mehr reden. „Aber er hat mich angeschaut, als ich geredet habe und auf meine Berührungen reagiert“, sagt sie. Sie war wieder dort, wo es weh tut.
Ihr Besuch kam im richtigen Moment: Am nächsten Tag erfuhr sie am Telefon vom Bestatter, dass der Mann verstorben war.
Kontakt über die Homepage von Zoe Schumacher www.dieredenmacherin.de.