Nach der jüngsten Debatte, wurde Seehofers Rede mit Spannung erwartet. Den Islam erwähnte er jedoch mit keinem Wort. Foto: AP

Seehofers Satz, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, hat bundesweit eine Debatte und einen Konflikt zwischen dem Innenministers und der Kanzlerin hervorgerufen. Bei seiner Rede im Bundestag ließ er das Thema zwar außen vor, bemerkenswerte Details gab es aber dennoch.

Berlin - Eigentlich war die Bühne für das Duell bereitet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich bei ihrer Regierungserklärung so eindeutig gegen den Satz des neuen Bundesinnenministers Horst Seehofer (CSU) gewandt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, dass am Freitag mit Spannung erwartet wurde, wie der Nachfolger Thomas de Maizières im Innenressort bei seinem Auftritt im Deutschen Bundestag reagieren würde. Er reagierte gar nicht.

Seehofer überspielte den Streit und ging mit keinem Wort auf den Islam ein. Vielleicht eine kluge Entscheidung, denn den sicher weiter schwelenden Konflikt auf offener Bühne zu zelebrieren, wäre womöglich zwar nach dem Geschmack des streitbaren Bayern gewesen, hätte aber willkommene politische Munition für die Opposition geliefert. Seehofer war sichtlich um Vermeidung weiterer Zuspitzungen bemüht, trug im leisen Tonfall und ohne rhetorische Schärfe vor und machte sich die Vorgaben der Kanzlerin ausdrücklich zu eigen, die den sozialen Zusammenhalt der Gesellschaft und die Überwindung der Polarisierung zum Ziel der neuen Bundesregierung erklärt hatte.

„Flächendeckende Sicherheit“ und „null Toleranz“

Dennoch war Seehofers Rede nicht ohne bemerkenswerte Details. Ihm wird nicht verborgen geblieben sein, dass auch aus den Reihen der CDU im Vorfeld erhebliche Zweifel daran laut wurden, ob der Veteran Seehofer noch genug Energie für die Führung des Riesenressorts aufbringen würde. Darauf reagierte der CSU-Politiker dann durchaus. Er wollte Tatkraft ausstrahlen, versprach wesentliche Vorhaben seines Hauses „noch vor der Sommerpause“ dem Bundestag vorzulegen. „Neue Wege“ wolle er gehen und überhaupt „Tempo machen“. Er möchte kein „Weiter so“, sagte Seehofer, was bei den CDU-Innenpolitikern durchaus ein gewisses Frösteln verursachte, die sich mit seinem folgenden Lob für die Amtsführung Thomas Maizières nicht völlig beruhigt sehen.

Seehofer jedenfalls will sich als Law-and-Order-Mann profilieren, der „flächendeckende Sicherheit“ gewährleistet, „null Toleranz“ gegen Verbrecher zeigen und bei Straftätern keinerlei „sozialromantisches Verständnis“ aufbringen will. Wobei Seehofer gleich anfügte, dass die Politik der „null Toleranz“ auch „bei Hassparolen gegen Andersdenkende und Andersgläubige“ zu gelten habe.

Wie Seehofer das neue Heimatministerium versteht

Nicht die einzige Botschaft der Beschwichtigung. Auch eine Politik, die auf Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung setze, sei „kein Grund Menschenrecht in Frage zu stellen, auch nicht das Asylrecht“, sagte Seehofer. „Vorfahrt für Sicherheit“ soll aber das Markenzeichen des Amtsinhabers werden. Daraus leitet er auch ab, dass ein Ende der Kontrollen an den deutschen Außengrenzen mit ihm nicht in Sicht ist. So lange die Außengrenzen der EU nicht vollkommen gesichert sind, müsse man „die Binnengrenzen zu unseren Nachbarn kontrollieren“. Außerdem müsse es eine „konsequente Abschiebung“ von Menschen geben, die nicht in Deutschland bleiben dürfen.

Er fügte hinzu, er habe einen „Shitstorm“ für seine Forderung nach einer Obergrenze für Flüchtlinge erlebt. Jetzt stehe der „Korridor“ von 180.000 bis 220.000 Flüchtlingen pro Jahr im Koalitionsvertrag.

Seehofer gab zudem erste Hinweise, wie er die Zuständigkeiten des Hauses versteht: Heimat, die ja nun auch zum Ressorttitel gehört, habe nichts mit „Folklore, Brauchtum oder Nostalgie“ zu tun, wohl aber mit „Verankerung, Verwurzelung, Zusammenhalt und Geborgenheit“. Deshalb werde sich der Heimatminister für „sozialen Zusammenhalt“ und „gleiche Lebensverhältnisse in ganz Deutschland“ einsetzen.

Den Medien gegenüber zeigt sich Seehofer weitaus weniger zahm

Beim Thema sozialer Zusammenhalt ist er dann gleich beim Bauen. „Die Mieten sind das zentrale soziale Problem heute und in der Zukunft“, sagt Seehofer. Durchaus ein ungewöhnlicher Satz für einen Bundesinnenminister der Union. Dass damit nun die Gräben zugeschüttet sind, die durch seine Islam-Bemerkungen und die schroffe Antwort der Kanzlerin aufgerissen worden waren, ist wenig wahrscheinlich.

Wie es tatsächlich in Seehofer aussieht, zeigen frische Interview-Äußerungen, die am Rande der Bundestagsdebatte bekannt wurden. Er werde seine Politik nach dem Rüffel der Kanzlerin „um keinen Jota ändern“. Für Merkels indirekte Zurechtweisung in der Regierungserklärung fehle ihm „jegliches Verständnis“.

Nach der vorübergehenden Annäherung scheint sich das Verhältnis der beiden wieder rasch zu normalisieren.