Bonjour Tristesse: Der Esslinger Bahnhofsvorplatz wirkt nicht sonderlich einladend. „Zu viel Stein, zu wenig Grün“, finden viele Bürgerinnen und Bürger. Foto: Roberto Bulgrin

Das Bahnhofsquartier ist für Reisende, die mit Bahn oder Bus nach Esslingen kommen, die erste Visitenkarte der Stadt. Doch der Bahnhofsvorplatz ist bislang ein Sorgenkind. In einer „Redaktion vor Ort“ unserer Zeitung konnte nun jeder seine Meinung sagen.

Viele Esslingerinnen und Esslinger sind nicht glücklich mit ihrem Tor zur Innenstadt. Im Rathaus wird viel über das Bahnhofsquartier diskutiert – und darüber, was sich tun ließe. Was sagen die Bürgerinnen und Bürger? Unsere Zeitung wollte es genau wissen: Johannes M. Fischer, Alexander Maier und Valentin Schwarz sammelten in der „Redaktion vor Ort“ am Bahnhofsvorplatz Meinungen, Wünsche und Tipps.

 

Micha Schauer Der Bahnhofsvorplatz braucht mehr Grün und mehr Schatten. Wenn hohe Bäume wegen Altlasten und Leitungen im Untergrund nicht möglich sind, muss man andere Optionen finden. Vielleicht könnte man mit gut gestalteten Holzkonstruktionen schattige Inseln schaffen.

Christian Gehrke Derzeit ist der Bahnhofsvorplatz für Familien mit Kindern gar nicht attraktiv. Wenn er netter gestaltet wäre, würde er eine andere Klientel anziehen. Mehr Sitzmöglichkeiten, mehr Grün, vielleicht auch eine Eisdiele – dann würde man hier lieber verweilen. Über die vielen Fahrräder, die auf dem Platz abgestellt werden, darf man sich nicht wundern. Es gibt im Qbus eine Mobilitätsstation, doch an der Ampel an der Berliner Straße wartet man eine gefühlte Ewigkeit. Da ist die S-Bahn schnell mal weg, bis man die Straße endlich überquert hat.

Iris Ziehfreund Der Bahnhofsbereich gefällt mir heute besser als früher, allerdings ist mir das Toilettenhäuschen zu dunkel. Mit zusätzlichen Sitzmöglichkeiten und mehr Grün könnte man einiges verbessern.

Martin Valeriu Mich ärgert es, dass die Polizei zu wenig auf Verkehrsverstöße achtet. Wenn man mal eine Kippe wegwirft, wird man sofort angesprochen. Wenn Autofahrer bei Rot über den Fußgängerüberweg fahren, wenn Radfahrer über den Platz rasen oder wenn wild geparkt wird, sagt keiner was.

Ulrich Müller Der Bahnhofsvorplatz ist für einen Stadteingang eher minimalistisch gestaltet. Wenn das so sein soll, könnte man dort über Fotovoltaik nachdenken. Das wäre in Zeiten des Klimawandels ein Gedanke und könnte Schatten bringen, der hier fehlt.

Judith Schmidt Wir kommen gerne aus Stuttgart hierher, aber es gibt in Esslingen weitaus schönere Orte als den Bahnhof. Da schaut man, dass man möglichst schnell weiterkommt. Leider ist es mit dem Einkaufen in der Innenstadt nicht mehr so gut wie früher, seit einige Geschäfte verschwunden sind.

Joachim Wörner Die öffentliche Toilette ist furchtbar. Die wird zwar immer wieder gereinigt, ist aber sofort wieder versaut. Es braucht etwas abseits einen Platz für Leute, die man nicht den ganzen Tag hier haben möchte. Der Ort muss sehr gut ausgewählt und so gestaltet sein, dass sich die verschiedenen Gruppen nicht in die Quere kommen.

Sonja Gesierich Ich habe der Stadt schon länger vorgeschlagen, dass man auf dem Dach des Busbahnhofs Fotovoltaik anbringt, aber leider keine Antwort erhalten. Und es braucht auf jeden Fall mehr Beschattung. So ist das im Sommer fürchterlich.

Werner Horn Am meisten stört mich dieser Container auf dem Bahnhofsvorplatz. Wichtig fände ich eine Wasserstelle. Und die Toilette hätte man anders machen müssen. Der neue Omnibusbahnhof ist viel zu klein, und das Dach war viel zu teuer. Das lässt sich ja nicht mal richtig reinigen. Und an Rollstuhlfahrer hat man zu wenig gedacht.

Angelika Schmierer Ich frage mich, warum die Stadt ein teures Glasdach am ZOB gebaut hat, wenn man trotzdem bei starkem Regen klitschnass wird. Der Bahnhofsvorplatz ist kein Aushängeschild für Esslingen – und das ist der erste Eindruck, den Auswärtige von unserer Stadt bekommen. Die Polizei müsste rund um die Uhr präsent sein und mehr kontrollieren. Ein Häuschen, wo immer jemand da ist, wäre ein Signal.

Kerstin Kouril Früher gab’s hier mal einen wunderschönen gusseisernen Brunnen. Warum macht man so etwas nicht wieder? Ein bisschen Wasser wäre auch fürs Klima gut.

Simon Bogner Das ganze Layout des Bahnhofsvorplatzes ist städteplanerisch nicht gut gelungen. Man kommt am Bahnhof an und steht erst mal vor einer Ampel. Da hat man gleich den ersten Stopper. Und dann dieses dominante Toilettenhäuschen … Im Sommer heizt sich der Platz unheimlich auf. Mehr Wasser, mehr Grün, mehr Beschattung – das würde schon was bringen. Und vor allem nachts ist die Atmosphäre oftmals schwierig. Da muss die Stadt mehr tun.

Petra Schulz Wir brauchen für Fahrräder Verkehrsbeziehungen, die die Fußgänger nicht stören. Die Stadt muss etwas gegen die vielen Falschparker tun, und es wäre wichtig, dass der Durchgangsverkehr nicht mehr über die Berliner Straße geführt wird. Der Gedanke eines erweiterten Altstadtrings muss dringend weiterverfolgt werden. Die Fleischmannstraße wäre ideal geeignet, um zu einer Fahrradstraße zu werden.

Rolf Beck Der Bahnhofsplatz sollte dem Verkehr gehören. Ich wünsche mir lieber Stellplätze für Fahrräder und Information als Bäume und Bänke. Die Leute vor dem Bahnhof, über die sich so viele beschweren, haben keinen anderen Ort, an dem sie sich aufhalten können. Mit einem Pavillon würde ihre Präsenz nicht mehr als so ein Herumstreunen wahrgenommen werden.

Renate Großhans Durch die Sicherheitslage am Bahnhof überlege ich es mir dreimal, ob ich noch zu meinem Englisch-Stammtisch oder ins Theater gehe, weil ich dann abends um halb zehn allein am Bahnhof auf den Bus warten müsste. So fühle ich mich teils vom kulturellen Leben ausgeschlossen.

Margit Mäckle Das Alkoholverbot wird offensichtlich nicht eingehalten – da müsste die Polizei durchgreifen. Ich arbeite in Stuttgart und finde es in Esslingen in Sachen Sicherheit sogar noch schlimmer als am Stuttgarter Hauptbahnhof. Außerdem ist das Dach über dem Busbahnhof für die Katz – da habe ich schon Sturzbäche abbekommen.

Matthias Braitinger Mich stören der Gestank und der Dreck in der Unterführung. Dort sollte täglich nass rausgeputzt werden. Außerdem wäre ich für mehr Kameras und mehr private Sicherheitsdienste. Abends kann man am Bahnhof Angst bekommen.

Friedrich Krejsta Der Infospace zur Neuen Weststadt muss schnellstmöglich weg. Das Klohäuschen braucht mehr Farbe. Mich stört die Querverbindung von der Berliner Straße zur Bahnhofstraße für Radfahrer. Wenn ich aus dem ES komme, besteht immer Gefahr, dass ich mit einem Fahrradfahrer kollidiere.

Burkhard Nichau Ich komme aus Hagen und habe geschäftlich in Esslingen zu tun. Das ist einfach nur ein kahler Platz – nichts Besonderes. Es gibt fast keine Grünflächen. Und abends, wenn es düster ist, denke ich schon, es sollte ein bisschen sicherer wirken.

Dan Siebold Das Toilettenhäuschen muss anderswo hin. Das versperrt den Blick auf das schöne alte Bahnhofsgebäude. Als es gebaut wurde, dachte ich, das ist ein Provisorium.

Rudolf Mazarin Es sind zu viele Bereiche, die nicht zusammenpassen. Eine Brunnenanlage mit einer Fontäne in der Achse zum Haupteingang des Bahnhofsgebäudes könnte ich mir vorstellen. Drumherum Wechselbepflanzungen und weitere Baumstandorte. Man könnte ein Kunstwerk aufstellen – etwa ein Zahnrad, das an die Historie als Industriestandort erinnert. Und ich könnte mir begrünte Tore zur besseren Orientierung vorstellen, die erkennen lassen, wo es hin geht: Weststadt, Altstadt, Gleise und so weiter.

Unkonventionelle Ideen für den Bahnhofsvorplatz

Historisches
 Ulrich Prinz regt seit vielen Jahren an, den Bahnhofsvorplatz attraktiver und geschichtsbewusster zu gestalten: „Man stelle eine restaurierte Dampflok samt Tender auf, die in der Maschinenfabrik Esslingen gebaut wurde und irgendwo in der Welt Millionen von Kilometern zurückgelegt hat. Sie wäre ein stolzes Wahrzeichen für das Aufblühen der Industriekultur im mittleren Neckarraum – neben vielen anderen Esslinger Weltfirmen des 19. Jahrhunderts. Vorstellen könnte ich mir eine Spendenaktion, um die Kosten zu schultern. Vom Ruhrgebiet kann man lernen, wie große Industrie-Denkmale gerettet werden können.

Utopisches
 Dirk Fuchslocher würde im Esslinger Bahnhofsbereich nicht kleckern, sondern lieber gleich so richtig klotzen „Es ist eigentlich ganz einfach: Man sollte einen Tunnel bauen bis zur Mettinger Straße, wo die Autos durchfahren. Die Busse können oben bleiben. So hat man eine verkehrsberuhigte Zone.“