Die Red Hot Chili Peppers am 9. Oktober 2022 in Austin, Texas: Chad Smith, Flea, John Frusciante und Anthony Kiedis (von links). Foto: o/e

Ein halbes Jahr nach „Unlimited Love“ legen die Red Hot Chili Peppers ein weiteres Album nach: „Return of the Dream Canteen“ ist ein facettenreiches, puristisches Sammelsurium.

Wenn die Red Hot Chili Peppers (RHCP) in ihrer kreativen Erfolgs-Besetzung mit dem Gitarristen John Frusciante zusammenkommen, ist die Magie nicht weit; allerdings ist die Verbindung brüchig, denn Frusciantes Seelenzustand kann jederzeit umschlagen und ihn dazu bringen, die Band wieder zu verlassen.

John Frusciante ist zum zweiten Mal wieder eingestiegen

Nur gut zwei Jahre hielt er nach seinem Einstieg durch, auf das Übergangsalbum „Mother’s Milk“ (1989) folgte der Welterfolg „Blood Sugar Sex Magik“ (1991), mit dem die Band ihren heutigen Sound fand. Fast zehn Jahre dauerte Frusciantes zweites Gastspiel vom Wunderwerk „Californication“ (1997) bis zum Doppelalbum „Stadium Arcadium“ (2006).

Seit 2019 ist der Gitarrist wieder an Bord. Im April 2022 erschien das Comeback-Album „Unlimited Love“ mit 17 Songs, für das auch der Erfolgsproduzent Rick Rubin zurückkehrte. Was aus dieser Session übrig blieb, veröffentlichen die Chili Peppers nun ein halbes Jahr später als Nachschlag – weitere 17 Songs, ein facettenreiches Sammelsurium klassischer RHCP-Songs, die oft deutlich Frusciantes Handschrift tragen.

Hier ein Jimi Hendrix-Riff, da eine psychedelische Bridge

Gleich der Auftakt „Tippa my Tongue“ bietet die bewährte Mischung aus Funk, Rock und Pop, Frusciante-typisch angereichert durch ein griffiges Jimi Hendrix-Riff. „Fake as Fuck“ prägt harter Funk mit einem knackigen Beat des Drummers Chad Smiths, einer fiebrigen Paradelinie des Bassisten Flea und sogar mit Bläsern. Anthony Kiedis, halb Sänger, halb Rapper, bellt seine Parolen. Eine psychedelische Bridge macht hier den Unterschied.

„Reach out“ beginnt balladesk und mündet in einen richtig fetten Rocksong-Chorus. „Peace and Love“ ist eine verträumte Hippie-Hymne mit sonniger kalifornischer Grundierung und zauberhaftem Satzgesang im Chorus. In „Shoot me a Smile“ tauchen die Chili Peppers gar in Beach Boys-Gefilde ein.

Ein Song für Eddie Van Halen

„Eddie“ ist dem 2020 verstorbenen Gitarrengott Eddie Van Halen gewidmet, wie die Chili Peppers künstlerisch ein Kind der City of Angels. Frusciante steuert hier ein ausuferndes Gitarrensolo bei, in dem er natürlich nicht versucht, Van Halen zu zitieren, sondern tut er, was er am besten kann: die Wurzeln des Rock der 60er und 70er Jahre instrumental auf den Punkt bringen.

Zu einem Drumcomputer-Beat, untermalt von Fleas Bass, Arpeggios von Frusciante und Synthesizer-Wabern, intoniert Kiedis eine Ode ans Rauchen: „My Cigarette“. Darin geht er gewitzt darauf ein, wie Abhängigkeiten leichter werden, wenn man sie zum Genuss stilisiert. Das ist konsequent: Die Band war schon immer bekannt dafür, dass bei einigen Mitgliedern gewisse Suchtstrukturen vorliegen – hier bekennt sie sich dazu.

Wo „Unlimited Love“ stellenweise ein wenig stromlinienförmig wirkt, ist „Return of the Dream Canteen“ sperriger und unorthodoxer. Das kann diesen Nachschlag für viele RHCP-Afficionados zum heimlichen Champion machen.