Von der Psyche bis zur Kompressionsbekleidung – beim Slalomwettbewerb der Piloten muss alles stimmen. Im Team von Vizeweltmeister Hannes Arch arbeitet Werner Wolfrum aus Waiblingen am Erfolg mit.

Ascot - Nach dem Rennen ist vor dem Rennen. Also blickt Hannes Arch, der 2008 Weltmeister und 2014 Vize-Weltmeister war, schon mal nach Spielberg. Da hat der Österreicher am 5. und 6. September ein Heimspiel. Zuletzt war er vom Pech verfolgt: In Ascot war für ihn im Viertelfinale Schluss wegen eines technischen Defekts – obwohl er im Lauf zuvor die schnellste Zeit geflogen war. Das zeigt: Wenn im Gesamtsystem von Pilot und Maschine nicht ein Rädchen wie geschmiert ins andere greift, gibt es beim Air Race nichts zu gewinnen.

So bereiten sich Piloten vor

Im Winter geht Arch oft Skifahren und macht viele Skitouren. Im Frühjahr steht ebenfalls Ausdauertraining auf dem Plan – vor allem mit dem Mountainbike am Berg. Beim Kunstflug trainiert er vor der Rennsaison die fliegerischen Fähigkeiten. An den Renntagen selbst sitzt der 47-Jährige immer wieder im Simulator und fliegt das Rennen dort gedanklich schon mal vor. Zudem stellt er mit Wasserflaschen auf dem Boden in seinem Hangar den Rennkurs nach. Dann streckt er die Hände nach vorne und bewegt sie so nach oben und unten oder schräg zur Seite, als ob er seine Maschine wirklich durch die 25 Meter hohen Nylon-Slalomstangen navigieren würde.

Das ist wichtig im Flug

Immerhin wirken Fliehkräfte von bis zu 10 g auf die Piloten, wenn sie nach dem Durchfliegen eines Slalomtors die Maschine blitzschnell um 90 Grad abkippen und in dieser Position in die sogenannte Schikane einfliegen. Doch Arch sagt: „Wenn man im Rennen ist, merkt man die 10 g gar nicht. Bevor du in die Kurve gehst, stellt sich dein Körper darauf ein, spannt alles an, und dann kann man es ganz gut ertragen.“ Das allerdings will trainiert sein. Nur, wenn jeder einzelne Muskel automatisch angespannt wird, bleibt genügend Blut im Kopf, um nicht bewusstlos zu werden. Und falls beim Flug doch etwas nicht stimmt, bleibt nach der Schrecksekunde bei Tempo 380 nur der Bruchteil einer Sekunde, um die richtige Entscheidung zu treffen. Im Zweifel fliegen die Piloten dann ein sogenanntes Safety Climb Out – ziehen ihre Maschine steil nach oben und brechen das Rennen ab. So wie Hannes Arch in Ascot. Der Höhengewinn ist wichtig, um notfalls mit dem Fallschirm abspringen zu können. „Der Hinterkopf weiß: Wenn hier was passiert, ist es nicht nur ein gebrochener Fuß. Das stresst natürlich“, sagt Arch. Obwohl die Flüge nur 1:30 Minuten dauern, sei er „nach einem Tag mit zwei Flügen fix und fertig“.

Kleine, aber feine Teams

Das Team von Arch ist klein: Manager Kurt Kaiser, Koordinator Jojo Pölzl, Techniker Nigel Dickinson und Rennanalyst Werner Wolfrum. Nicht zu vergleichen also mit den großen Rennställen aus der Formel 1. Der Analyst Werner Wolfrum kommt aus Waiblingen-Hegnach und betreibt in Vaihingen/Enz eine Elektronikfirma. Er hat den Rennsimulator programmiert und weiß: „Hier ist Stress pur, aber es ist Stress, der Spaß macht“. Der 48-Jährige hat „einen Heiden-Respekt“ vor der Leistung von Arch. Obwohl er Hubschrauberpilot ist, sagt er: „Ich schaffe es nicht mal am Simulator, durchs Rennen zu kommen, obwohl ich ihn programmiert habe.“ Aber in seinem Bereich ist er ebenfalls top. Er hat ein Kamera- und Datensystem ins Rennflugzeug eingebaut, das alle notwendigen Informationen über ein Rennen liefert. Wolfrum: „Nach dem Flug ist es für Hannes sehr wichtig, möglichst schnell die Daten zu haben und sie analysieren zu können.“ Da Arch „ein extrem feines Gespür für die Maschine hat, finden wir im Abgleich mit den Daten heraus, was tatsächlich in bestimmten Rennsituationen passiert ist.“

Tricks an der Maschine

Arch fliegt, wie die meisten Air-Race-Piloten, eine Edge 540 des US-Herstellers Zivko Aeronautics. Bis zur sogenannten firewall (Feuermauer) hinter den Rotorblättern und dem Motor dürfen die Maschinen nicht verändert werden. Dahinter aber sind Modifikationen erlaubt. Archs Team hat deshalb die Tragflügel mit einer Folie beklebt, die wie eine Haifischhaut gestaltet ist. Dadurch ergeben sich bessere Luftströmungen und bessere Flugeigenschaften. Andere Tricks aber bleiben geheim. Die Konkurrenz soll ja nicht alles wissen.

Warum selbst die Unterwäsche zählt

Arch trägt einen feuerfesten Anzug und einen Helm. Doch auch auf das Darunter kommt es an. Zum einen muss der Kreislauf stabil bleiben. Spezielle Kompressionsbekleidung hilft dabei. Sabine Hauptmann vom Hersteller x-bionic sagt: „Die Kompression unterstützt die Aufrechterhaltung der Blutzirkulation und verbessert die Sauerstoffaufnahme durch die Muskulatur.“ Zum anderen trägt die Funktionsbekleidung dazu bei, dass die optimale Körpertemperatur von 37 Grad auch unter extremen Bedingungen aufrecht erhalten wird. Arch: „Wenn wir in Malaysia oder Budapest bei 35 und mehr Grad fliegen, merke ich das extrem.“ Das High-Tech-Material wirkt bei jedem Wetter. Hauptmann: „Es kann überschüssigen Schweiß zur Kühlung nutzen und bei kalten Temperaturen isolierend wirken.“ Denn Zittern vor Kälte, aber auch Schwitzen entziehen dem Körper Energie. Das aber kann bei den Piloten fatale Folgen haben und muss deshalb vermieden werden.