Was die Vergabe der Gas- und Stromkonzession in Süßen angeht, hat das Stuttgarter Landgericht die Zähler jetzt wieder auf Null gesetzt. Foto: dpa

Die Energieversorgung Filstal ist mit einer einstweiligen Verfügung gegen die Vergabe der Leitungskonzessionen erfolgreich gewesen. Süßen muss sein Gas- und Stromnetz wohl noch einmal ausschreiben – oder weiter prozessieren.

Süßen/Stuttgart - Es bedarf sicherlich keiner allzu großen prophetischen Gaben, um vorherzusagen, dass die Vergabe des Süßener Strom- und Gasnetzes in eine neue Runde gehen wird. Das Landgericht Stuttgart (LG) hat jedenfalls einer einstweiligen Verfügung, die von der Energieversorgung Filstal (EVF) beantragt worden war, in allen Punkten zugestimmt. Demnach darf die Stadt einen Gemeinderatsbeschluss vom 18. Januar nicht umsetzen.

Das Gremium hatte entschieden, die Konzession für das Stromnetz an die Suenergie, ein gemeinsames Unternehmen der Süßener Stadtwerke und der EnBW, zu vergeben. Die Gasleitungsrechte sollte die Netze BW, eine Tochterfirma der EnBW, erhalten. Die EVF, die das Gasnetz bislang betreibt, und sich ebenfalls für beide Konzessionen beworben hatte, war leer ausgegangen und gegen den Beschluss, wie sich jetzt zeigte, erfolgreich vorgegangen. Zumindest untersagte das LG, die vorliegenden Verträge zu unterschreiben.

Die Stadt will die Urteilsbegründung abwarten

In einer Hauptverhandlung müsste, so die Stadt Süßen darauf besteht, zwar erst noch entscheiden werden. Und auch gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung könnte Berufung eingelegt werden. „Was wir wirklich tun, werden wir mit dem Gemeinderat aber erst in aller Ruhe besprechen, wenn uns die Begründung des Richterspruchs zugegangen ist“, erklärte Bürgermeister Marc Kersting.

Der EVF-Geschäftsführer Martin Bernhart sieht sich indes in seiner Meinung bestätigt, „dass sowohl die Auswahl als auch die Beurteilung der Bewerber in den Konzessionsverfahren um das Strom- und auch um das Gasnetz der Stadt Süßen fehlerhaft waren“. Dieser Auffassung schloss sich das LG Stuttgart in jedem Fall an. Die 11. Zivilkammer befand, dass bei der Vergabe des Stromleitungsnetzes eine massive Interessenkollision bestanden habe, da 60 Prozent der Suenergie in Besitz der Stadt seien. Festgestellt wurde in diesem Zusammenhang ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot und ein Missbrauch der marktbeherrschenden Stellung.

Bei der Neuzuteilung des Gasnetzes, für das bis Ende des Jahres 2012 die EVF nicht nur die Konzession hatte, sondern dieses auch bis heute – wenn man so will kommissarisch – weiter betreibt, wurde von den Richtern die Intransparenz des Vergabeverfahrens bemängelt. Kartellrechtliche Grundsätze seien missachtet und die anderen Bieter unbillig behandelt worden.

Ein dritter Anlauf scheint notwendig

Wenn all diese Vorzeichen nicht täuschen, muss Süßen die Konzessionen demnächst zum nunmehr dritten Mal ausschreiben. Bereits beim ersten Auswahlverfahren vor gut drei Jahren – auch seinerzeit war die EVF nicht zum Zuge gekommen – war die Vergabe letztlich juristisch gescheitert. Jetzt folgte, erneut auf Betreiben des Göppinger Energieversorgers, die zweite Niederlage vor Gericht.

Dass hier ausgerechnet die EVF so ausdauernd prozessiert, die ebenfalls ein städtischer Tochterbetrieb ist und Anfang 2014 das Stromnetz in Göppingen von der EnBW übernommen hat, möchte Marc Kersting derweil nicht kommentieren. Ihn stört vielmehr, „dass die große Politik es nicht schafft, derartige Verfahren rechtssicher zu machen.“ Es gebe Experten, die behaupten, dass derartige Konzessionsvergaben momentan rein rechtlich gar nicht möglich seien. „Wenn sich einer beschwert, kippt das derzeit überall“, ergänzt der Bürgermeister. So bestünde die Konsequenz letztlich darin, dass Städte und Gemeinden überhaupt keine Eigenbetriebe mehr haben könnten, fügt Kersting hinzu.