In Deutschland wird aktuell in mehreren Fällen mit rechtsextremistischem Hintergrund ermittelt, in die auch Polizisten verwickelt sein könnten. Foto: dpa

Rechtsradikale Verbindungen reichen bis zur Polizei und Armee. Das alarmiert zu wenige Politiker, meint unsere Kolumnistin Katja Bauer.

Berlin - Kürzlich durchsuchte die Polizei Wohnungen im hessischen Ort Kirtorf, der vor Jahren als Neonazitreffpunkt Schlagzeilen machte. Die Ermittlungen richten sich gegen zwei Brüder. Im Keller eines der Männer fand man einen Raum mit SS-Uniformen, NS-Devotionalien und Schusswaffen. Inzwischen wird gegen drei weitere Männer ermittelt.

Dies ist nur eine von drei Ermittlungen mit rechtsextremistischem Hintergrund, die in die hessische Polizei führen. Mehr Schlagzeilen hat der Fall einer Chatgruppe von fünf Frankfurter Beamten gemacht. Diese war bei Ermittlungen in anderer Sache entdeckt worden: Eine Anwältin aus dem NSU-Prozess hatte Anzeige erstattet, weil ihr per Fax gedroht wurde, ihre zweijährige Tochter umzubringen – Unterschrift: NSU 2.0. Auf der Suche danach, wer die privaten Daten der Frau abgefragt hat, stießen die Ermittler auf den Dienstcomputer der Kollegen in Frankfurt. Im Fall drei in Hessen gab ein Beamter interne Polizeidaten an eine mutmaßliche Rechtsextremistin weiter.

Insgesamt wird derzeit gegen zwölf Polizisten ermittelt. Juristisch geht es um Volksverhetzung, Verstoß gegen das Waffengesetz, Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Politisch geht es noch um etwas anderes: Die Verdächtigen sind von Beruf Polizisten, sie gehören zu den Menschen, die die staatliche Ordnung schützen, nicht unterwandern sollen. Ende offen. So weit, so schlecht. Hessen jedoch ist nur ein Ausschnitt aus einer stattlichen Abfolge beunruhigender Nachrichten, die von dem Verdacht handeln, dass rechtsextreme Überzeugungen in den Sicherheitsbehörden um sich greifen oder dass es sogar Verbindungen zu teils gewaltbereiten Netzwerken gibt – das gilt von Pegida über Reichsbürger bis zur undurchsichtigen und nicht illegalen „Prepper“-Szene. Deren Mitglieder bereiten sich unter anderem mit Lebensmitteldepots und Überlebenstrainings auf einen Zusammenbruch der staatlichen Ordnung vor.

Berichte über dubioses „Hannibal“-Netzwerk

Da ist zum Beispiel der juristisch immer noch nicht aufgearbeitete Fall des Bundeswehrsoldaten Franco A., der eine Todesliste verfasst und einen Anschlag ersonnen haben soll – derzeit wird gestritten, vor welchem Gericht das Verfahren geführt wird. Was gar kein Gericht aufklären wird, ist die Frage: Wie konnte es sein, dass dieser Mann so lange agierte, wo doch schon seine Masterarbeit hätte Alarm auslösen müssen? Erst kürzlich berichteten mehrere Medien, allen voran die „Tageszeitung“ über ein mutmaßliches „Hannibal“-Netzwerk, entdeckt im Zuge der Ermittlungen. Aktive und ehemalige Soldaten sollen Teil einer von einem Hauptfeldwebel des Kommandos Spezialkräfte (KSK) mit dem Decknamen „Hannibal“ administrierten Chatgruppe mit Verbindungen in die „Prepper“-Szene gewesen sein. Den „Tag X“ des erwarteten Staatsversagens wollte man auch nutzen können, um politische Gegner zu internieren. Ermittlungen laufen gegen Mitglieder einer „Prepper“-Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern – hier richtet sich der Verdacht unter anderem gegen einen Kriminalpolizisten. Alles nur ein Gedankenspiel? Der Fall ist dubios und noch nicht aufgeklärt. Deshalb gilt es, mit Schlüssen vorsichtig zu sein. Aber der Eindruck, dass selbst in Polizei und Armee der Rückhalt für die Demokratie gefährliche Risse bekommt, drängt sich auf. Das müsste eigentlich Politiker aller Parteien alarmieren.

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Am nächsten Dienstag lesen Sie hier die Kolumne von Sibylle Krause-Burger.