Kurioser Fall in Oberbayern: Eine Kommune kaufte ein Wirtshaus, bevor ein NPD-Funktionär zuschlagen konnte (Symbolbild). Foto: dpa-Zentralbild

Weil ein NPD-Funktionär in einer oberfränkischen Kleinstadt einen leerstehenden Gasthof übernehmen wollte, plante die Kommune, selbst zu kaufen. Die schwierige Haushaltslage der Stadt schien das Vorhaben jedoch zu verzögern. Doch jetzt ging es plötzlich ganz schnell.

Waischenfeld - Erst wollte ein NPD-Funktionär aus Baden-Württemberg eine leerstehende Gaststätte in Waischenfeld (Landkreis Bayreuth) in Oberfranken kaufen - doch dann schritt die Kommune ein. Am Freitag hat die Stadt nun den Gasthof für 130 000 Euro selbst gekauft, wie Bürgermeister Edmund Pirkelmann der Deutschen Presse-Agentur mitteilte: „Der Gefahr, dass sich rechtsextremistische Strukturen in der Region ansiedeln beziehungsweise festigen könnten, konnte daher nach Meinung des Stadtrates und der Sicherheitsbehörden nicht anders begegnet werden, als die Immobilie zu erwerben.“

Obwohl die Kommune auf Stabilisierungshilfe angewiesen ist, konnte die Stadt die notwendigen Mittel im Haushalt einstellen, ohne die Auflagen zu verletzen. Pirkelmann und seine Stadträte rechnen mit höheren Einnahmen, unter anderem aus der Gewerbesteuer. „Der Kauf der Immobilie ist deshalb aus eigener Kraft im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung möglich“, sagte Pirkelmann. Am Tag zuvor war noch unklar gewesen, wie schnell die klamme Kommune den Kauf überhaupt realisieren kann.

Vor einigen Tagen war bekanntgeworden, dass ein NPD-Funktionär aus Baden-Württemberg den Gasthof kaufen und wiederbeleben wollte. Medienberichten zufolge hatte er versichert, die Immobilie habe nichts mit der Partei zu tun.

Alarmglocken bei Bürgern und Politikern

Trotzdem schrillten bei vielen Politikern und Bürgern die Alarmglocken. Denn im Landkreis Bayreuth gab es vor einigen Jahren schon einmal ein früheres Gasthaus, das Neonazis erwerben wollten. Sie planten, dort ein Schulungszentrum zu errichten. Der Widerstand in der Bevölkerung war groß, schließlich sprang auch hier die Kommune ein. Die Gemeinde Warmensteinach musste zwar vor Gericht um ihr Vorkaufsrecht kämpfen - hatte aber schließlich 2011 Erfolg. Heute leben dort 60 Flüchtlinge, wie ein Sprecher des Landratsamts in Bayreuth sagte.

In Oberprex im Landkreis Hof dagegen gelang es Rechtsextremisten, einen alten Gasthof zu erwerben. Dem Verfassungsschutz zufolge hatte sich hier das Neonazinetzwerk „Freies Netz Süd“ (FNS) seine Zentrale eingerichtet. Das FNS ist inzwischen verboten, das Anwesen in Oberprex war 2014 von den Behörden beschlagnahmt worden.

Attraktivität auf die rechtsextreme Szene

Dass Gasthöfe auf dem Land auf die rechtsextreme Szene eine gewisse Attraktivität ausstrahlen, überrascht Martin Becher nicht. Der Geschäftsführer des Bayerischen Bündnisses für Toleranz, Demokratie und Menschenwürde sagte, diese Gebäude würden sich für einschlägige Szenetreffs anbieten. Man könne sich ohne viel Aufwand und ohne Störfeuer treffen. Auch würden deutsche Landgasthöfe zur Ideologie der Szene passen.

In Thüringen war es Rechtsextremisten gelungen, einen Gasthof in Kloster Veßra (Kreis Hildburghausen) zu übernehmen. Wenn sich die rechtsextreme Szene anschickt, eine Immobilie zu übernehmen, sei es der beste Weg, Öffentlichkeit herzustellen. „Die Bevölkerung muss sagen: Das wollen wir nicht. Öffentlichen Protest finde ich gut“, sagte Becher.