Schüler sollen von Anfang an korrektes Deutsch lernen – Kultusministerin Eisenmann hat daher die umstrittene Lernmethode „Schreiben nach Gehör“ verboten Foto: dpa

Mehr Wert auf Rechtschreibung legen – das mag für viele altmodisch klingen. Aber ohne die Kinder auch zu fordern, funktioniert Schule nicht, meint unser Kommentator Rainer Wehaus.

Stuttgart - Eine Broschüre für jeden Lehrer, 60 Seiten über korrektes Schreiben – was kann das schon bewirken? Es ist leicht, sich über den angekündigten Leitfaden von Kultusministerin Susanne Eisenmann lustig zu machen. Allerdings ist die Lage nicht wirklich zum Lachen. Seit fast zwei Jahrzehnten schon ist das Bildungsland Baden-Württemberg im Sinkflug. Während andere Bundesländer besser werden, stürzte der Südwesten zuletzt sogar regelrecht ab. Der Leitfaden ist immerhin ein Ausrufezeichen: Rechtschreibung soll an den Schulen wieder wichtiger werden.

Je früher, desto besser

Das Beherrschen der Rechtschreibregeln erleichtert nicht nur das Schreiben und das Lesen von Texten. Es erhöht auch generell die Erfolgschancen im Leben – im Studium, bei Bewerbungen, sogar bei der Partnersuche. Wer viele Rechtschreibfehler macht, gilt nun mal als undiszipliniert und ungebildet. Und je früher man die Rechtschreibregeln lernt, desto besser.

Nach Lust und Laune

Der Leitfaden ist nur eines von vielen Rädern, an denen Eisenmann dreht, um das Niveau an den Schulen wieder zu heben. Fast noch wichtiger wird es sein, bereits im Kindergarten gezielt einzugreifen. Rund ein Drittel der Kindergartenkinder im Südwesten hat erhebliche Sprachdefizite. Dies ergibt sich aus den Sprachstandsdiagnosen, die seit langem gemacht werden, aber bislang keine Konsequenzen haben. Den betroffenen Eltern ist es freigestellt, ihr Kind in einen Förderkurs zu schicken oder auch nicht. Bildung nach Lust und Laune funktioniert aber nicht. Diese Kinder müssen – natürlich möglichst eingebettet in den Kindergartenalltag – gezielt gefördert werden, aber auch gefordert. Das würde ihre Startchancen in der Schule erhöhen, aber auch ihr Selbstbewusstsein. Wer Kindern etwas abverlangt, signalisiert ihnen zugleich auch, dass er ihnen etwas zutraut.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de