In der Landtagsfraktion gibt es Unmut wegen der Vorsitzenden. Foto: dpa

In der bayerischen AfD toben heftige Kämpfe. Da geht es um die politische Richtung ebenso wie um die Führungsqualitäten des Fraktionsvorstands. Jetzt findet ein Sonderparteitag statt.

München - Mit gut 5100 Mitgliedern ist der bayerische AfD-Landesverband, eigenen Angaben nach, der größte in der Partei. Und er hat zurzeit so viel Stress, dass der Vorstand um den Bundestagsabgeordneten Martin Sichert einen Sonderparteitag einberufen hat. Mit einer Beschränkung allerdings, die man von anderen Parteien nicht kennt: Die Presse, so heißt es bei der AfD, dürfe „aufgrund der kritischen Thematik“ womöglich nicht den ganzen 21. Juli live dabei sein.

Schaumamal, sagt man in Bayern. Einstweilen lässt sich der Stand der Dinge so festhalten: Sowohl im Landesvorstand als auch in der Landtagsfraktion mit ihren aktuell 20 Mitgliedern toben heftige Richtungskämpfe. Bei einer Vertrauensabstimmung in der Fraktion ist mit 10:10 ein Patt entstanden, was aber als mehrheitliches Misstrauensvotum gegen Katrin Ebner-Steiner gilt, die Vorsitzende, weil diese mit abgestimmt und wohl nicht gegen sich selbst votiert hat.

Das Votum gegen den Fraktionsvorstand hat zwei Aspekte: Da geht es zum einen um die menschlichen und fachlichen Führungsqualitäten von Katrin Ebner-Steiner, um Verwendung oder Verschwendung öffentlicher Geldern – für Sofa- und andere Möbel im Wert von ein paar Zehntausend Euro beispielsweise – und um die politische Ausrichtung des Verbands. Eber-Steiner ist eine entschiedene Anhängerin des obersten Flügel-Mannes Björn Höcke; und diese rechtsextrem-völkische Prägung stößt anderen sauer auf. Zwei Abgeordnete haben aus Protest die Fraktion bereits verlassen; einen anderen Gemäßigten, den für sie unbequemen Rosenheimer Wirt Franz Bergmüller, wollte Ebner-Steiner von sich aus hinausdrängen. Dafür allerdings hat sie die erforderliche Mehrheit nicht zustande gebracht.

Private Mails veröffentlicht

Ein bisschen Frieden war zwischendurch eingezogen durch Ebner-Steiners Ankündigung, sie werde im Herbst bei der regulären Neuwahl des oder der Fraktionsvorsitzenden – ursprünglich hatte man sich, beide Lager beruhigend, eine Doppelspitze gegeben – nicht mehr kandidieren. Bald danach aber machte sich die Chefin in den Augen ihrer Gegner durch die Veröffentlichung interner Mails schon wieder unmöglich. Darin hatten acht AfD-Abgeordnete diskutiert, wie man zu einer neuen Fraktionsspitze gelangen könnte. Die Geschädigten reagierten zweifach: Gegenüber Medien verlangten sie den Rücktritt des ganzen Fraktionsvorstandes, jetzt erst recht und „möglichst bald.“ Und bei der Münchner Staatsanwaltschaft reichten sie Strafanzeige gegen Ebner-Steiner ein. Diese wiederum beschwichtigt: Es handle sich um einen Klärungsprozess; sie sei zuversichtlich, dass Lösungen gefunden würden.

Bei der bisher letzten Fraktionssitzung am Mittwoch – vorsorglicherweise hatte die AfD den Saal gleich bis in den Abend hinein reserviert – blieb der Knall aus. Die Spaltung auch, mit der man unter den Abgeordneten durchaus gerechnet hatte und weiterhin rechnet. Dabei zogen die Restwolken heftiger Personalquerelen noch immer durch den Raum. Da hatte der Fraktionsvorstand drei sehr rechtslastige Männer eingestellt, die er nach harter interner Kritik wieder entlassen musste: den früheren AfD-Landessprecher in Baden-Württemberg, Ralf Özkara, als Geschäftsführer sowie zwei Mitarbeiter, die Verbindungen zur NPD hatten und von denen mindestens einer nach dem Regelwerk der AfD gar nicht hätte angestellt werden dürfen.

Heftiges „Flügel“-Schlagen

Da verwundert es nicht, dass einer von derselben Richtung innerhalb der AfD, Benjamin Nolte aus dem Landesvorstand, diese Unvereinbarkeitsliste gleich ganz „auf den Müllhaufen der Parteigeschichte“ werfen wollte. Nolte sagte dies auf einem Treffen des Flügels im mittelfränkischen Greding, wo dann auch das Deutschlandlied mitsamt seiner ersten Strophe abgesungen wurde. Das bekam ihm nicht gut: Der Landesvorstand entzog Nolte das Amt. Und noch Gravierender: Ein parteiinternes Schiedsgericht bestätigte nicht nur die Strafe für Nolte, sondern dekretierte auch, der Flügel sei „eine zur AfD konkurrierende Organisation.“

Der darüber erboste Flügel wiederum lancierte einen Antrag, um den eher gemäßigten Landesvorstand beim Sonderparteitag am 21. Juli abzuwählen – und durch eine eigene Truppe zu ersetzen. Das klappte nicht: Laut Landeschef Martin Sichert trafen statt der erforderlichen gut 150 Unterschriften nu etwa die Hälfte ein.

Der Sonderparteitag wird zwar im selben Greding stattfinden, in dem der Flügel so für Furore gesorgt hat; aber eine Neuwahl des ganzen Vorstands steht nicht an. Einzelne Nachwahlen sehr wohl – „gegebenenfalls“, heißt es. Sie könnten über das aktuelle Klima in der bayerischen AfD durchaus Aufschluss geben.