Nach einem deutlichen Wahlsieg seines Regierungslagers hat Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe zu einer Debatte über eine Revision der pazifistischen Verfassung aufgerufen. Foto: EPA

Japans Wähler sehen zum rechtskonservativen Ministerpräsidenten Abe keine Alternative. Nach dem hohen Sieg seines Regierungslagers bei der Oberhauswahl könnte nun ein Prozess beginnen, die pazifistische Verfassung zu ändern.

Tokio - Nach einem deutlichen Wahlsieg seines Regierungslagers hat Japans rechtskonservativer Ministerpräsident Shinzo Abe zu einer Debatte über eine Revision der pazifistischen Verfassung aufgerufen. Seine Koalition hatte am Sonntag die Oberhauswahl klar gewonnen und hätte nun zusammen mit anderen reformwilligen konservativen Kräften die für eine Verfassungsänderung nötige Zweidrittelmehrheit, berichteten Medien am Montag. Abes kleinerer Koalitionspartner Komeito dämpfte jedoch noch in der Wahlnacht die Erwartungen: Er rechne nicht damit, dass es plötzlich Fortschritte in der Frage einer Verfassungsänderung gebe, wurde Parteichef Natsuo Yamaguchi zitiert.

Nach rechts gerutschte Partei

Abe vertritt die Ansicht, dass die pazifistische Nachkriegsverfassung nicht der einer unabhängigen Nation entspricht, da sie Japan 1946 von der Besatzungsmacht USA aufgezwungen worden sei. Kritiker befürchten, dass die älteste Demokratie Asiens bald nicht mehr das demokratische und freie Land sein könnte, das es seit dem verlorenen Zweiten Weltkrieg bislang war, sollte Abes Liberaldemokratische Partei (LDP) ihre Ziele für eine Verfassungsänderung umsetzen können. Ein Entwurf der in den vergangenen Jahren immer weiter nach rechts gerutschten Partei von 2012 sieht neben einer Änderung des Pazifismusartikels 9 auch eine weitgehende Einschränkung grundlegender Bürgerrechte vor.

Eine Änderung des Artikels 9, der Japan unter allen Umständen Kriegführung verbietet, sei derzeit nicht nötig, sagte Komeito-Chef Yamaguchi. Hinter der kleineren konservativen Partei steht die buddhistische Laienorganisation Soka Gakkai. Eine Verfassungsrevision, gefolgt von einem nationalen Referendum, ist umstritten. Auch nach der Wahl sprachen sich einer Umfrage der japanischen Nachrichtenagentur Jiji Press zufolge 36 Prozent gegen eine Verfassungsänderung aus, nur knapp 30 Prozent befürworten diese. Gut 34 Prozent der befragten Wähler waren sich in der Frage unsicher.

Umstrittenes Thema kaum angegangen

Abe war im Wahlkampf auf das umstrittene Thema Verfassungsänderung denn auch bewusst kaum eingegangen. Stattdessen präsentierte er sich als Sanierer der Wirtschaft. Das Wahlergebnis sieht er als Mandat für seine „Abenomics“ genannte Wirtschaftspolitik aus extrem lockerer Geldpolitik, schuldenfinanzierten Konjunkturprogrammen und Reformen. Bislang zeigt „Abenomics“ jedoch noch kaum Erfolg. Am Tag nach dem Wahlsieg kündigte Abe eine weitere Konjunkturspritze an. Tokios Börse legte in Erwartung dessen zu, der Nikkei stieg um fast vier Prozent.

Rund 107 Millionen Wahlberechtigte waren aufgerufen, über die jeweils alle drei Jahre zur Wahl stehende Verteilung der 242 Sitze im Oberhaus abzustimmen. Abes LDP und ihr Koalitionspartner konnten jeweils Sitze hinzugewinnen und verfügen nun über 145 Mandate in der zweiten Kammer des Parlaments. Im mächtigeren Unterhaus verfügen sie bereits über eine Zweidrittelmehrheit. Die oppositionellen Demokraten (DPJ) kommen im Oberhaus nur noch auf 49 Sitze nach zuvor 60. Die Kommunisten erhöhten ihre Mandate um 3 auf 14. Um Abe zu stoppen, hatten beide Parteien gemeinsame Kandidaten ins Rennen geschickt.